Fugau

  • Beitrags-Kategorie:Landkreis Schluckenau
  • Beitrag zuletzt geändert am:14. Mai 2024
  • Lesedauer:25 min Lesezeit

Geschichte

Über die im Jahre 1960 von den Tschechen völlig zerstörte Gemeinde Fukov (deutsch Fugau) gibt es eine von dem inzwischen verstorben Rektor Alfred Tölg verfasste Monografie mit bewundernswerter Vollständigkeit. Wir können nur die wichtigsten Angaben über diesen inzwischen „ausradierten“ Ort wiedergeben, der 739 Einwohner und 143 Häuser zählte.

Der im nördlichsten Zipfel des Niederlandes von drei Seiten an Sachsen angegliederte Grenzort Fugau ist in den Chroniken erstmalig im Jahre 1410 als mittelfränkisches, hessisches und niedersächsisches Waldhufendorf und 1474 als Lehensgut erwähnt. Der Name lässt sich deuten als „Füge“ in der „Au“, nämlich als Talmulde an der Spree. Der Ort hing nur südlich mit Böhmen zusammen, in Sachsen schloss er an die Ortschaften Oppach, Spremberg und Taubenheim an, im Süden an unseren Heimatort Königswalde und Harrachstal. Fugau lag an der Kreuzung der Straße Spremberg-Taubenheim und Schluckenau-Oppach und sein Landschaftszipfel wurde durch die deutsche Eisenbahnlinie Dresden-Zittau zwischen der Station Taubenheim und Neusalz/Spremberg durchschnitten, hatte jedoch keinen Bahnhof oder eigenen Zugang zur Bahnverbindung.

Damals gehörten zu Fugau nur 4 Bauernhöfe, aber im Jahre 1654 kann man schon von vierzehn Wirtschaften sprechen. Es entstand hier ein herrschaftlicher Hof und bis in das 17. Jahrhundert auch eine Festung.
Der Hof stand in der Mitte des Ortes, wo später das Haus mit dem Dittrichssteiner Wappen war, welches als herrschaftliches Haus diente. Zu dem damals herrschaftlichen Vermögen gehörte auch die „Kornmühle“ bei der Spree.

Ortsteile

Fugau bestand aus den Ortsteilen Altfugau und Neufugau. Im Jahre 1716, kurz vor seinem Tode, gründete Graf Phillipp Siegmund Dittrichsstein den Ortsteil Neufugau, der ziemlich schnell wuchs.

Altfugau gliederte sich in die Ortslagen Oberfugau und Niederfugau. Zu Neufugau gehörte die Ortslage Plümpeldörfel. Der Ort umfasst eine Fläche von 276 ha und hatte eine Länge von 3,6 km von Norden nach Süden. Die schlechte Verkehrsanbindung mit dem 5 km entfernten Schluckenau wurde erst durch die 1938 nach dem Anschluss an das Deutsche Reich angelegte Busverbindung verbessert. Die aus den Ortschaften Alt- und Neufugau bestehende Gemeinde lag in einem freundlichen Bergtale und war von Wäldern, umsäumt. In Altfugau entsprang das Fugauer Flössel, durch den südlichen Teil von Neufugau floss die Weißbach. Von den Fluren bemerkenswert der „Hopfenberg“ (376 m) in Neu Fugau, dessen Lage auf einem einstigen Versuch des Hopfenbaus hinwies. So klein der Ort war, so hatte er doch eine Interessante Ortsgeschichte und hat auch einige Männer hervorgebracht, die über die heimatlichen Grenzen hinaus Namen und Ansehen gewannen.
– Peter Franz Miller (Lehrer)
– Karl Wenzel (Pfarrer)

