Geschichte
Niedereinsiedel, das noch am 4. Juni 1918 von Kaiser Karl zur Stadtgemeinde erhoben wurde, war Ende des 19. Jahrhunderts noch ein kleines Grenzdörfchen mit 1300 Einwohnern und beiläufig 200 Häusern.
Die Bewohner betrieben Feldbau, Weberei und Messererzeugung. Von der alten vor 1471 gegründet „Einsiedel“ nannte man schon im Mittelalter den südlich gelegenen niederen Ortsteil Niedereinsiedel. Er bildete aber mit Obereinsiedel eine einheitliche Gemeinde. Erst von 1569 ab sind getrennte Ortsrichter und Vorsteher nachgewiesen. Im 14. Jahrhundert gehörte der Ort zur Schluckenauer Herrschaft, fiel aber 1566 an die Schleinitze und die Herrschaft Hainspach. Der ganze Ort zieht sich in einem anmutigen Längstal, mit Hauptrichtung von Süd nach Nord, inmitten eines sanft ansteigenden Geländes mit gepflegten Wiesen, Feldern und üppigen Nadelwäldern hin, die in den Jahren 1922/23 allerdings durch den Nonnenfraß furchtbar gelitten hatten.
Gastgewerbe

Niedereinsiedel hatte über 20 Gasthäuser, Hotels, Cafes und Ausfluglokale, „Zum alten Gericht“, „Zum Volksgarten“, „Zur Schänke“, „Zum Stern“, Hotel Maaz, „Zur Hoffnung“, „Zum süßen Löchel“, Güttelbergrestaurant, „Deutsches Haus“, Bahnhofsrestaurant, „Turmhalle“, „Ferdinantshöhe (Bundeshöhe)“, „Arbeiterheim“ sein hier aufgeführt. Schöne Waldwege führten zu idyllisch gelegenen Ausflugplätzen, so ins Charlottental mit dem Waldresturant Haus Nr.202, Philipstal mit dem Wald-Restaurant Haus Nr.141, Franztal, nach der Forellenschänke, nach Sebnitz, zur Grenadierburg, Finkenbaude, zum Tanzplan und anderen Zielen.
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Lage
Im Süden grenzte unsere Gemeinde direkt an die Stadtgemeinde Sebnitz in Sachsen. Durch den Ort zogen sich eine Bezirksstraße und einige breite Gemeindestraßen. Eine Brücke führte in die ganz nahe sächsische Stadt Sebnitz. Die in „Einsiedel„, gemeint war damit lange Zeit sowohl Niedereinsiedel als auch Obereinsiedel und den benachbarten Landgemeinden schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts heimische Kunstblumenindustrie, fand erst nach dem großen Brand des alten Weberstädtchens Sebnitz in Sachsen (1854) auch dort ihren Einzug, dann aber so schnell und so mächtig, dass Sebnitz die weltbekannte Kunstblumenstadt wurde, die sie heute noch immer ist. Niedereinsiedel aber blieb Zentrum der meist in Heimarbeit erzeugenden Industrie für Österreich und die mit ihm Handel treibenden Länder des Balkans. Selbst die Lostrennung von Österreich berührte die dortige Industrie nicht empfindlich, denn für die Erzeugung von künstlichen Blumen und Dekorationsartikel waren nun Amerika und England Abnehmer geworden. Großen Aufschwung brachte zweifellos der Anschluß an das nordböhmische und sächsische Eisenbahnnetz. Unser Ort verdiente ohne Bedenken die gebräuchliche Bezeichnung „Kunstblumenstadt Niedereinsiedel„.
Bevölkerung und Erwerb
Niedereinsiedel hatte zuletzt 2625 Einwohnern und 300 Häuser. Die günstige Lage des Ortes ließ in den ältesten Zeiten Mühlen entstehen, die die Wasserkraft des Ortsbaches ausnutzten. Lange vor 1850 beschäftigten sich die Bewohner mit Papierblumenerzeugung, wie in Nixdorf. Als um etwa dieselbe Zeit in Sachsen ein neuer Zolltarif in Kraft trat, nach welchem auch Blumen- und Schmuckfedern mit hohem Einfuhrzoll belegt wurde, stellten die böhmischen Blumenmacher Ihre Waren in Sebnitz her und mieteten sich dort ein. In der Folge beschäftigte sich die Niedereinsiedeler immer stärker mit der Erzeugung künstlicher Blumen, Blätter und Früchte, während sich in Nixdorf die Metallwarenerzeugung immer mehr entwickelte. So wurde Niedereinsiedel mit der Kunstblumenindustrie und der Erzeugung künstlicher Palmen und Gräser zum Zentrum dieses Zweiges in Nordböhmen. Die Erzeuger bildeten zur Förderung Ihrer Industrie einen eigenen Verband mit dem Sitz in Niedereinsiedel, der vor allem den Wettbewerb mit dem Ausland verfolgte. Mit ungeahnter Geschwindigkeit entwickelte sich Niedereinsiedel in der Zeit von 1900 bis 1914 und hatte 1910 eine Bevölkerungszahl von 3595.




