Lobendau

  • Beitrags-Kategorie:Landkreis Schluckenau
  • Beitrag zuletzt geändert am:10. September 2022
  • Lesedauer:14 min Lesezeit

Geschichte

Die Gemeinde Lobendau grenzte im Norden an das nordöstlichste Dorf des Landes, Hilgersdorf, im Westen an Sachsen. Der Ort hatte eine natürliche Abdachung von Norden nach Süden. In diese Richtung fließt auch der Dorfbach durch den Ort. Der Ort hatte mehrere Teiche. In der Umgebung sind zahlreiche Berge, in Nordwesten der Güttel – oder Richtersberg, hinter diesem der Lerchenberg, an den sich der sächsische Hohwald anschließt. Im Westen ist der Raupenberg, über diesen führte die Straße von Lobendau nach Langburkersdorf in Sachsen. An der Grenze befanden sich das Zollhaus und das Gasthaus zum Raupenberg. Beide Gebäude wurden nach 1945 abgerissen, im Süden der Gerstenberg, auf ihm entstand 1890 ein Ausflugslokal, im Osten der Annaberg mit herrlicher Rundschau über Lobendau und im Nordosten der Joachimsberg. Das schon 1346 benannte Lobendau zählte 1939: 1587 Einwohner und 284 Häuser.

Bis über die Mitte des 19. Jahrhunderts herrschte bei den Wohnhäusern wie in allen anderen Orten des Niederlandes die für die gesamte Oberlausitz typische Bauweise der Lausitzer Umgebindehäuser in Holz vor. Viele Häuser waren mit Stroh bedeckt. Erst zum Ausgang des letzten Jahrhunderts ging man zu Ziegel- oder Steinbauweise über. Viele ehemalige Holzstuben wurden, wenn das Holz morsch oder wurmig geworden war, mit Ziegel versetzt, die Zwischenwände anstatt in Holz auch in Gips erstellt. Die Landwirtschaft war bei ungünstigen Bodenverhältnissen Lebensgrundlage eines Teils der Bevölkerung, die Kartoffeln, Hafer, Roggen und Futterkräuter anbauten. Geflügelzucht und auch Fischzucht waren erwähnenswert. Der Wald bot ärmeren Leuten durch Beeren und Pilze einen kleinen Nebenerwerb. Beachtlich aber waren zuletzt die bodenständige Industrie und das Gewerbe mit drei Kunstblumenfabriken, vier Blumenbestandteilefabriken, vier Blumendrahtfabriken, einer Kartonagenfabrik, zwei Manufakturwarenhandlungen, Schuhfabrik Strobach (heute Kuhstall) und der großen „Ersten Lobendau Band- Flechtwarenfabrik August Rasche“, gegründet 1886 sowie einer weiteren kleineren Weberei B. Müller.

Als eines der ältesten Waldhufendörfer, dessen Gründung auf 1241 zurückgeht und das zum Besitz der Bischöfe von Meißen gehörte, hatte Lobendau schon frühzeitig eine gewisse Bedeutung als Grenzort an der aus dem nördlichen Böhmen nach Dresden über den Raupenberg führende Staatsstraße. Von dieser zweigt eine Straße nach Sebnitz, eine andere nach Hilgersdorf ab. Durch den Ort fließt das im sächsischen Hohwald entspringende „Zalwasser“, das sich bei Niedereinsiedel mit dem Wölmsdorfer kommenden Sebnitzbach vereinigt. In der Mitte des Ortes mündet der Seifenbach ein. Der Name „Seifen“ deutet auf Goldwäscherei hin. Nach dem Aufsatz „Goldbergwerk im Meißner Hochland“ von Dr. G. Pilt entnehmen wir, dass in der Zeit von 1320 bis 1481 in der Gegend von Lobendau Goldwäscherei betrieben worden sein soll, jedoch mit geringem Erfolg. Die Entwicklung des Ortes vollzog sich zuerst entlang des Baches, später entlang der Straße, die von Hilgersdorf durch das Tal nach Ober– und Niedereinsiedel führte. Im östlichen Schnittpunkt dieser mittelalterlichen Kaiserstraße von Prag nach Dresden, die vom Annaberg gegen den Raupenberg das Lobendauer Gebiet durchquerte, liegt der Mittelpunkt des Ortes, der sogenannte Angel. Von hier, wo sich das Gericht, der Pfarrhof sowie zahlreiche Geschäfte befanden, führten entlang des Baches Wege ins Oberdorf und Niederdorf.