Schulwesen

Unter den 700 Einwohnern waren alleine über 300 mit dem Namen Kindermann. Vor dem Jahre 1750 wurde in Fugau im Haus Nr.19 unterrichtet. Bis zum Jahre 1884 wurde im Haus Nr.24 unterrichtet, dieses Haus wurde im Jahre 1939 auf Wohnungen umgebaut. Im Jahre 1884 wurde feierlich ein neues Schulgebäude eröffnet. Zwölf Jahre später (1896) bekam die Schule einen Anbau, dessen unterer Teil als Turnsaaldienste. Um 1833 war die Schule dreiklassig, und zwar : 1. bis 3. Schuljahr bildeten die erste Klasse, 4. und 5. Schuljahr war die zweite Klasse, 6. bis 8. Schuljahr war die dritte – Abschlussklasse. Im gleichen Gebäude war eine tschechische Klasse untergebracht, diese hatte 9-10 Kinder. Am 21. Juni 1930 wurde feierlich der Turnplatz eingeweiht. Ab dem Schuljahr 1932/33 wurde auch in der Turnhalle unterrichtet. Fugau hatte eine um 1900 gebaute zweitklassig, ab 1936 dreiklassige Volksschule. Die tschechische Minderheit der staatlichen Grenzschutz- und Zollbeamten hatte bis 1938 eine eigene Schulklasse.

Die Fugauer hatten zweimal die Gelegenheit, an Sachsen zu kommen, ausgeschlagen. Im Jahre 1848, als die österreichische Exklave Schirgiswalde im Zuge der Grenzbereinigung an Sachsen viel. Der Österreichische Reichstag stellte den Bewohnern von Fugau den Anschluss an Sachsen frei, jedoch die Fugauer blieben treu österreichisch und treu katholisch. Das zweite Mal war es im Jahre 1919, als der tschechische Staat ebenfalls zur Begradigung der Grenze Fugau an Sachsen abtreten wollte. Die Fugauer entschieden sich wiederum für den Verbleib im Verband ihrer Landsleute. Sie ahnten damals nicht, dass das 40 Jahre später die Vernichtung des Ortes mit sich bringen sollte.

Bevölkerung und Erwerb

Die Bevölkerung arbeitete in der Kleinlandwirtschaft und zu jedem Haus gehörte ein kleiner Acker, in dem einzigen örtlichen Industriebetrieb „mechanische Steinschleiferei und Steinmetzerei“ Michaliček und Sohn, der den dortigen Syenit-Diabas zu Denkmälern, Kreuzen und Grabmonumenten verarbeitet, in den benachbarten sächsischen Steinbrüchen und in den Spinnereien und Webereien von Schluckenau und Neusalza-Spremberg. So kam es auch, dass die Menschen sowohl auf böhmischem als auch auf sächsischem Gebiet, je nachdem, wo was billiger war, einkauften und dass in der Zeit Österreichs und der Tschechoslowakei beide Währungen in Umlauf waren. Der kleine Grenzverkehr brachte das Dorf zu einer gewissen Blüte. Zum Theaterbesuch fuhren die Bewohner nach Zittau, zum Kino Besuch nach Neusalz, das viel näher als Schluckenau lag. In der Umgebung fand man viele Ausflugsziele, auch auf Sächsischer Seite.

Der Ort besaß folgende Unternehmen: Tischler, Maler, Friseur, Dachdecker, Schlosser, Korbmacher, Schneider, Schuster, Sattler, Schleiferei Rösler, zwei Bäcker, Metzger Ernst Knobloch. Auch eine Wäschemängel und ein Taxi konnte genutzt werden.

Das deutsche und tschechische Zollamt befand sich in Fugau, besetzt war es mit 3 Zöllnern. (Herr Bohuslav Jettmar)

Pfarrei, Matriken, Kirche

Die Märtyrersäule „schmerzhaften Großmutter“ wurde zwischen 1840 und 1880 erbaut.
Fugau hatte 1788 eine dem heiligen Wenzel geweihte Kirche erhalten, im Jahre 1864 wurde der Kirchturm errichtet, und im Jahre 1852 zur Pfarrkirche erhoben. Im selbem Jahr, in welchem der Kirchenbau beendet wurde, bekamen die Fugauer einen eigenen Friedhof. Bis zu dieser Zeit haben sie ihre Angehörigen in Schluckenau beerdigt. Im Jahre 1881 wurde in der Nähe der Kirche gelegenen Friedhof ein Kreuzweg errichtet.1887 wurde im Ortsteil Oberfugau an der Straße nach Neusalz/Spremberg ein Wegekreuz aufgestellt „Webersche Kreuz“.
Drei Jahre später kam noch der Getsemann Garten da zu. Im Jahre 1889 wurde die Statue des hl. Johannes Nepomuk, welcher bei der Bahnbrücke in Fugau Herr Johann Hille erbauen ließ, eingeweiht.

