Birkigt

  • Beitrags-Kategorie:Landkreis Tetschen-Bodenbach
  • Beitrag zuletzt geändert am:16. Mai 2024
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Gemeindebereich

Die Gemeinde Birkigt – Gerichtsbezirk Tetschen – bestand aus den Ortschaften Birkigt, Liebwerd und Bachelsdorf. Die erstere gliedert sich in Ober-, Nieder- und Neubirkigt sowie den an der östlichen Gemeindegrenze abseits gelegene Weiler Zigeunerdörfel (Zigeunermühle). Etwas nördlich zwischen Ober- und Niederbirkigt stand seit 1900 in einschichtiger Lage die Villa Bergfrieden. Bachelsdorf wurde in Ober-, Nieder- und Hinterbachelsdorf untergliedert; etwas oberhalb des Ortes befand sich die Waldmühle. Mundartliche Aussprache der Ortsnamen: Birksch, Baxdarf.
Gesamtfläche der Gemeinde: 444 ha (vor der 1898 erfolgten Gebietsabgabe an die Stadt Tetschen: 574 ha).

Ortsgeschichte

Das Gebiet um Birkigt, Liebwerd und Bachelsdorf gehörte stets zum Bereich der Herrschaft Tetschen und blieb auch während der vorübergehenden Teilung derselben im 16. und 17. Jahrhundert unter den Herren von Bünau und den Grafen Thun beim Tetschner Teil der Herrschaft. Es lag immer im Bereich der Handels- und Handwerkerbannmeile der Stadt Tetschen. Im Jahre 1850 kam das Gebiet an den Gerichtsbezirk Tetschen.

Ortschaft Birkigt

Die Ortschaft Birkigt dürfte- wie aus ihrer günstigsten Tallage und ihrem waldhufenförmigen vollbäuerlichen Aufbau zu schließen ist – wahrscheinlich schon im 14. Jahrhundert als deutsches Dorf entstanden sein. Die von Anfang bestehende Untergliederung in Oberbirkigt und Niederbirkigt (gut 1 km entfernt) beruht wohl auf den Geländeverhältnissen. Das auf einer Geländeterrasse oberhalb des Polzenfluß gelegene Oberbirkigt scheint eine dortige ältere Ansiedlung überbaut zu haben (Funde alter Gemäuer beim Hof Nr.1 sowie Flurname Wüstung nördlich des Ortes), wogegen das fast am Polzenufer liegende Niederbirkigt eine Erstsiedlung sein dürfte. Beide Ortsteile besaßen vermutlich anfangs je 6 Höfe, die aber seit der Bünauer Zeit nicht mehr vollzählig vorhanden waren.

Der Ortsname Birkigt wurde sicher wegen der ursprünglich vorhandenen Birkengehölze gegeben, wobei die Silbe -ist eine Gesamtheit darstellt, entsprechend dem benachbarten Ort Stabigt.

Der Ort erscheint erstmals in der Tetschner Stadturkunde von 1478, in der Birkicht genannt wird. In tschechischen Landtafeleintragungen der Jahre 1543 und 1554 taucht die Übersetzung des Ortsnamens auf „w Brezii“ und „w Brzezy“, beides so viel wie „in Birkigt“ bedeutend.

Alle deutschen und auch manche tschechischen Urkunden des 16.Jahrhunderts und der Folgezeit bedienen sich der ursprünglichen deutschen Namensform: byrkycht, Birkicht (1554) u.ä. Die ältesten Nachweise von Familiennamen sind: Zaschke, Renhold und Vogel, Knörre, Beckel, Bruthansel, Hüttl, Winkler sowie Heinzschke.

Ein Tetschner Ratsprotokoll von 1571 bietet die erste Kenntnis über die Größe des Ortes, der damals aus 5 Wirten in Oberbirkigt und 4 Wirte in Niederbirkigt bestand, zuzüglich 2 Häusler. Auch für 1581 ist die Unterteilung in Ober- und Niederbirkigt belegt. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts war durch Aufkauf der Bauerngüter Hietel und Hübner durch die Herrschaft zum Zwecke der Vergrößerung des Meierhofes Liebwerd zunächst eine Verringerung der Ortsgröße eingetreten.