Sichtbares Wahrzeichen von Lobendau aber war die herrliche Pfarrkirche. Lobendau gehörte schon im 11. Jahrhundert zur sächsisch-meißnischen Pfarrei Sebnitz-Hohenstein. 1350 wird hier bereits ein Kirchlein erwähnt. Ab 1635 die Oberlausitz endgültig an Sachsen kam, entstand auch bei Lobendau die jetzige Grenze zwischen Böhmen und Sachsen und die Landesgrenzen wurden schließlich auch Grenzen des religiösen Bekenntnis. Lobendau erhielt bald eine Zolleinnahmestelle. Gerade nach dem Dreißigjährigen Kriege setzte eine rege Zuwanderung in den günstig gelegenen Ort ein. Namen wie Hentschel, Schlenkrich, Hampel und Palzer werden als alte Lobendauer Familiennamen angesehen, während die Namen Friese, Haase, Henke und andere auf Zugewanderte deuten. Die Neusiedler schoben sich zwischen die alten Gehöfte und in die Nähe des Dorfbaches. Sie erhielten auch Grundbesitz, der zur Kleinviehhalterung reichte. 1670 wurde der nach Gründung des Bistum Leitmeritz zum Dekanat Hainspach geschlagen. 1674 die Pfarrei Lobendau errichtet, die die Ortschaften Hilgersdorf, Neudörfel, Ober- und Niedereinsiedel, sowie die neu gegründeten Orte Margarethendorf und Karolinstal umfasste. Im 15. Jahrhundert war Lobendau ein Vorwerk unter der Herrschaft der Familie Berka, später unter den Lehensherrn der Herzöge von Sachsen. Im 16. Jahrhundert unter den Schluckenauer Herrschaft der Schleinitz. 1719 wurde die heutige Pfarrkirche vollendet, in einfacher Barockbauweise, unter dem Titel „Maria Heimsuchung“. Im 18. Jahrhundert war Lobendau noch ein Bauerndorf mit dazugehörenden Handwerks- und Versorgungsbetrieben.

Wirtschaft

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts kam es zur Gründung einiger Industriebetriebe, die sich günstig entwickelten und zahlreiche Familien Existenzgrundlage boten. Die für diesen Verhältnismäßigen kleinen Ort Umfangreiche Industrielle Entwicklung setzte mit Beginn des 20. Jahrhundert ein. Zuerst war die Messerindustrie von Nixdorf nach Lobendau gekommen, später die Kunstblumenindustrie. Neben den oben genannten Fabrikbetrieben wurde fast in jedem Haus in Heimarbeit, für die im Orte oder in der Umgebung sitzenden Unternehmer Kunstblumen erzeugt. Man nannte das „Bliemelmachen“. Zum Ende des 19. Jahrhundert hatte Lobendau eine einmalige Chance des Eisenbahnbaus von Hainspach über Lobendau nach Neustadt/Sachsen. Wir wissen nicht genau, ob es der Unaufmerksamkeit der Lobendauer oder ihrem mangelnden Interesse zuzuschreiben war, daß die Bahn schließlich von Schönau über Nieder-Hainspach und Nieder-Nixdorf nach Einsiedel und Sebnitz angelegt wurde. Für Lobendau bedeutete das einen nicht gutzumachenden Nachteil. Den Vorteil hatten insbesondere die Gemeinden Groß-Schönau und Nixdorf.