In der Kirche war jedes Jahr eine reich ausgestattet Weihnachtskrippe aufgebaut, die Besucher aus nah und fern fand. Sie war im Presbyterium errichtet. In etwa 2 m Höhe zog sich zu beiden Seiten der Apis die Landschaft gegen den Altar zu hin, über dessen Tabernakel der Stall von Bethlehem trohnt. Die Krippe war also im Halbkreis aufgebaut und wirkte einzig in ihrer Art. Die Figuren stammen vom Rosenhainer Krippenschnittzer Franz Rosche und dem Textilarbeiter Kunze aus Fugau.

Vereine

Ab 1872 gab es den Militär-Veteranenverein und den Katholischen Geselligkeitsverein, 1880 wurde die Freiwillige Feuerwehr gegründet, Anlaß war ein Feuer im Ortsteil „Plimpendörfel“.

Ausflüge in der Umgebung

Am meisten besucht war der „Jüttelsberg„. Hier waren Tanzgelegenheit, denn im Saal stand eine Musikwalze. Auf der Straße „zum Schwarzen Teich„, auf halbem Wege zum Jüttelsberg befand sich die „Quarkschänke„. Der Besitzer war der Bauer Hans Hesse, Königswalde 3. Ein einfaches Holzblockhaus mit Sitzgelegenheiten im Freien. Der Name der Schenke verrät die preiswerten Speisen.
Beliebt war auch ein Gang nach Harrachsthal, wo man sich im „Glöckel“ gut aufgehoben wusste.

Ab dem 18. Mai 1894 hatte Fugau sein eigenes Postamt, wurde aber wieder ein Jahr später aufgelöst. Im Haus Nr.129 von Pius Schmidt sind am 1. November 1938 eine öffentliche Telephonstelle und eine Postagentur eröffnet worden.

Gedenkstein der Gefallenen im 1.Weltkrieg wurde im Jahre 1922 geweiht.

Ihren im Weltkriege verbliebenen Ortskindern
GEMEINDE FUGAU
Wenzel Tscherner, Otto Kindermann, Josef Klinger, Rudolf Zinke, Johann Klinger, Anton Remisch, Johann Rügler, Ludwig K….., Johann Stracke, Franz Tippel, Alwin Polivka, Johann Hotfeld
Franz Racher, Josef Engel, Johann Rudolf, Otto Kindermann, Franz Rösler, Josef Fritsche, Anton Kunze, Anton Rudolf, Anton Rudolf, Josef Kindermann
Heinrich Klostermann, Franz Maschke, Johann Kümpl, Anton Michalicek, Johann Klinger, Otto xxx
Ruhet sanft in fremder Erde

Im Resturant „Zum Hopfenberg“ Nr.79 in Fugau war ein großer Saal, in dem viele Bälle und Unterhaltungen abgehalten wurden. Der Besitzer Arthur Janke baute im Jahre 1925 auf der Stelle der alten Gaststätte, die seinen Eltern gehörte, ein neues Gebäude, wo auch ein Gemischtwaren Geschäft war. Es gab in Fugau noch die Gaststätte Tschakert. In Altfugau war der „Gerichtskretscham“ Nr.1 der Familie Alfred Tritschel und bei der Kirche das Gasthaus Eduart Rosche „Zum goldenen Stern“ Nr.127. Nahe der Taubenheimer Grenze stand das „Vereinshaus“ Nr.41. Der Besitzer war die Familie Robert Kindermann. Auch hier ein Saal für Tanzvergnügen und Übungshalle des Christlichen Turnvereins. In der Gastätte Janke Arthur „Altes Gericht“ Nr.143 befand sich das Zollamt.

