Gemeindebereich
Die Gemeinde Güntersdorf – GB Besen – bestand aus den Ortschaften Güntersdorf, Franzberg und Poppendörfel. In dem langgestreckten Güntersdorf wurde das Ober- und das Niederdorf unterschieden.
Mundartliche Aussprache des Ortsnamens: „Ginschdruff, „Franznbarg“ und „Buckndarfl“.
Gesamtfläche der Gemeinde: 726 ha.
Ortsgeschichte
Güntersdorf (ohne Poppendörfel und Franzberg) ist als zweireihiges Straßendorf mit Waldhufenanlage wahrscheinlich im 13. Jahrhundert durch deutsche Siedler gegründet worden. Für diesen im Tetschner Raum frühen Zeitpunkt sprechen hauptsächlich die großräumige Anlage und die beträchtliche Zahl von 18 Bauernstellen.
Hinsichtlich des Ortsnamens besteht kein Zweifel, dass er auf den Personennamen Günter zurückzuführen ist, dessen Träger möglicherweise der Lokator des Ortes und erster Inhaber des Erbrichteramtes gewesen ist.
Zur Zeit seiner Gründung lag Güntersdorf im Bereich der Gaugrafschaft Tetschen und gelangte 1283 an die damals gebildete ältere Herrschaft Scharfenstein, die anfangs dem Geschlecht der Michelsberger, dann den Berka, den Wartenbergern und den Salhausen gehörte. Bei der Güterverteilung von 1562 kam Güntersdorf an Hans von Salhausen und bei der nochmaligen Teilung im Jahre 1576 an Wolf von Salhausen, dessen Besitz der Grundstock der Herrschaft Bensen im engeren Sinne wurde. Nach dem Ankauf eines Teiles des Gutes „Rotenhof“ in Markersdorf seitens des Wolf von Salhausen (1580) erfolgte die Angliederung von Güntersdorf an den in Groß- und Untermarkersdorf gelegenen „Rotenhof“. Als nach mehrfachen Besitzerübergängen die Familie Thun ab 1631 die Gebiete nördlich von Bensen übernommen hatte, fasste sie diese 1663 zur „Fideikomißherschaft Bensen einschließlich des Gutes Markersdorf größeren Teils“ zusammen. Bei letzterem verblieb Güntersdorf bis 1850, als in den GB Bensen eingegliedert wurde. Die älteste bekannte urkundliche Nennung von Güntersdorf beinhalten Papstzehentregister aus den Jahren 1352 bis 1405, in denen es „Guntheri villa“ genannt wurde. Der deutsche Name „Güntersdorf“ bzw. „Güntersdorff“ ist durch die Libri confirmationum aus den Jahren 1361 und 1413 überliefert. In der tschechisch geführten Landtafel war 1543 (für 1551) „w hubtijerzowie“ (= Güntersdorf) eingetragen worden.
Von Familiennamen der früheren Zeit von Güntersdorf sind bekannt: 1437 Peter Seiffried (Geschichte der Stadt Wartenberg, 1937), 1490 Schwan, 1555 Lösel, 1556 Fritsch, 1558 Bartel, Döre, Ullrich sowie 1564 Ahne. Letzterer Name soll erwiesen 1420 in Güntersdorf vorgekommen sein.
In der StR von 1654 ist „Kintersdorff“ mit 18 Bauern (davon 15 Vollbauern und 3 Halbbauern), 11 Gärtner und 26 Häusler verzeichnet, was auf das Vorhandensein von 55 Häusern schließen lässt. Laut den Forschungen von Neder befand sich Mitte des 17. Jahrhunderts bis 1669 in Güntersdorf ein kleiner Rittersitz der Familie von Hirsch aus Markersdorf. Es wird angenommen, dass sich die Gebäude an das jetzige Forsthaus anlehnten. Die Namen der Bauern lauteten seinerzeit: Hüttl, Hegenbarth, Raschke, Ahne, Bendel, Dörre, Fritsch, Grams, Gewaltiger, Hirsch, Kunert, Piesche, Schwarz, Wendl. Den ehemaligen Erbrichterhof mit 24 Strich Acker, der größte Hof im Ort samt Schenke, hatte seit 1629 Christoph Ahne inne. Zuvor war dort die Familie Hübner ansässig.