Die Folgeerscheinungen waren die Erweiterung des Ortes durch moderne Bauten und die Entstehung zahlreicher kommunaler Einrichtungen. Durch die Verluste des Ersten Weltkrieges sank die Einwohnerzahl auf 3000 und durch die Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit auf unter 2700. Wichtig war der 1904 errichtete Bahnanschluss nach Nixdorf und seit 1905 nach Sebnitz.
Nach der Statistik von 1941 hatte Niedereinsiedel zwei Bandfabriken, 22 Kunstblumenerzeugungen, eine Blumenbestandteilfabrik, drei Blumendrahtfabriken, drei Kartonagenfabriken, eine Krawattenfabrik, eine Likörfabrik, drei Metallwarenfabriken (Hans Frind), zwei Pappenfabriken, eine Metall-Porzellanfabrik, zwei Spielwarenfabriken; für eine Stadt von nicht ganz 3000 Einwohnern eine ansehnliche Industriebestand. Namentlich aufzuführen sind die Blumenfabriken Carl Seitz & Co. mit über 500 Beschäftigten und Reinhold Petzold & Co. Die Blumenfabriken wechselten in Ihrer Größe in den verschiedenen Zeiten stark. Niedereinsiedel war der Sitz des Kunstblumenverbandes im Hauptverband der Deutschen Industrie (vor 1918 Zentralverband der österreichischen Kunstblumenindustrie, „in der ČSR“ Zentralverband der Kunstblumenindustrie).
Pfarrei, Matriken, Kirche
Die jetzige Niedereinsiedler-Kirche wurde 1855 eingeweiht, nachdem seit 1770 eine Kapelle hier gestanden hatte.