Am 6. Oktober 1938 um 10 Uhr fährt Adolf Hitler durch Fugau. Er schreibt sich am Zollamt in das „Goldene Buch“ der Gemeinde ein.
Am 15. Februar 1939 bekamen die Leser die letzte Ausgabe der Zeitung „Das Niederland„, die seit dem Jahre 1908 erschienen.

Am 8. Mai 1945 gegen 21:45 Uhr verlassen die letzten deutschen Truppen Fugau.

Gegen 3 Uhr morgens am 9. Mai 1945 kommen aus Oppach russische/polnische Kampfverbände nach Fugau und ziehen gegen Schluckenau.
Auch tschechische Zollbeamte kehrten zurück und nahmen ihre Arbeit im Zollamt wieder auf.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und nach der Vertreibung der deutschen Bewohner wurde in der Fukover Schule nicht mehr unterrichtet und die Kinder mussten zur Schule nach Šluknov (deutsch Schluckenau).

Im Jahre 1946 wurden auch die letzten Deutschen Einwohner hinausgetrieben. Privathäuser, Grundstücke, Gewerbe und Handel wurden konfisziert und die Gemeinde blieb fast menschenleer. Fugau wurde im Rahmen des Schutzes der Staatsgrenze von drei Seiten mit Stacheldraht umgeben. Im Jahre 1947 gab es 103 unbewohnte Häuser, Anfang 1949 schon 107. Im April 1949 wurden 15 Umgebindehäuser abgerissen, um Baumaterial zu bekommen. Zwei Gebäude wurden Demontiert und nach Chrudim (deutsch Crudim) umgesetzt.

Die Kirche von Fugau ist durch ein Feuer ausgebrannt, was durch den letzten Priester verursacht wurde.*

Die Grenze im Niederland war schon mit Zaun und Ackerstreifen gesichert, einzig Fugau war zugänglich.
Nach der Errichtung der Grenzanlagen auf tschechischem Gebiet war der Zutritt nach Fugau nur auf der Straße Schluckenau-Fugau mit einer Genehmigung möglich. Der Zaun hatte an der schmalen Stelle am Tag eine bewachte Straßensperre und alle Bauern, die auf die Felder von Fugau fuhren, brauchten einen Passierschein. Der Ort war Nachts nicht mehr erreichbar und dieser Zustand blieb auch nach 1960 bestehen, obwohl nun keine Bewohner mehr hier wohnten.

Das Bauministerium hat nach der gesetzlichen Grundlage Nr.709/1950 angeordnet, dass die nicht genutzten Gebäude in dem Grenzgebiet abgerissen werden. Im Jahre 1956 hatte Fugau dreiviertel unbewohnte Häuser.
Seit den 1950er Jahren war Fukov zur Übergabe an die DDR vorgesehen. Erst am 27. Juli 1956, in der Zeit, wo die „Aktion Fugau“ schon im Gange war, bewilligte der Rat des Bezirksnationalausschusses „die Zuteilung des Ortes Fugau zu der DDR“. Zuletzt aber scheiterte die Vereinbarung mit der DDR und das leere Fugau blieb bei der Tschechoslowakei.
Am 23. September 1960 wurden Kirche und Schule und in den folgenden Wochen alle Gebäude von Fukov durch Tschechische Soldaten gesprengt und dem Erdboden gleichgemacht.

Im Zuge der Gebietsreform von 1960 wurde Fukov zusammen mit Království nach Šluknov eingemeindet und dem Okres Děčín zugewiesen.

Heute

Das ehemalige Dorf liegt auf dem Gebiet, das scharf aus den Ausläufern von Šluknov (deutsch Schluckenau) weiter nördlich herausragt, in unmittelbarer Nähe der Stadt Oppach. Das Gebiet der ehemaligen Gemeinde ist von Norden, Osten und Westen vom deutschen Bundesland Sachsen umgeben und ist mit dem tschechischen Landesinneren nur im Süden durch einen etwa 3 Kilometer langen und 600 Meter breiten Gebietsstreifen verbunden. Es war die nördlichste Gemeinde der Tschechoslowakischen Republik in Bezug auf die Mitte des Dorfes.