Rund 60 Jahre später waren im TK von 1713 für „Güntersdorff“ 29 Wirte und 53 Häusler nachgewiesen. Die Zahl der Häuser hatte sich somit auf 82 erhöht. Über irgendwelche gewerbliche Betätigung der Einwohner ist im Kataster nichts aufgezeichnet. In der Müller’schen Karte von 1720 ist der Ort mit „Güntersdorf“, in der Josefinischen Karte von 1781/82 als „Gündersdorf“ benannt. Im Jahre 1739 wurde Güntersdorf das letzte Eheding (Volksgerichtsversammlung), wohl überhaupt eines der letzteren in weitem Umkreis, abgehalten.
Bei Schaller (1787) ist die Ortsgröße von Güntersdorf mit 128 Nummern angegeben, bei Sommer (1833) mit 152 Häusern und 925 Einwohnern. Die höchste Bevölkerungszahl erreichte die Ortschaft Güntersdorf um 1850 mit 951 Einwohnern (zuzüglich Franzberg und Poppendörfel = 1222 Einwohnern). Zu jener Zeit gab es in Güntersdorf 182 ständige und 360 zeitweilige Hausspinner und Weber sowie 18 Strumpfwirker. Bei den Volkszählungen von 1869 und 1890 wurden 858 (als Gemeinde 1092) bzw. 814 (1023) deutsche Einwohner festgestellt. Infolge des Fehlens jeglicher Industrie sank die Einwohnerzahl allmählich weiter ab und lag 1939 bei 733 für die Ortschaft und bei 847 für die gesamte Gemeinde.
Die häufigsten Familiennamen in Güntersdorf waren 1934:
Ahne, Hegenbarth, Fritsch, Gautsch, Hübner, Lorenz, Lösel, Pietsch, Füger, Heidenreich, Laube, Neumann. Zusätzlich biografische Angaben: Johann Konrad, Organist und Klavierspieler in Güntersdorf um 1800; Rudolf Bendel (* Güntersdorf 1887, ♰ Paulsdorf bei Dippoldiswalde 1964), Maler und Graphiker, viele Jahre in Tetschen ansässig; Ludwig Uhmann (* Rosendorf 1879, ♰ 1962), Oberlehrer, Komponist, Dirigent und Schriftsteller.
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Ortschaft Poppendörfel
Die älteste bekannte Erwähnung dieser kleinen, am Rande der Güntersdorfer Hochfläche nach Westen gelegene Ortschaft stammt von 1588. Es gibt aber Hinweise, dass der Ort älter war, nämlich den Ortsnamen, die Flurbezeichnungen und die Lage des Ortes. Der Name Poppendörfel könnte auf einen Personennamen Poppo oder Poppe zurückgehen, wie er im ostfränkischem Raum und in Schlesien belegt ist, und zwar bis ins 14. Jahrhundert zurück. Dennoch ist es so gut wie erwiesen, dass der Namensbestandteil „Poppen“ eine Umformung aus „Bocken“ darstellt. So ist der Ort in der Müller’schen Karte von 1720 als „Bockendorf“ und in der Josefinischen Karte von 1781/82 als „Bokendörfel“ verzeichnet, und Sommer (1833) erwähnt, dass der Poppenberg gewöhnlich „Bockenberg“ genannt wird. In der Güntersdorfer Mundart wurde „Buckndarfl“ und „Bucknbarg“ gesprochen. Damit ist der 1454 als Bestandteil der Tetschner Herrschaft genannte Ort „Bukowina“ (= Buchenort) identifiziert, der in einer Wartenberger Urkunde zwischen Losdorf und Falkendorf aufgezählt ist. Auch A. Paudler hatte darauf schon hingewiesen (MNExKL 6/1883/281). Als zweites Indiz können die im Poppenberggebiet liegenden Fluren „Alte Äcker“ und „Alte Berline“ oder „Paline“ gelten, die auf ältere Ansiedlungen hinweisen und von denen der letztere zweifellos verdeutschen Ursprungs ist. (Neder). Nach mündlichen Ortsüberlieferungen soll an der Straße nach Neu-Ohlisch (Lausitzer Handelsstraße) eine wendische (sorbische) Siedlung gewesen sein. Damit ließe sich auch die Bezeichnung „Paline“ (Brandstätte) erklären. Als dritter Punkt könnte die Lage von Poppendörfel gelten, das wesentlich näher bei dem teilweise in der Burggrafenzeit zurückreichende Ort Losdorf liegt, als bei Güntersdorf.
