Kaiserswalde

  • Beitrags-Kategorie:Landkreis Schluckenau
  • Beitrag zuletzt geändert am:19. August 2022
  • Lesedauer:8 min Lesezeit

Geschichte

Kaiserswalde war die größte aus den wie in einem Kranz um Schluckenau liegende Gemeinden. Es reichte von Schluckenau an den Spitzberg und den Pirsken und schloss den Botzen ein. Mit einem Flächenraum von 1004,60 Hektar hatte das aus der Zeit vor 1361 stammende Dorf eine Länge von Osten nach Westen von 3688 m und sein Gebiet von Norden nach Süden eine Länge von 5025 m. An der Westgrenze zwischen Botzen und Pirsken entspringt der Dorfbach, der von Oberkaiserswalde durch das ganze 3,40 km lange Tal nach Niederkaiserswalde und Schluckenau fließt, wo er in den Silberbach mündet. Auch der Silberbach und der Schönauer Bach fließen zum Teil auf Kaiserswalder Grund. Im Ort gab es mehrere Teiche. Mit fast 2100 Einwohnern (1930: 2130) und 374 Häusern zählte Kaiserswalde zu den größten Gemeinden des Bezirks Schluckenau.

Es darf hier erwähnt werden, dass die Nummerierung der Häuser im Jahre 1771 hier wie überall in den Herrschaften Schluckenau und Hainspach durchgeführt wurde. Kaiserswaldes Umgebung machte einen angenehmen Eindruck. Zum Botzen und zum Spitzbergen waren die Wanderwege markiert. Von beiden Gipfeln genoß man eine schöne Rundsicht über den Ort bis nach Schluckenau hinein. Der Ort verdankte seine Entstehung und seine Waldhufenform der großen Siedlungsepoche des 13. Jahrhundert. Sein Name deutet selbstverständlich auf die Rodung des Waldes zu Ehren des Kaisers hin. In den Archivunterlagen wird die Zugehörigkeit zur Familie Berka im 15. Jahrhundert, zur Familie Schleinitz im 16. Jahrhundert und ein Vorwerk in Richtung des späteren Neugrafenwalde zum Ende des 16. Jahrhundert sowie ein Kretscham, das spätere Anwesen Gericht Nummer 1, erwähnt. Aus der späteren Auflassung des Meierhofes Kaiserswalde entstand 1730 der Ort Neugrafenwalde. Die Bevölkerung von Kaiserswalde war herkömmlicherweise überwiegend als Bauer tätig. Es gab 33 Bauernhöfe und 42 Kleinlandwirte, alle mit ausgezeichneten Feldbau und sogar gepflegten Obstbau.

Jedoch bot seit der Mitte des 19. Jahrhundert die neu aufblühende Industrie Männer und Frauen in steigenden Umfang Arbeit und Brot, sowohl in Fabriken als auch in der Heimarbeit. Der größte Betrieb würdige Firma Adolf Pietschmann oHG. Mechanische Buntweberei, Zwirnerrei, Schlichterei und Appretur, gegründet 1888, mit zeitweise über 350 Betriebsangehörigen. Die Hauptereignisse dieser Fabrik waren Flanelle, Baumwolle- und Wolldecken, Betttücher, Staubtücher, Kinderdecken, Kopf- und Schaltücher, Morgenrockflanelle, Mützenstoffe sowie modische Kleiderstoffe. Gerade die Spezialisierung war die stärkste Seite dieses Unternehmens. Der Verbrauch an Baumwolle -; Schafwolle-, Zellwoll- und Leinengarnen, wie auch Kunstseide, Betrug jährlich bis 350 Tonnen. Die Dampf Kraftanlagen verbrauchten 900 t Braunkohle und 240 t Steinkohle. Das modernste eingerichtete Werk besaß für die Weberei, Rauherei und Ausrüstung eine vollstufige Vorbereitungsanlage mit Zwirnerei, Schlichterei und Spulerei. Es war die bedeutendste vollstufige Rauhwarenweberei in Österreich-Ungarn, die größte in der Tschechoslowakei und mit zwei Dritteln des Gemeindesteueraufkommens der größte Steuerzahler von Kaiserwalde. Der Gründer Adolf Pietschmann (1859-1934) war einer der größten Industriepioniere des Niederlandes und Wohltäter für seine Gemeinde Kaiserswalde. Im Kriegsjahre 1915 errichtete und unterhielt er die Volksküche.

