Geschichte
Philippsdorf war die jüngste Gemeinde im Schluckenauer Bezirk und lag mit Georgswalde und seinem Teilort Wiesental hart an der Landesgrenze nach Sachsen, am Abhang des Butterberges und im Tale die Spree. Der Spreebach bildete zum Teil sowohl die Ortsgrenze als auch die Landesgrenze. Der sächsische Nachbarort war der Industrieort Altgersdorf, seit 1899 umbenannt in Neugersdorf. Als im Jahre 1680 die Bauern zum Aufstand gegen die Grundherrschaft aufriefen, wurde zur Beschwichtigung der erregten Gemüter der herrschaftliche Meierhof in Altgeorgswalde aufgelöst. Auf den westlich gelegenen Hofefeldern bzw. dem Gerichtsgute wurde 1681 der Ortsteil Neugeorgswalde gegründet, während die gegen die Grenze zu gelegenen Hofefelder parzelliert und zu günstigen Bedingungen an die Untertanen abgegeben wurden. Auf diesen Gründen, der Spree entlang, entstanden 1681 der kleine Ort Philippsdorf, der seinen Namen nach dem Gründer Philipp von Dittrichstein erhielt.

Für die Besiedlung rief der strenge katholische Grundherr 50 katholische Familien aus seiner Herrschaft Nikolsburg ins Niederland. Die ersten Häuser der neuen Gemeinden standen am Dorfbach, der „Schnauder“ entlang. Im ganzen Niederland entstanden damals durch Parzellierung von Meierhöfen 57 neue kleine Ortschaften. „Filippsdorf“ war im 18. Jahrhundert noch selbständige, wurde 1849 mit der Gemeinde Georgswalde vereinigt und ab 1896 kraft Landtagsbeschluss wieder selbständige Gemeinde mit einem Areal von 70 ha. Es hatte 1938: 1916 Einwohner und 234 Häuser. Die Bevölkerung lebte überwiegend von der Arbeit in der Industrie, vor allem der Leinenindustrie und überhaupt Textilindustrie.
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Die meisten Arbeiter hatten in dem benachbarten sächsischen Neugersdorf ihren Arbeitsplatz. In geringem Umfang bildete die Landwirtschaft Lebensgrundlage der Einwohner. Eine Wendung der Gemeinde, die bis dahin eine Art Dornröschenschlaf geführt hatte, trat mit dem Jahre 1866 ein, dem Ereignis der wunderbaren Heilung der Magdalena Kade. Mit der Erbauung der Gnadenkapelle und Wallfahrtsbasilika errang Philippsdorf als deutsches Lourdes einen weithinreichenden Ruf. Durch den zu Hundertausenden im Jahr zählenden „Fremdenverkehr„ der Wallfahrten zum Gnadenort Philippsdorf kam es auch, dass der Handel mit Wallfahrtsartikeln, die Gaststätten und Cafés zur Versorgungder Wallfahrer große Bedeutung hatten. Ein 1884 errichtetes Kloster des Redemptoristen-Ordens war der 1885 vollendeten Wallfahrtskirche angeschlossen, wo die Redemptouristenpriester den Gottesdienst versahen und die Ordensbrüder den Dienst im Kloster und an den Wallfahrern wahrnahmen. Es war dort auch ein Noviziatshaus für Kleriker- und Brüdernovizen der Redemptoristen mit 9 Patres und 8 Brüdern. Im Inneren der Wallfahrtskirche schimmerte im Halbdunkel die grauen Quader der starken Pfeiler und im Lichterglanz der Hochaltar, überwölbt von einem gewaltigen Baldachin und gekrönt von der überlebensgroßen Marienstatue „Maria Hilfe der Christen“. Mehr als 1300 Glühlampen schmückten die Kirche und die anschließende Gnadenkapelle, in der eine blütenweiße Madonna in der Gestalt der Erscheinung von 1866 stand. Eine in Stein gehauene große Nachbildung dieser Statue steht auch außen in einer Nische an der Portalseite der Kirche. 1926 erhob Papst Pius der XI. die Kirche zur Basilika. Philippsdorf hatte in erster Linie als religiöses Lebenszentrum für das ganze Niederland und den gesamten nördlichen Teil Böhmens, man kann sogar sagen vor dem ersten für die österreichische Monarchie, erhebliche Bedeutung. Aber auch der Industrieaufschwung von Neugersdorf und Georgswalde strahlte auf diese Gemeinde zurück.