Im Dreißigjährigen Krieg dürfte Poppendörfel so gut wie völlig zerstört worden sein, denn für 1659 ist verzeichnet, dass die vier Wirte Thomas Sommer, Franz Ritschel, Chr. Sehakel und Jonas Süßig neu angesiedelt wurden. Die beiden letzteren weisen auf eine Herkunft aus Falkendorf bzw. Losdorf hin. Der 1604 in Poppendörfel vertreten gewesene Name Schichttrat nicht mehr auf. Eine hügelige Flur auf Güntersdorfer Gebiet auf dem Besitz zu Nr. 23 und 24 (Fritsch/Schwarzer) im Gebiet Heißwinkel trägt den Namen „Die Schwedengräber“.
Im Jahre 1714 waren Poppendörfel 6 Häuser mit 35 Einwohnern vorhanden, 1787 waren es 7 Nummern und 1833 ebenfalls 7 Häuser mit 40 Einwohnern. Den höchsten Bevölkerungsstand erreichte der Ort 1848 mit 49 Personen. 1869 und 1890 wurden 34 bzw. 32 und 1930 42 deutsche Einwohner gezählt. Die Zahl der Häuser hatte sich auf 8 erhöht. Dass etwas abseits in Richtung der Güntersdorf-Losdorfer Straße, also am Hauptverbindungswege Güntersdorf-Poppendörfel stehende Haus hieß „Schleiferhäusl“ (früher Besitzer Laube). – 1934 kamen in Poppendörfel die Familiennamen Ahne, Hübner, Kunert und Ratschke vor.
Meierhof Güntersdorf und Ortschaft Franzberg
Über den Meierhof in Güntersdorf ist nur wenig überliefert. Eingerichtet wurde er wahrscheinlich in der Salhausenzeit Mitte des 16. Jahrhunderts durch Ausbau eines Bauernhofes. Im Jahre 1607 erfolgte eine Vergrößerung des Meierhofes durch Zukauf. Gemäß dem Dominikalkataster 1756 betrug die Gesamtfläche 91 Strich (davon Acker 71 und Trisch 20 Strich). Die Auflösung des Hofes begann1775, als an 5 Güntersdorfer Einwohner Baustellen abverkauft wurden, deren Bebauung aber erst 1780 erfolgte. Vier Jahre später wurde der Meierhof gänzlich aufgelassen und weitere Baugründe vergeben.
In der Topographie von Schaller (1787) sind für den auf den Meierhofsfeldern entstandenen Ort „Franzberg“ oder „Franzbergel“ bereits 9 Hausnummern angegeben. Der Ortsname weist auf den Gründer, den Grafen Franz Joseph Thun (* 14.September 1734 Tetschen – ♰ 1801 Wien) hin. Im Jahre 1815 standen bereits 28 Häuser, die von 151 Personen bewohnt waren. Nach Angaben in Sommer (1833) hatte Franzberg 30 Häuser mit 189 Einwohnern. Seine höchste Einwohnerzahl hatte Franzberg 1857 mit 216 Seelen. Bei der Volkszählung von 1869 und 1890 wurden 200 bzw. 188 deutsche Einwohner festgestellt, während es 1930 nur noch 143 waren.
Die mehrfach vorkommenden Familiennamen in Franzberg waren 1934 folgende: Ahne, Hegenbarth, Schieche, Frams, Henke, Michel, Neumann, Ringel.
Lage
Die Ortschaft Güntersdorf liegt in 350 bis 440 m Meereshöhe entlang der Bezirksstraße Hochdobern-Altohlisch, die etwa in Ortsmitte bei der „Schenke“ und beim früheren Gasthof „Harnisch“ von der Staatsstraße (Kaiserstraße) Tetschen – Losdorf – Markersdorf – Böhmisch-Kamnitz gekreuzt wird. Nach dem 450 m bis 470 m hoch gelegenen Franzberg zweigt eine Straße in Richtung Parlosa ab. Poppendörfel hat eine Meereshöhe von 380 bis 400 m. Die Ortsmitte von Güntersdorf ist etwa 6 km von Tetschen, 8 km von Böhmisch-Kamnitz und 6,5 km von Bensen entfernt.