2001 – Ausstellung in Oppach

In zwei Tagen sahen damals 1 000 Besucher seine Sammlung von Fotos und Dokumenten. „Das war der entscheidende Beweggrund, meine Nachforschungen weiterzuführen und den zahlreichen Interessierten ein Schriftstück in die Hand zu geben“, so Engel. Während der letzten drei Jahre verbrachte Gottfried Engel ungezählte Stunden in Archiven und Bibliotheken auf deutscher sowie tschechischer Seite. In mühevoller Kleinarbeit suchte er alles zusammen, was über das kleine Dörfchen, das heute nicht mehr existiert, verfügbar war. Eine sehr anstrengende Aufgabe, wie sich bald herausstellte. „Vieles war in altdeutscher Schrift verfasst und sehr schwer zu entziffern.“ Außerdem konnte man die wertvollen Bücher und Dokumente nicht ausleihen. „Ich habe zunächst hunderte Seiten per Hand abgeschrieben“, erinnert sich der Buchautor.

2004 – Fugauer Chronik erscheint

Die 600 Exemplare fanden reißenden Absatz, das Buch ist bereits vergriffen. Doch das Schicksal der 672 deutschstämmigen Fugauer Bürger, die aus ihrem Dorf vertrieben wurden, ist ein ganz besonderes. Denn ihr Heimatdorf wurde zwischen 1945 und 1960 dem Erdboden gleichgemacht. Alle 149 Häuser wurden vernichtet, bis heute steht kein Gebäude mehr auf dem nun tschechischen Terrain des ehemaligen Fugau.

2006 – „Chronik/Bildband Fugau – 500 Jahre Fugau“

Diese hat er jetzt im zweiten Teil der Fugauer Chronik zusammengefasst. Während das erste Werk von 2004 die Geschichte des Dorfes auf jetzt tschechischem Terrain und sein Schicksal im Detail beleuchtete, überwiegen im zweiten Teil historische Fotos. „Es ist ein Bildband über Fugau mit einem geschichtlichen Vorspann“, sagt der Autor über sein neues Werk. „Das Buch ist eine Ergänzung zum ersten Band.“ Für Geschichtsinteressierte ist das Buch ein besonderer Leckerbissen. Denn neben den Fotos findet der Leser hier Karten der Region aus dem Jahre 1551. Zahlreiche Landschaftsaufnahmen von Fugau und seinen Häusern und deren Bewohnern zeigen das Leben im Dorf, wie es einmal war, bevor es zwischen 1945 und 1960 komplett dem Erdboden gleichgemacht wurde.

Rund 550 Fotos hat der Autor für das Buch zusammengetragen. „Darunter sind auch viele bisher unveröffentlichte Aufnahmen“, erzählt Gottfried Engel. Das Werk liegt ihm besonders am Herzen, denn er selbst wurde 1941 in Fugau geboren. Wie er wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges 672 Deutsche aus Fugau vertrieben, der Ort völlig zerstört.

Die Ruinen des ehemaligen Ortes sind für Fußgänger und Radfahrer von der Oppacher Grenzstraße (Fugauer Straße) aus über eine kleine Spreebrücke zugänglich.

Heute wachsen bereits hohe Bäume und Sträucher auf den Trümmern des schönen Dorfes, das gern die „goldene Fuge“ genannt wurde. Nur noch in der Erinnerung der Vertriebenen Bewohner lebt es weiter.

Die Fugauer Krippe befindet sich heute in der Kirche zum hl. Peter und Paul in Warnsdorf.

Ein neuer Zeitabschnitt für den Fugauer Friedhof begann im Jahre 2013, als die Stadt Šluknov in Partnerschaft mit der Gemeinde Sohland/Spree Hilfe vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds bekam.

Der Friedhof, eines der letzten übriggebliebenen Baudenkmäler des zerstörten Dorfes, wurde 2014 mit Mitteln des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds renoviert.

2015 wurde die Märtyrersäule „schmerzhaften Großmutter“ nach ihrer Zerstörung in den Jahren 1945/60 wieder der Öffentlichkeit übergeben.