Im Ersten Weltkrieg 1914/18 wurden die Kirchenglocken eingeschmolzen, doch die Gemeinde spendete für neue Glocken, die 1921 am 16. Oktober wieder eingeweiht wurde. Der nächste Weltkrieg kostete wiederum den vertrauten Glockenklang. Beim Herablassen der Glocken für Kriegszwecke stürzte eine davon auf die Stufen am Kirchenportal und zersprang.
Schule
Die erste öffentliche Schule wurde 1760 errichtet, 1876 eine neue einklassige Schule gebaut, 1913 erweitert. 1912 zählte die Volksschule schon sieben Klassen mit zwei Parallelklassen. 1919 wurde in Niedereinsiedel eine zweitklassig tschechische Schule errichtet, 1920 eine Knabenbürgerschule mit Koedukation eröffnet und die siebenklassige Volksschule in eine mit fünf aufsteigenden Klassen, einer definitiven und einer provisorischen Parallelklasse umgewandelt. Die Leitung der Volksschule wurde mit der Bürgerschule vereinigt. 1923 wurde eine gewerbliche Fortbildungsschule errichtet. Das Gebäude der „Bürger- und Fortbildungsschule„ wurde 1922 vollendet, aber 1923 wurde auch ein Schulgebäude (Volks- und Bürgerschule) für die tschechische Minderheit erstellt. Lange Zeit war an der Volksschule der Rektor Josef Herzig/Wölmsdorf (*3. April 1879 – ♰31. Januar 1965 Sangerhausen) bis zur Vertreibung tätig.
Mit der Stadterhebung 1918 erhielt Niedereinsiedel auch ein Stadtwappen verliehen: ein gespaltener Schild. Im rechten goldenen Feld die Hälfte eines goldbewehrten und rotbezogenen Adlers, im linken oberen silbernen Feld drei rote Rosen, im linken unteren roten Feld verschränkt ein silberner Hammer mit einer silbernen Zange.
Heute

Der ganze Zweig der Kunstblumenindustrie unserer Heimat wurde von den Tschechen nach 1945 in dem staatlichen Werk „Centroflor“ zusammengefaßt und noch heute geht seine Produktion zum größten Teil ins Ausland.
Dolní Poustevna (deutsch Niedereinsiedel) liegt in 298 m ü. M. im Tal des Luční potok (deutsch Heimichbach), der hier in den Sebnitzbach (Wölmsdorfer Bach, tschechisch Vilémovský potok) einmündet. Östlich der Stadt befindet sich der 443 m hohe Gipfel des Spálený vrch (deutsch Hillebrand). Dolní Poustevna ist der westlichste Ort des Böhmischen Niederlands, welches auch als Schluckenauer Zipfel bekannt ist und die nördlichste Region der Tschechischen Republik darstellt. Im Westen und Süden befindet sich die Staatsgrenze zu Deutschland.
1992
Aktuelles zur evangelischen Kirche Laut Beschluß der Gemeindevertretung Niedereinsiedel vom 11.Juni 1992 wurde entschieden, das die evangelische Kirsche weder Verkauft noch Vermietet wird. Es wurde ein Antrag der tschechischen Touristen aus Niedereinsiedel auf unentgeltliche Überführung des Gebäudes einschließlich Grundparzelle angenommen. Nach erfolgtem Ausbau wäre für Niedereinsiedel auch endlich ein Ort vorhanden, der für die Veranstaltung von Konzerten, Ausstellungen und Vorträgen genutzt werden könnte.[1]
Heute mit den Ortsteilen: Dolní Poustevna – Horní Poustevna



Die Stadt Dolní Poustevna besteht aus den Ortsteilen Dolní Poustevna (deutsch Niedereinsiedel), Horní Poustevna (deutsch Obereinsiedel), Karlín (deutsch Carolinsthal, auch Karolinstal), Markéta (deutsch Margarethendorf) und Nová Víska (deutsch Neudörfel).
„Niederlandhefte -Schriftenreihe des Bundes der Niederländer“ Wilhelm Pfeifer S.57/58 – HEFT 9 – 1977
„Geschichte des Niederlandes“ Karl Richter 1960
„Die deutschen Heimatführer“ Band 17/18 Sudetenland – Druck 1939
„Aus alter und neuer Zeit Niedereinsiedel“ Josef Herzig 1923
„Heimatkunde des politischen Bezirkes Rumburg“ Anton Hockauf 1885
„Unser Niederland“ – Ausgabe 302 – Juni 1973, S.63 – vgl. Abbildung und Beschreibung von Erhard Marschner
„Unser Niederland“ – Ausgabe 513 – August 1992 – S.255 [1]
„Unser Niederland“ – Ausgabe 559 – Juni 1996 – S.167 [2]
„Unser Niederland“ – Ausgabe 715 – Juni 2009 – S.167 [3]
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