Bodengestalt
Das Gemeindegebiet nimmt den nördlichen Teil der basaltiger Hochdobern-Güntersdorf Hochfläche ein, die nördlich des Ortes Franzberg von Süden nach Norden zu geneigt ist und von etwa 450 m bis 300 m abfällt. Im West des Gebietes liegen die höchsten, die Hochfläche überragenden Geländepunkte, nämlich der Pfarrbusch und der Poppenberg (527 m) mit Basaltfelsen und schöner Aussicht z.B. von der Ediwarte, benannt nach dem Förster Eduard Kitzler. Diese Warte und die nahen Hexenburgen sind von der Gebirgsvereinssektion Güntersdorf in den 30er Jahren nach Motiven aus Theaterdichtungen von Oberlehrer Ludwig Uhmann („Der Noldenzweig“, „Die Hexenburg auf dem Poppenberg“) errichtet worden. Weitere herausragende Geländepunkte um Westen des Gemeindegebietes sind der Vogelstein (402 m) und der Finkenhübel (361 m), die bereits zum Elbsandsteingebirge gehören. Vom Scheitelpunkt der Losdorf-Güntersdorfer Straße, der sog. „Güntersdorfer Höhe“ (427 m), bietet sich eine prachtvolle Aussicht gegen Norden und Osten. Im Nordwesten des Gemeindegebietes ist das idyllische Moosgründl eingebettet, wo Güntersdorf Anteil an den Heidegründen hat. Im Vogelsteingebiet wurde nach dem Ersten Weltkrieg von den Tschechen der von Losdorf aus zugängliche Militärschießstand am Verbindungsweg Güntersdorf-Heidenstein errichtet (Geländenamen: „Im Heißwinkel“). Romantische Basaltfelsen auf dem Piesche- und Rilkenberg (Amselstein) sowie Sandsteingebilde am Vogelstein, Finkenhübel, in Hübners, Schwarzes und Hackels Busch bis zu Michels Häusl.
Die Gemeindefläche ist zu 64% bewaldet und 32% werden landwirtschaftlich genutzt. Das Forstrevier Güntersdorf, das ursprünglich zur Thun‘schen Domäne Bensen gehörte und nach 1918 vom tschechischen Staat übernommen wurde, unterstand der Försterei in Franzberg (letzter Förster Eduard Kitzler).
Gewässer und Trinkwasserversorgung
Das einzige bedeutende fließende Gewässer des Gemeindegebietes ist der Güntersdorfer oder Dorfbach. Er entspringt an der Leite zum Güntersdorf-Franzberger Höhenzug oberhalb des oberen Fiebichweges. Die sich sammelnden Quellen bilden zunächst einen kleinen Teich. Dann nimmt der Dorfbach nach Zufluss kleinerer Rinnsale im Niederdorf zwei weitere stärkere Zuflüsse aus den südöstlichen Quellgebieten (ehemalige Dorfbrunnenquelle und aus den Wiesen östlich des Ortes) auf. Unterhalb Güntersdorf durchfließt der Bach die Flur „Rolle“, im Hauptteil auf Altohlischer Gebiet, sowie die „Wolfschlucht“, die ehemalige „Austria-Klamm“, den Ohlischer Großteich und mündet als „Goldbach“ in den Kamnitzbach. – Am Nord- und Nordosthang des Poppenberges entspringen mehrere Rinnsale, die im weiteren Verlauf die Bezeichnung Pilzgraben, Hübners und Hackels Tränke, Fuchsgraben und Lettengraben tragen. Die ersteren vier vereinigen sich in der Gemarkung von Güntersdorf-Altohlisch und Neuohlisch, nachdem das Wasser des Pilzgraben einen Wasserfall überspringt, zum Borstenbach, der ebenfalls zum Kamnitzbach fließt. – Weitere drei Wasserläufe aus dem Heißwinkel, dem Moosgründl und aus den Heidegründen bilden, schon auf Neuohlischer Gebiet, den Mühlbach, der dann als Fuchsbach den Kamnitzbach erreicht. – Im Osten des Güntersdorf Geländes entspringen noch drei nicht unbedeutende Gewässer, wovon Ratschkes Flößl als Sammler des Pieschebergwassers sich in der „Rolle“ in den Dorfbach ergießt, während Paudlers Graben und ein zweites Rilkenbergquellwasser direkt in den Altohlischer Großteich fließen.
Trinkwasserversorgung: Infolge des Wasservorrates aus dem Güntersdorf-Franzberger Höhenzug und der Quellen unterhalb des Piescheberges hatten sich schon vor 1914 eine Entwässerung- und zwei Trinkwassergenossenschaften gebildet. Die Wasserverbrauchsgenossenschaft „Niederdorf“ konnte nur wenige Häuser versorgen, da das Reservoir zu niedrig lag. Nach dem Ersten Weltkrieg baute eine Genossenschaft in Franzberg eine eigene Wasserversorgung mit Elektropumpen.