Kirche

Für das gesamte Niederland gewann Lobendau durch seine Wallfahrtskapelle auf dem Annaberg besondere Bedeutung. Sowohl auf dem Johachimsberg (Auf dem Joachimsberg zwischen Lobendau und Hainspach wurde 1914 ein Kreuzweg mit Kapelle eingerichtet.), als auch auf dem Annaberg stand je eine Kapelle, deren wichtigste jedoch die auf dem Annaberg im Jahre 1777 errichtete war. Die St. Anna-Statue war 1716 von dem Handelsmann Schlenkrich von einer Reise nach Sachsen mitgebracht worden. Sie wurde in Lobendau zum Gnadenbild und die Verehrung der heilige Mutter Anna erfreute sich hier besonderer Beliebtheit. Das Gnadenbild wurde lange Zeit auf dem Johachimsberg aufgestellt, der tatsächlich „Annaberg“ hieß, wohin aber der Weg allezeit beschwerlich war. Deshalb kam es zum Bau einer Kapelle auf der in die Lobendauer Talgegend vorspringenden und leicht erreichbare Anhöhe, die auch von Hainspach aus gut anzugehen oder anzufahren war. Hier wurde das Gnadenbild nach der Vollendung des Kirchleins 1777 von Johachimsberg verlegt und. Auf einem von der Hainspacher Herrschaft gestifteten Altar aufgestellt.

Von da ab hieß der Berg Annaberg und der bisherige Annaberg erhielt wieder den Namen Johachimsberg.

Kriegerdenkmal

Das Denkmal zur Erinnerung an die Gefallenen des I.Weltkrieges wurde neben der Kirche aufgestellt.

Annakapelle

Die Annakapelle war eines der letzten im Geiste des ausklingenden Barocks errichteten Bauwerke unserer Heimat. Ein Kuppelbau mit Kreuzförmigen Grundriss, der 1857 durch einen Anbau erweitert wurde und sein heutiges Aussehen erhielt. Die alte Annakapelle auf dem Johachimsberg brannte 1914 ab. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde hier eine neue Kapelle errichtet, die eine Zierde der Umgebung und Ziel vieler Wanderer war. 1834 wurden auf dem Annaberg die Kreuzwegstationen mit der Lindenalle neben der Gandenkapelle angelegt, 1840 der Ölberggarten mit den Figuren des Leidenden Christus, der kelchbringende Engel, und der drei schlafenden Apostel, desgleichen die Heilig-Grab-Kapelle. Etwa zur gleichen Zeit entstanden die Anlagen auf dem Güttelberg, der ebenfalls ein beliebtes Ausflugsziel wurde. Zur St. Anna-Oktav kamen nahezu 10000 Wallfahrer aus nah und fern, auch aus Sachsen, zum Annaberg. Die Anlage der St. Annakapelle mit Kreuzweg und Ölberg war fraglos landschaftlich der schönste Platz von Lobendau und der weiteren Umgebung. In der Lobendauer Pfarrgemeinde wurde die St. Anna-Figur zum religiösen Kleinod und Gnadenbild und zur Ursache einer sich weit verbreiteten Wallfahrt und beliebten Festfeier für das ganze Niederland. Das alte Amtshaus und Gasthaus am Fuße des Annaberg zeigte mit seiner Geräumigkeit und seiner großen Stallung von dem Regen Durchgangsverkehr, der hier einst geherrscht haben mag. Im Übrigen hatte der Ort 20 größere Bauernwirtschaften, dazu eine gleiche Anzahl kleinerer Landwirtschaften. Es war das große Verdienst und die Lebensaufgabe des am 12.07.1870 in Schluckenau geborenen Dechant Augustin Jakob (ab 1894 Kaplan in Groß-Schönau, dann bis 1909 Pfarrer in Zeidler und bis 1936 Pfarrer und Dechant in Lobendau, verstorben 23.03.1946 Lindenfels/Hessen), die Lobendauer Kirche und den Annaberg zu restaurieren, wieder dies auch mit der Kapelle auf dem Johachimsberg, der Schutzengelkapelle in Hilgersdorf, der Marienkapelle in Magarethendorf und der Dreifaltigkeitskappelle in Neudörfel tat.