1924 wurde er zum Ehrenbürger ernannt. Nach der Firma Pietschmann folgte an Bedeutung im Ort das Basaltschotterwerk Botzen GmbH mit dortigen Steinbrüchen und Schotteranlagen, zu denen ein besondere Bahngleisanschluß führte, eine kleine Bandweberei und zwei Erzeugungsbetriebe künstlicher Blumen. Kunstblumen wurden wohl in jedem dritten Hausvon Frauen und Mädchen gefertigt. Einige Messerschmiede arbeiteten in Heimarbeit für die Messer- und Stahlwarenindustrie von Nixdorf und Groß-Schönau. Kaiserswalde besaß keine Wasserleitung. In den meisten Häusern und auf den Höfen bestanden eigene Brunnen (Borne) mit Pumpen, die das Quell- oder Grundwasser hochzogen. Es gab öffentliche Gemeindebrunnen mit bestem Trinkwasser. Auf Kaiserswalder Flur lag die Wasserscheide zwischen Elbe und Spree. Die zwei wichtigsten Wege und Straßen waren die von Schluckenau nach Lobendau führende Staatsstraße, die alte „Kaiserstraße“, und der Dorfhauptweg – die Straße über Johannesberg nach Nixdorf, auf den die Verbindungswege der einzelnen Gehöfte und Häuserzeilen mündeten. Eine Haltestelle der Rumburg-Sebnitzer Bahn sorgte für den Eisenbahnanschluss. 1929 wurde eine Verkehrsbusverbindung von Schluckenau über Kaiserswalde nach Hainspach und Lobendau eingerichtet, seit 1938 eine Haltestelle der Reichspostlinie von Dresden nach Rumburg. Kaiserswalde war an das Postamt Schluckenau angeschlossen und gehörte kirchlich zur Pfarrei Schluckenau.

Es hatte zwar eine gegenüber der Volksschule stehende, im Jahre 1884 erbaute Kapelle zum heiligen Jakobus dem Älteren (Namensfest 25. Juli), doch spielte sich der gesamte Gottesdienst, außer den Festgottesdiensten z.B. zum Fest des Ortspatrons in Schluckenau ab. Kaiserswalde hatte ein besonders schönes, schon im Jahre 1822 errichtetes Volksschulgebäude mit vier Klassen. Die ältesten Kinder besuchten die Bürgerschule in Schluckenau. Zentrum des Gemeindelebens war die Festplatzanlage gegenüber dem Gasthof Gericht Nummer 1, wo der Kaiserswalder Christliche-Deutsche Turnverein 1922 eine stattliche Turnhalle erbaut hatte, die er jedoch wegen wirtschaftlichen Schwierigkeiten 1935 an den Schützenverein (früher „Bürgerliches Schützenkorps Kaiserswalde, nach 1920 ‚Verein der Schützenfreunde‘) abgeben musste, der das Gebäude als Schützenhaus betrieb. Das „Schießen“ genannte Schützenfest im Juli jeden Jahres vereinte Alt und Jung in festlichem Treiben. Das „Bürgerliche Schützenkorps“ war übrigens einer der ältesten Vereine der ganzen Landschaft. Entstanden in den Wirren des Jahres 1848 als freiwillige Schützengarde für die Bevölkerung, 1878 als „Schützengesellschaft“ wieder gegründet. 1891 entstand die Schießstätte. 1901 wurde der Name „Bürgerliches Schützenkorps„ verliehen. 1904 hatte der Verein eine Mitgliederzahl von „102 Mann.,4 Offizieren und 1 Hauptmann“. Der Schützenhauptmann war eine der wichtigsten Persönlichkeiten von Kaiserswalde. Kaiserswalder hatte aber auch kein Mangel an sonstigen Vereinen. Die Markung des Ortes war ein beliebtes Jagdgebiet.

Wir können bezüglich näherer Einzelheiten auf die erschöpfend zusammengestellte Monografie von Franz Mautsch über Kaiserswalde hinweisen.

Pirschkenbaude des Gebirgsverein Schluckenau
Der Pirschken, auch Pirsken (tschechisch Hrazený) genannte Basaltrücken ist mit 608 m Seehöhe der höchste Berg im Niederland.  Am Schluckenau zugewandten Nordosthang des Berges wurde von der Ortsgruppe Schluckenau des Gebirgsvereins für das nördlichste Böhmen die Pirschkenbaude oder auch Pirskenbaude erbaut, die am 1. März 1909 eingeweiht wurde.

Die Abteilung Schluckenau des Gebirgsvereins wurde 1886 gegründet und war später mit etwa 580 Mitgliedern die drittstärkste Sektion des Gesamtvereins.
Von 1909 bis 1937 gehörte die Pirskenbaude mit der Hausnummer 325 zu Kaiserswalde. 1937 erfolgte eine Umgliederung und das Flurstück mit der Baude, das bis dato zu Kaiserswalde gehörte, kam nun zu Kunnersdorf. In der Folge wurde im Sommer 1937 eine Fahrstraße von Kunnersdorf (abzweigend von der Bezirksstraße Schluckenau-Zeidler) zur Baude angelegt.

Die Baude war früher beliebtes Ausflugsziel für die umliegenden Gemeinden, 1933 erfolgte der Anbau einer verglasten Veranda, so daß insgesamt 200 Gäste unterkommen konnten.

Wilhelm Pfeifer „Niederlandhefte -Schriftenreihe des Bundes der Niederländer“ S.48/50 – HEFT 9 – 1977
Karl Richter „Geschichte des Niederlandes“ 1960

Heute

Císařský (deutsch Kaiserswalde) ist ein Ortsteil der Stadt Schluckenau.

Pirschkenbaude

Mittlerweile ist nicht mehr viel von der Pirschkenbaude übrig, nachdem das Gebäude bis weit in die Nachkriegszeit noch als Betriebsferienheim genutzt wurde.
Auch der Pirschken selber bietet heute nur an seiner Flanke mit der Ochsensteinaussicht einen beschränkten Rundblick in Richtung Schluckenau. Hier findet sich auch das Bienert-Kreuz.

Pirschkenbaude

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