Flurnamen
Im Norden: Die Rolle, Auf der Harte (Grenze gegen Binsdorf); im Osten: Im Flößl oder Ratschken Erlen, Friedels Erlen, Paudlers Hübel, In den Brandkiefern, Rilkenberghang, Böse Ahne, Schäferei, Hietels Grund, Pieschen Berg, Eschwiese, Auf dem Letten, Kleinseite; im Süden: Kreuzbergl, Parlosaer Höhe, Franzberg, Oberer Fiebichgraben, Hohle, Pfarrbusch; im Westen: Die Rausche (Waldstück an der Straße nach Losdorf), Am Schleiferhäusel, Poppenberg, Heißwinkel mit Vogelstein, Moosgründl mit Finkenhübel, Heidegründe, Im Lettengraben, Hübners und HackelsBusch, Am Elternsteig, Michels Häusl (Felsengebilde aus Sandstein), Tiefer Grund. Vom Westen her gesehen schließen sich in der Flur an: Hegenbarths Tannicht, Die Achwedengräber, Häckels und Hübners Tränken, Schenkers Gütlich sowie Schindergraben (nahe dem Ort) und der Untere Fiebich.
Im Poppendörfel: Alte Äcker oder Alte Berliner bzw. Pauline.
Bevölkerung und Erwerb
Güntersdorf, Franzberg und Poppendörfel waren bis 1945 im wesentlichen bäuerliche Dörfer geblieben, da es keine Industrieansiedlung gab. Von der Gesamtbevölkerung entfiel fast ein Drittel auf den Wirtschaftsbereich Land- und Forstwirtschaft (31,5%). Die Zahl der Landwirte mit 5 und mehr ha Fläche betrug 35. Gemäß dem Adressbuch von 1934 hatten jedoch insgesamt 62 Familien die Berufsbezeichnung „Landwirt“ angegeben. Es sind dabei offenbar auch 27 kleinere Landwirtschaftsstellen mitgezählt, deren Inhaber jedoch bei günstiger Beschäftigungslage in anderen Berufen tätig waren.
Die Verhältnismäßig große Zahl von 113 landwirtschaftlichen Klein- und Kleinstbetrieben (unter 5 ha) war durch die Aufteilung von Meierhofffeldern und durch sog. Ausschlachtung von Bauernwirtschaften entstanden. Arbeiter und Häusler waren bemüht, Grundstücke zu erwerben oder zu pachten. Die Arbeiter aus Güntersdorf (40,8 % der Bevölkerung) hatten ihren Arbeitsplatz meist in Tetschen, Bensen und Böhmisch-Kamnitz.
Güntersdorf und Poppendörfel waren reich an Kirchbäumen, die sich in massierten Beständen hauptsächlich in Hietels Grund, auf Hackels Höhe und an der Wegegabel nach Rotenhof und Franzberg-Parlosa befanden. An Betrieben von überörtlicher Bedeutung sind in Güntersdorf eine Mühle mit Brotbäckerei (letzter Besitzer Josef Fritsch) und ein Basaltsteinbruch, der um 1825 beim Bau der Kaiserstraße eröffnet worden ist’s zu erwähnen. In den 30er Jahren gewann der Steinbruch noch einmal an Bedeutung, als die Staatsstraße eine staubfeine Decke erhielt. Gebrochen wurden Basaltsäulen aus dem Pieschenberg.
Schon vor 1914 bestand ein Spar- und Darlehenskassenverein (Raiffeisenbanken) und eine landwirtschaftliche Genossenschaft sowie seit 1910 eine Konsumfiliale.
In Franzberg hatte ein Distriktarzt sein Sitz. Der letzte deutsche Arzt bis 1945 war MUDr. Wilhelm Hegenbarth nach MUDr. Kamil Scharpner, der von 1910 bis September 1938 hier gewirkt hatte.
Verkehr, Gastgewerbe, Sport
Nächste Bahnstationen: Für Franzberg und Güntersdorf waren die Stationen Ebersdorf-Markersdorf, für das Niederdorf der Bahnhof Rabstein und für Poppendörfel die Bahnhöfe in Tetschen am nächsten. Autobusverbindungen: Nach Tetschen-Bodenbach (seit 1938 durch die Reichspost) sowie ab Gasthaus Ringel in Franzberg über Hochdobern-Birkigt (früherer Dobrankental-Linie) nach Tetschen, Post Ämter: Bis 1938 war für Güntersdorf die Post Markersdorf/Böhm. Nordbahn, für Franzberg die Post in Hochdobern und für Poppendörfel die Post in Losdorf zuständig. Nach dem Anschluss bekam die Gemeinde ein eigenes Postamt
Gastgewerbe: 2 Gasthöfe und 1 Schankwirtschaft in Güntersdorf, und zwar die „Schenke“ (A. Ahne, Nr. 1), Gasthaus Harnisch (Nr. 71), beide mit Übernachtungsmöglichkeit, und die Schankwirtschaft „Zum Goldbachtal“ (W. Fritsch, Nr. 41). In Franzberg: Gaststätte Ringel „Bei Eduard“ (E. Ringel, Nr. 14).