1904 – Neumanns Neue Welt
Am Butterberg, diese bestand aus zwei Vergnügungslokalen der besonderen Art, verbunden durch die zwei Attraktionen – eine damals technische Meisterleistung. Es war die erste Standseilbahn in ganz Österreich/Ungarn. Die Seilbahn galt als Publikumsmagnet. Sie überwand 13 Höhenmeter und legte 100 Meter Streckenlänge zurück. Für sie waren zwei Gleise verlegt worden, die offenen Wagen fassten 12 Personen. Ein Hotelrestaurant befand sich am Fuße und ein zweites auf dem Gipfel des Butterberges. Erbauer waren zwei mutige Männer – Josef und Bruno Neumann.
Kriegerdenkmal
Das Kriegsdenkmal in Philippsdorf, wurde zur Erinnerung an die Gefallenen der Weltkriege aufgestellt. Aus der Gemeinde kehrten 79 Männer nicht mehr von den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieg zurück. Die meisten von ihnen dienten beim 42. Theresienstädter Infanterieregiment, welches die größten Verluste zu verzeichnen hatte.
Die Aufschrift auf dem Denkmal lautet folgend:
1914 bis 1918
Unseren Heimatsöhnen
1914 Diessner Franz, Donat Rudolf, Halbig Bruno, Jarschel Heinrich, Livora Hermann, Reichelt Heinrich, Rudolf Robert, Sachs Heinrich, Werweis Johann, Weber Josef.
1915 Burde Ernst, Bradac Adolf, Diessner Heinrich, Eckhart Wilhelm, Fechtner Johann, Pritsche Rudolf, Hiecke Franz, Herbrich Johann, Konrad Oskar, Krejci Jaroslav, Krause Oskar, Linke Rudolf, Lorz Franz, Neumann Robert, Posselt Emil, Protzky Johann, Pohl Johann, Stepansky Max, Tilke Johann, Tuma Heinrich, Neumann Franz, Güttler Heinrich.
1916 Adler Josef, Dorning Wilhelm, Hase Franz, Lorz Anton, Richter Franz, Rösler Johann, Sprenger Josef.
1917 Breitkopf Stefan, Breitkopf Josef, Gottwald Johann, Herbrich Gustav, Hippmann Josef, Kraus August, Matz Anton, Mai Otto, Müller Jakob, Petters Josef, Wenzel Eduard.
1918 Diessner Johann, Holfeld Raimund, Habe! Johann, Jänchen Johann, Kindermann Otto, Kindermann Adolf, Kraus Oswald, Klinger Josef, Landky Johann, Lorenz Rudolf, Lorz Franz, Richter Robert, Rosenkranz Johann, Schober Heinrich, Veitner Josef.
Vermisst: Diessner Emil, Hase David, Herbrich Johann, Heinrich Josef, Jany Franz, Kade Franz, Kade Josef, Kümpfe! J. Raimund, Reichelt Josef, Richter Johann, Rösler Rudolf, Schäfer Josef, Weber Josef.
Den Toten zum Andenken, den Lebenden zum Nachdenken
Am 9. Mai 1945, 10 Uhr zogen von Friedersdorf kommende Einheiten der zweiten polnischen Armee und von Ebersbach her Soldaten der 37. sowjetischen Infanterieregimentes in Georgswalde ein und ziehen auf der „Langen Meile“ in Richtung Rumburg. Das abseits liegende Philippsdorf blieb davon verschont.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kam Philippsdorf zur Tschechoslowakei zurück und in den Jahren 1945/1946 wurden die deutschen Einwohner vertrieben und Tschechen angesiedelt. 1948 wurde der Vorsteher des Redemptoristenklosters Pater Šimanovský verhaftet und die Kirche geschlossen. Im selben Jahr verlor Philippsdorf auch seine Selbständigkeit und wurde nach Georgswalde eingemeindet. In der nachfolgenden Zeit war eine weitere Entwicklung des Dorfes auch dadurch verhindert, dass es wegen seiner Grenznähe in einer Bauverbotszone lag.