Schule

Lobendau hatte schon zur Reformationszeit eine Schule, 1643 wurde ein neues Schulhaus errichtet, das 1790 niederbrannte und wieder aufgebaut wurde. 1891 wurde ein modernes Schulgebäude errichtet, mit einer Schulküche, ebenso einer Turnhalle mit Sportplatz. Die Schule war ab 1893 dreiklassig, zeitweilig mit Parallelklasse. 1920 wurde eine tschechische Schulklasse eingerichtet.

Über dem Raupenberg verlief die alte österreichische Reichsstraße Nr.1 Wien-Prag-Berlin, mit dem K.u.K. Zollamt, mit Gasthaus nach Langburkersdorf.

Wilhelm Pfeifer „Niederlandhefte – Schriftenreihe des Bundes der Niederländer“ S.52/54 – HEFT 9 – 1977
Karl Richter „Geschichte des Niederlandes“ 1960
„Nordböhmische Exkursionsklub“ 1988-1921

Ausklang

Am 8. Mai 1945 wurde Lobendau durch polnische Einheiten, welche unter sowjetischem Oberkommando standen, besetzt.
Kurze Zeit später kamen die gefürchteten Partisanen der Svoboda-Truppen, teilweise in Zivil und auch in Uniform, alle schwer bewaffnet.
Die Partisanen plünderten in allen Häusern auf der Suche vor allem nach Waffen, Schmuck, Wertgegenstände und Alkohol.

Mit den ersten Truppen kamen auch die in der ČSR vor 1938 in Lobendau stationierten Finanzwachbeamten Holowa, Schevela und Picha in den Ort zurück.
Anfang Juni 1945 kam tschechisches Militär nach Lobendau und Hilgersdorf, die Einheiten waren in Hilgersdorf im Lehngericht einquartiert.
Es waren reguläre Truppen, diese Einheiten waren als Grenzwachen gegen Sachsen eingesetzt und hatten vor allem die Aufgabe, eine Rückkehr der vertriebenen Deutschen in die Grenzorte zu verhindern.

Am 26.06.1945 wurden die ersten 500 deutsche Einwohner über Hilgersdorf nach Steinigtwolmsdorf über die Grenze vertrieben.
Im Spätherbst 1946 wurden die letzten deutschen Bewohner in das Aussiedlungslager Schluckenau (Schweidrich) in das Sammel- und Quarantänelager weggesperrt, zur Vorbereitung für Transporte in die BRD und DDR. Sodass sich 1350 deutsche Bewohner von Lobendau sich eine neue Heimat suchen mussten.

Bis 1977 sind 174 Häuser der ehemaligen deutschen Bewohner von Lobendau abgerissen.
Es stehen nur noch die Wahrzeichen des Ortes: Pfarrkirche, die Annakapelle und sonderbarerweise das Standbild des heiligen Johannes.
Selbst das Gericht, früher gesellschaftlicher Mittelpunkt der Gemeinde, und die anderen Gebäude des „Angel“ sind abgetragen.

Heute

Lobendava (deutsch Lobendau) ist eine Gemeinde in Tschechien. Sie liegt fünf Kilometer nordöstlich von Dolní Poustevna im Schluckenauer Zipfel nahe der Grenze zu Deutschland und gehört zum Okres Děčín. Lobendava ist mit seinem Ortsteil Severní (deutsch Hilgersdorf) die nördlichste Gemeinde Tschechiens und der nördlichste Punkt des geschlossenen tschechischen Sprachgebietes.

2005

Bis 2010 sollen PKWs über den Raubenberg fahren. LKWs sind aber auch dann nicht geplant. Doch das Hauptproblem sind die Straßen auf böhmischer Seite.

2016

Das Denkmal zur Erinnerung an die Gefallenen des I.Weltkrieges wurde neben der Kirche aufgestellt, noch immer ohne der Bronzetafel mit den Namen.

2018

Tschechen werben für Grenzübergang zwischen Lobendava und Langburkersdorf aus wirtschaftlichen Gründen. Man erhofft sich davon einen Beitrag zur Belebung des strukturschwachen Schluckenauer Zipfels. Während der Freistaat Sachsen dem Wunsch offen gegenübersteht, lehnt das Neustädter Rathaus den Ausbau der S 159 zur Grenze aus Rücksicht auf die Anwohner ab.

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