Sportanlagen: Sport- und Turnplatz des Arbeiter-Turn und Gesangsverein.
Pfarrei, Matriken, Kirche
Güntersdorf gehörte zu den in der Blütezeit des deutschen Landesausbaues im 13. Jahrhundert errichteten Pfarreien. Nach den Papstzehentregistern von 1352 bis 1405 zahlte der dem Dekanat Leipa unterstellten Pfarrsprengel, der auch Hochdobern, Parlosa, Neu- und Alt-Ohlisch einschloss, halbjährlich 3 Groschen Zehent. Von 1486 bis 1786 war Hochdobern ausgegliedert und an die Pfarrei Mariä Geburt in Bensen angeschlossen. Im Dominikalkataster 1756 ist das Pfarrwidum mit 24 Strich Fläche angegeben, wovon auf Äcker 16 und auf Trischflächen 8 entfielen. Unter den Salhausen war Güntersdorf um 1540 für fast 100 Jahre lutherisch geworden. Bekannte Pastoren waren: Kleinpeter, Jakob Reichelt, Briccius Löbel aus Königswald und Bonfatius Schippchen. Nach der Rekatholisierung war Güntersdorf eine Filialkirche der Kirche St. Martin in Markersdorf und wurde erst 1725 wieder selbständige Pfarrei, die seit dem 20. Jahrhundert zum Vikariat Tetschen zuständig war. Letzter deutscher Pfarrer von 1911 bis 1945 war Vikar und bischöflicher Rat, Erzdechant Franz Holfeld (letzte Ruhestätte in Ingolstadt).
Von den Kirchenbüchern für das Pfarrsprengel Güntersdorf sind die Tauf- und Sterbematriken seit 1616 und die Trauungsmatriken seit 1602 erhalten.
Die alte bis 1880 bestandene Pfarrkirche St. Georg stammte noch aus spätgotischer Zeit. Sie brannte im genannten Jahr durch Blitzschlag ab. Bei dem 1884 erfolgten Wiederaufbau wurden die alten Mauern verwendet, so das sich gotische Stielelemente erhielten. Das Gebäude bestand aus einem einschiffigen Langraum, hatte einen Turm an der Westseite und einen rechtwinkligen Altarraum. Die Einrichtung war neugotisch. (Die Kirche wurde im Jahre 1969 gesprengt.)









Kapellen: Seit 1711 stand unweit der Erbschänke Nr.1 an der heutigen Kreuzung der Dorfstraße mit der Kaiserstraße eine Marienkapelle, die der aus Güntersdorf stammende Prager Bürger Johann Heinrich Krätschmer gestiftet hatte. Sie wurde 1939 im Zuge der Straßenverbreiterung abgebrochen. Wenige Jahre nach der Errichtung der ersten Kapelle war eine weitere Kapelle „Mariä Geburt“ im Ort errichtet, die jedoch 1788 profaniert und wahrscheinlich im 19. Jahrhundert abgebrochen wurde.

Statuen: Es gab in Güntersdorf mehrere Heiligenstandbilder. An der Kapelle bei der Erbschänke standen einst sechs. Sie sind im vergangenen Jahrhundert an andere Stellen versetzt worden. Eines davon befand sich noch nach 1920 am Quellaufnahme des Güntersdorfer Baches. Eine Nepomuk-Statue hatte ihren Platz am Kirchensteig.
Wegekreuze: Grenzkreuz zwischen Dobern und Güntersdorf an der Straße nach Parlosa, Kreuz am Feuerwehrhaus im Oberdorf, Schenkers und Kesslers Kreuze, Hackels Kreuz, Apostels Kreuz, Hietels Kreuz, Kreuz am Kreuzbergl, Kreuz in der Hohle, Müllers Kreuz auf der Güntersdorfer Höhe, Pillips Kreuz am Poppenberg, Hübners Kreuz zu Nr. 123, Ludwigs Kreuz, Kreuz am Wirtschaftsweg zu Nr. 68.