2017 – Auf Wiedersehn in Fugau

Von dem zerstörten Ort in Böhmen gibt es nur noch wenige Spuren. Doch einstige Bewohner halten die Erinnerung wach. Die Mauern des ehemaligen Friedhofs in Fugau stehen wieder. Auch einige Grabsteine sind auf den Gottesacker zurückgekehrt, wie das Foto zeigt. Peter Giebelhäuser nimmt das Bild zur Hand, auf einer der Platten steht sein Nachname. „Meine Vorfahren lebten in dem kleinen Dorf viele Jahrzehnte. Wie viele andere musste meine Großmutter den Ort im Juli 1945 verlassen“, sagt der Bautzener. Auch deshalb hat den 80-Jährigen seine Familiengeschichte immer wieder beschäftigt. Aufschwung bringt auch der Bau der Eisenbahnstrecke Dresden – Zittau 1874 bis 1879. Peter Giebelhäuser holt die Kopie einer Anzeige von Carl Kämmler in einer Bautzener Zeitung aus dem Jahr 1877 hervor. Darin lädt der Wirt zur Eröffnung der Südlausitzer Staatseisenbahn Sohland – Bautzen zu einem Besuch im böhmischen Fugau ein. Auf Papier steht „Mein Restaurant erreicht man bequem von der Station Taubenheim in 10 Minuten, vom Bahnhof Neusalza in 15 Minuten“. Peter Giebelhäuser verbringt viele Stunden bei der Großmutter in Fugau. Sein Großvater lernt seine Frau in Dresden kennen. Dort arbeitet er in der gerade eröffneten Zigarettenfabrik Yenidze.

Nach ihrer Rückkehr ins gut 70 Kilometer entfernte Fugau gibt der Großvater Musikunterricht an der Schule in Taubenheim und leitet den dortigen Chor. Die Familie mit zwei Kindern – einer Tochter und einem Sohn – lebt in der Mühle, große Sprünge kann sie nicht machen, schon gar nicht, als der Geldverdiener mit 49 Jahren stirbt. Die Großmutter bleibt in der Mühle. „Mein Vater ging nach seiner Ausbildung als Schlosser in Sohland Mitte der 1920er- Jahre nach Bautzen“, sagt Peter Giebelhäuser. Zu Besuch bei der Fugauer Oma fahren die Städter meistens mit dem Zug. Von Taubenheim müssen sie dann die letzten Kilometer zu Fuß ins Dorf laufen. An das Schweineschlachten bei Großbauer Franz Hesse, mit dem die Familie weitläufig verwandt ist, kann sich der Bautzener noch gut erinnern. Der letzte Besuch bei den Verwandten erfolgt 1944. Damals ahnt niemand, dass die Tage des Dorfs Fugau gezählt sind. Wobei: Das Ende kündigt sich eher an. Mit der Gründung der Tschechoslowakischen Republik 1918 wechselt im ehemaligen österreich-ungarischen Fugau die Staatszugehörigkeit. Bereits mit der Machtübernahme Hitlers ändern sich die Verhältnisse. Um einen Krieg im Land zu vermeiden, tritt die ÈSR im Münchner Abkommen 1938 die Gebiete mit mehrheitlich deutscher Bevölkerung an das Deutsche Reich ab. Am 6. Oktober 1938 fährt Adolf Hitler früh um 10 Uhr durch Fugau, schreibt Helga Hašková in ihrem Buch „Fugau – Erinnerungen an das vernichtete Dorf“. Eine Krone ist fortan zwölf Pfennige wert. Im Jahr 1939 zählt das Dorf 736 Einwohner in 143 Häusern. Am 8. Mai 1945 nehmen polnische Kampftruppen den Ort ein, die tschechischen Zollbeamten kehren zurück. Das Münchner Abkommen beschließt, dass die ehemaligen Sudetengebiete an die CSR zurückgegeben werden.