1958 – Heute ist es dort still
Es gibt keine Verkaufsstände, keine Gaststätten, kein Kloster, keine Wallfahrten und keinen Fremdenverkehr. Die Kirche ist, bis auf die Zeit des Gottesdienstes, geschlossen. Der Ort ist verödet, vernachlässigt und nur dünn von angesiedelten Tschechen und Slowaken bewohnt. Sein wirtschaftliches Leben ist Tiefstand. Die Grenze nach Sachsen ist hermetisch abgeschlossen, auf der Straße Rumburg-Neugersdorf wächst Gestrüpp, der nächste und einzige Grenzübergang liegt in Warnsdorf/Seifhennersdorf. Die Bewohner von Philippsdorf wurden 1945 zumeist in die heutige DDR ausgesiedelt, soweit sie nicht schon in den ersten Wochen nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches über die Grenze gejagt worden waren. Ein Flüchtlingstransport kam nach Oberhessen in die nähere Umgebung von Herbon/Biedenkopf.
Mit Beginn des Jahres 1961 erfolgte die Auflösung des Okres Rumburk (deutsch Bezirk Rumburg) und Filipov (deutsch Philippsdorf) kam zum Okres Děčín (deutsch Bezirk Tetschen).
Heute
Filipov (deutsch Philippsdorf) ist ein Ortsteil der Stadt Jiříkov (deutsch Georgswalde) in Tschechien.
Der Friedhof von Philippsdorf, aus Richtung Georgswalde kommend, liegt auf der rechten Seite und ist zerstört. Es gibt keine Hinweistafel zu seiner Existenz, ebenso führt der Radweg nicht dort vorbei.


Das Kriegerdenkmal zur Erinnerung an die Gefallenen des 1. Weltkrieg, findet man heute, in einem gepflegten zustand.
Von „Neumanns Neue Welt“ ist heute nichts mehr zu sehen, einzig ist ein Hinweisschild am Standort.
2024 -Zukunftsfonds fördert Restaurierung von Sakralbauten
Der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds nimmt sich der Restaurierung von Sakralbauten und Kulturdenkmälern an. Der Verwaltungsrat billigte bei einer Sitzung in Prag die Förderung von mehr als 30 Projekten in diesem Bereich mit einer Summe von insgesamt 450.000 Euro. Der Zukunftsfonds wurde 1997 gegründet, um zur Verständigung zwischen Deutschen und Tschechen beizutragen. Er wird von den Regierungen in Berlin und Prag gemeinsam finanziert.
Unterstützt werden unter anderem Sanierungsarbeiten am Dach einer Wallfahrtskirche unmittelbar an der Grenze zu Sachsen – gemeint ist die Maria-Hilf-Basilika in Filipov, einem Ortsteil von Jirikov. Bei dem Projekt handelt es sich um einen gemeinsamen Förderantrag der tschechischen Seite mit der deutschen Nachbar-Pfarrgemeinde in Leutersdorf/Sachsen. Der Zukunftsfonds beschreibt die Maria-Hilf-Basilika als einen «lebendigen Ort der deutsch-tschechischen Annäherung» mit regelmäßigen Gottesdiensten, Orgelkonzerten und Benefizveranstaltungen.
„Niederlandhefte -Schriftenreihe des Bundes der Niederländer“ Wilhelm Pfeifer S.19/20 – HEFT 9 – 1977
„Geschichte des Niederlandes“ Karl Richter 1960
„Heimatkunde des politischen Bezirkes Rumburg“ Anton Hockauf 1885
„Die deutschen Heimatführer“ Band 17/18 Sudetenland – Druck 1939
„Unser Philippsdorf“ Manfred Endler1986
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