Das Kirchenfest von Güntersdorf wurde am Sonntag nach Georg (24. April) begangen. Es war das erste und bekannteste im Gebiet von Tetschen und wurde „Güntersdorfer Fest“ oder auch „Mädelfest“ genannt. Seit den 20er Jahren wurden die Aufführungen von Haydns „Schöpfung“ während des Hochamtes von weither besucht (Leiter Oberlehrer Ludwig Uhmann). Der Glöbnistag in Güntersdorf war ein Gedenkstein. Es 1811 während der damaligen Ruhrepidemie eingeführt und auf den 14. Februar (Valentinstag) festgelegt worden. Der Friedhof von Güntersdorf, der bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts die einzige Beerdigungsstätte des ganzen Kirchenspiels war, befand sich ursprünglich unmittelbar bei der Kirche, bis 1879 unweit davon ein neuer Friedhof angelegt wurde; er ist ebenso wie der alte Friedhof von Hochdobern und Parlosa mitbenutzt worden.
Schule
Die älteste Nachricht über die Schule von Güntersdorf stammt von 1680, als ein Schulhaus gebaut wurde. Es ist jedoch anzunehmen, dass in diesem alten Kirchort schon viel früher unterrichtet wurde. Im TK von 1713 ist der Lehrer erwähnt. 1833 unterrichtete in Güntersdorf der Lehrer Anton Gautsch. Ein Schulneubau wurde 1835 durchgeführt. Die Schulen Alt-Ohlisch und Hochdobern waren damals Filialen von Güntersdorf und wurden erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts selbstständig. Ein nochmaliger Schulneubau wurde 1888 errichtet. Im Jahre 1903 war die Güntersdorfer Schule dreiklassig und blieb es bis 1945. Zum Schulsprengel gehörten die Ortschaften Güntersdorf, Franzberg und die Gemeinde Parlosa sowie das erste Haus von Hochdobern (Neumann). Die Kinder aus Poppendörfel gingen nach Losdorf zur Schule.
Verwaltung
Seit der Ortsgründung hatte in Güntersdorf eine Erbrichterei bestand, die sich zusammen mit der Erbschänke in dem später mit der Hausnummer 1 versehenen Hofe befand. Das älteste Schöppenbuch wurde 1588 begonnen.
Überliefert sind folgende Richternamen: Nikolaus 1397, Christoph Ahne 1629, Georg Ahne 1723, Johann Dörre 1772. Auch in der letzten Zeit vor ihrer Aufhebung (1850) befand sich die Dorftichterei im Haus Nr. 1 (Franz Ahne).
Gemeindevorsteher bzw. Bürgermeister seit 1918 waren: Johann Fritsch (Nr.42), Franz Hegenbarth (Nr.12), Johann Füger) Nr.94), Karl Wenzel (Nr.157), Albin Hübner (Nr.32), Franz Hüttel (Nr. 83).
Gemeindepersonal: 1 Wachmann (bis in die 20er Jahre.)
Elektrifizierung: Anfang der 20er Jahre durch eine Lichtgenossenschaft eingeführt, nachdem eine Hochspannungsleitung von Bodenbach über Losdorf-Poppendörfel-Güntersdorf-Alt-Ohlischer-Markersdorf-Böhmisch-Kamnitz fertiggestellt war. Auch Hochdobern wurde um die gleiche Zeit an die Hochspannungsleitung angeschlossen (Anschlussleitung nordöstlich des Poppenberges über die Güntersdorfer Hohle nach Hochdobern).
Kulturpflege und Vereinsleben
Vereine: Freiwillige Feuerwehr schon vor 1884, Landw.-gewerbl. Kasino, Sektion des Deutschen bienenwirtschaftlichen Landeszentralvereins, Theater- und Dilettantenverein seit 1883, Ortsgr. des Gebirgsvereins für die Böhmische Schweiz, Arbeiter-Turn- und Sportverein, Deutscher Turnverein (letztere beiden seit den 30er Jahren), Gesangsverein „Geselligkeit“, Deutsche Jungmannschaft „Eiche“, Wohnungsverein, Bund der Deutschen, Landw. Verein für den Gerichtsbezirk Bensen. Die fünf letztgenannten sind bis 1930 aufgelöst worden.
Brauchtum: Alljährlich in der Advents- und Fastenzeit fanden Theateraufführungen des Theater- und Dilettantenvereins statt. Das seit 166 belegte Osterreiten wurde von Reitern aus Hochdobern, Güntersdorf, Parlosa und Alt-Ohlischer gemeinsam veranstaltet. Zum Volksfest wurde das Kirchenfest durch zahlreiche Verkaufsstände und durch Ringelspiele. Der Kirchenchor und die Märchenspiele von Oberlehrer Uhmann (selbst Autor) sind weithin bekannt. „Der Noldenzwerg“, die Volksstücke „Schnitzelmannl“ und „Die Hexenburg auf dem Poppenberg“ wurden mehrmals in Güntersdorf aufgeführt. Von den Kompositionen Uhmanns ist, außer Sonaten, kleinen, meist kirchlichen Gelegenheitskompositionen, besonders seine Messe für Chir, Soli und Orchester zu erwähnen. Die Güntersdorfer waren ein Völkchen von Musikern, Sängern und Theaterspielern. Von den rund 900 Einwohnern war jeder achte als musikalisch vor- oder ausgebildet anzusprechen. Es gab 60 Musiker, von denen einige mehrere Instrumente beherrschten. Brauchtum der Jugend: Vogelschießen mit Armbrust und Bolzen. Sonstiges: Gemeindebücherei vorhanden.