Doch nicht nur das: Der tschechoslowakische Präsident Edvard Beneš ordnet die Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei an, zu denen auch die Bewohner Fugaus gehörten. Mit nur 30 Kilo Gepäck – und manchmal noch weniger – müssen die Fugauer ihre Häuser und Wohnungen ab Juni 1945 verlassen. Ab Schluckenau werden sie in Viehwaggons nach Deutschland verfrachtet. „Meine Großmutter musste sich am 14. Juli stellen. Ich sehe sie heute noch lediglich mit ihrer Handtasche hier auf dem Stuhl sitzen“, sagt Peter Giebelhäuser. Am 23. September 1960 zwischen 20 und 21 Uhr werden Kirche und Schule gesprengt. Die Familiengeschichte verschwindet in ein paar Aktenordnern. „Das Thema war vergessen und abgeschlossen“, sagt der Bautzener. Doch dann bekommt er vor 17 Jahren einen Anruf, ob er nicht am ersten Heimattreffen in Fugau teilnehmen möchte. Zur Zusammenkunft, die sich von Mund zu Mund herumspricht, kommen 400 ehemalige Einwohner. Kreuzweg wieder aufgebaut Beim ersten offiziellen Heimatkreistreffen zwei Jahre später stehen 1 000 Menschen andächtig auf dem verschwundenen Friedhof. Manche liegen sich in Armen. Die verlorenen Mauern des Areals wurden mit Unterstützung des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds wiederaufgebaut, wie auch die 14 zerstörten Kreuzwegstationen. Es gibt Infotafeln zur Vergangenheit des Ortes. „Die Geschichte vom böhmischen Fugau und das Zusammenleben von Deutschen und Tschechen ist nach 1990 auch eine Geschichte der Versöhnung“, sagt Peter Giebelhäuser. Für die Nachkriegsgeneration gehe es nicht mehr um Schuldbekenntnisse, sondern um ein Verhältnis zur Vergangenheit, das die Nachbarn in den Grenzregionen wieder zusammenführt. Und deshalb wünscht er sich auch, dass die Bautzener die 140 Jahre alte Einladung von Gastwirt Carl Kämmler annehmen und einen Abstecher nach Fugau machen.
SZ/18./19. November 2017

2021 – Ausstellung in Taubenheim/Spree

Im Rahmen unserer Veranstaltung zum „Tag der Oberlausitz“ zeigen wir Ihnen eine Ausstellung zur Geschichte des böhmischen Dorfes Fugau.
Die Ausstellung wird uns aus Tschechien von der Stadt Schluckenau/Museum im Schloß zur Verfügung gestellt und mit hiesigen Zeitdokumenten ergänzt. Schauen Sie vorbei: im Bürger- und Vereinshaus Taubenheim, Sohlander Straße 31.
Eröffnung:
21. August 2021 14:00 – 18:00 Uhr Gast: Frau Hošková/Schluckenau
22. August 2021 14:00 – 18:00 Uhr Gast: Herr Rasche/Neusalz
23. August 2021 16:00 – 18:00 Uhr
24. August 2021 16:00- 18:00 Uhr und am
25. August 2021 16:00 – 18:00 Uhr

Fugau, das verschwundene Dorf, dem Erdboden gleichgemacht. Schauen Sie in die Vergangenheit, die immer noch bewegt.
Ihr Taubenheimer Dorfclub

Niederlandhefte -Schriftenreihe des Bundes der Niederländer“ Wilhelm Pfeifer S.19/20 – HEFT 9 – 1977
Geschichte des Niederlandes“ Karl Richter 1960
Heimatkunde des politischen Bezirkes Rumburg“ Anton Hockauf 1885
Die deutschen Heimatführer“ Band 17/18 Sudetenland – Druck 1939
Šluknov  „Fugau – Erinnerung an das vernichtete Dorf“  2010


„Fugauer Chronik – 500 Jahre Fugau 1460 – 1960“ – Gottfried Engel 2004
„Fugauer Chronik – Chronik/Bildband Fugau – 500 Jahre Fugau“ – Gottfried Engel 2006

Unser Niederland“ – Ausgabe 553 – Dezember 1995 – S.365 [1]
Unser Niederland“ – Ausgabe 674 – Januar 2006 – S.25 [2]

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