Sehenswertes
Bauernhäuser im Umgebindebaustil in größerer Zahl. An ihnen mehrfach geschnitzte Florians- und Marienfiguren, die vom „Schnitzelmannl“ aus Kamnitz-Neudörfel (lebte 1820 bis 1890) hergestellt worden waren. – Ruine einer Windmühle aus dem 19. Jahrhundert an der Straße von Güntersdorf nach Parlosa, bis 1945 instandgehalten und als Abstellgebäude benutzt (Besitzer Krebs), seit der Jahrhundertwende oder schon etwas vorher außer Betrieb, möglicherweise wegen tödlicher Verletzungen eines Kindes (namens Michel) aus Franzberg durch Flügelschlag. – Das Kriegerdenkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges errichtet 1927 auf dem Kirchplatze.
Nachwort (Ausklang)
Die Kriegsverluste der Gemeinde Güntersdorf betrugen 47 Gefallene und Vermisste, das sind 11,7% der männlichen Bevölkerung von 1939. An den Verlusten waren Güntersdorf mit 35, Franzberg mit 11 und Poppendörfel mit 1 Toten beteiligt. Im Jahre 1959 lebten ein Drittel der ehemaligen Einwohner in der Bundesrepublik Deutschland und zwei Drittel in der Deutschen Demokratischen Republik.
Nach dem neuen tschechischen Gemeindeverzeichnis sind zur Gemeinde Huntířov (deutsch Güntersdorf) zusammengeschlossen: Güntersdorf (tschechisch Huntířov), Franzberg (tschechisch Františkův Vrch), Alt- und Neu-Ohlisch (tschechisch Stara und Nova Oleška).
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kam Güntersdorf zur Tschechoslowakei zurück. Die deutschen Bewohner wurden bis 1946 vertrieben und der Orterhielt den Namen Huntířov (deutsch Güntersdorf). Im Jahre 1961 wies die Ortschaft Güntersdorf 401, die Ortschaft Franzberg 65, zusammen 466 gegenüber 850 Einwohner im Jahre 1939 auf. Entsprechend ist die Zahl der bewohnten Häuser von 200 auf 90 zurückgegangen. Poppendörfel (tschechisch Popovičky) ist als Ansiedlung vollkommen aufgegeben.
Heute

Huntířov (deutsch Güntersdorf) ist eine Gemeinde in Tschechien. Sie liegt sieben Kilometer östlich des Stadtzentrums von Děčín und gehört zum Okres Děčín.
Die Gemeinde Huntířov besteht aus den Ortsteilen Františkův Vrch (deutsch Franzberg), Huntířov (deutsch Güntersdorf), Nová Oleška (deutsch Neu Ohlisch) und Stará Oleška (deutsch Alt Ohlisch). Zu Huntířov gehören außerdem die Ansiedlung Lužná (deutsch Philippenau) sowie die Wüstungen Popovičky (deutsch Poppendörfel) und (deutsch Bauscheibe).
Tetschen-Bodenbach – Heimatverband Kreis Tetschen-Bodenbach (Hrsg.) „Heimatkreis Tetschen Bodenbach. Ein Buch der Erinnerung“ – 1969
Alfred Herr “ Heimatkreis Tetschen-Bodenbach: Städte und Gemeinden. Heimatverband Kreis Tetschen-Bodenbach e.V.“ 1977 – S. S.378-384
„Unser Niederland“ – Beilage „Sudetenland“ 1966 Nr. 214 / 124 – Unser Heimat in Bildern
„Unser Niederland“ – Beilage „Sudetenland“ 1968 Nr. 246 / 156 – Unser Heimat in Bildern
„Unser Niederland“ – Beilage „Sudetenland“ 1969 Nr. 252 / 162 – Unser Heimat in Bildern
„Unser Niederland“ – Beilage „Sudetenland“ 1970 Nr. 266 / 176 – Unser Heimat in Bildern
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