Bald darauf wurden jedoch als Ersatz zwei Gartenwirtschaften aus Gemeindegründen neu angelegt, von denen die in Niederbirkigt befindliche 1771 zu Bachelsdorf geschlagen wurde. Gemäß dem Urbar von 1620 hatten Ober- und Niederbirkigt 10 Bauern und Gärtner sowie die vermehrte Anzahl von 4 Häuslern, zusammen 13 Häuser. Die Wirte hießen: Philipp, Zeischke, Rehnelt’s, Kunert, Hietel, Winkler, Hörnisch, Knorre und Stolze.

Die Steuerrolle von 1654 weist für Bürkicht 14 Häuser nach, nämlich 7 Bauern, 2 Gärtner und 5 Häusler. Letztere waren als Tagelöhner tätig. Der Gärtner Preidel (seit 1630 ansässig) wurde später zu Bachelsdorf gezählt. Die Namen der Bauern waren Großteils die gleichen wie 34 Jahre vorher, außer Hörnisch und Stolze. Der TK von 1713 verzeichnet in Pirkicht 13 Wirte (6 mit 15 bis 30 Strich Acker, die übrigen kleiner) und 7 Häusler, zusammen somit 20 Häuser. Schaller (1787) berichtet von 31 Nummern in Ober- und Niederbirkigt und Sommer (1833) von 39 Häusern mit 233 Einwohnern in Ober und Unter Birkigt.

Bald danach, in den Jahren 1836/38 wurde in Niederbirkigt die Papiermühle bzw. später Papier- und Pappenfabrik mit Holzschleiferei Jordan & Barber, an Stelle einer alten Mahlmühle erbaut. Die Firma war bereits 1820 in Bodenbach als Ölmühle gegründet worden, Betrieb von 1846 bis 1919 außerdem eine amerikanische Kunstmühle, die sogenannte Zigeunermühle bei Oberbirkigt, änderte 1852 ihren Namen in Jordan u. Söhne und bestand als solche bis 1945. Der aus Berlin stammende Firmengründer, Johann Ludwig Jordan, war 1848 Abgeordneter im ersten gesamtdeutschen Parlament in der Paulskirche. Aus der Familie Jordan gingen in den folgenden Generationen hervor: der akad. Maler Porträtist Olaf Jordan (1892-1968 Linköping/Schweden) und der Liebwerder Hochschuldozent Dipl.-Ing. Roland Jordan, bedeutender Forscher der Bienenkunde (1894-1970 Klosterneuburg/Österreich).

Weiteres wurden in Birkigt geboren: Julius Karl Hofmann, Gründer der Klavierfabrik Hofmann & Czerny AG und der Continental-Musikwerke; Ernst Franz Werner, Bildhauer u.a. Schillerdenkmal in Tetschen; Adolf Wilhelm, Meister der griechischen Epigraphik und Altertumsforscher von Weltruf, Univ.-Prof. In Wien, Leiter des österreichischen archäologischen Instituts in Athen.

Zu der ältesten Mühle trat 1884 am Ausgang des Dobrankatales bei Oberbirkigt die „ Zeischkenmühle“ ,die bis 1945 bestand. Nach dem Ersten Weltkrieg bis in die 30er Jahre gab es ferner die chem.-Technik. Fabrik Hellionwerke in Neubirkigt.

Gemäß der Volkszählung von 1869 und 1890 hatte Birkigt 341 bzw. 513 fast ausschließlich deutsche Einwohner. Die wenigen anwesenden Tschechen waren zugewanderte Arbeiter der Papierfabrik. Der Bevölkerungsreichste stand wurde 1930 erreicht (873 Personen). Seit 1888 entwickelte sich am linken Polzenufer gegenüber von Niederbirkigt der Ortsteil Neubirkigt, der im Jahre 1900 bereits 36 Häuser umfasste gegenüber 30 in Ober- und 24 in Niederbirkigt. Die häufigsten Familiennamen in Birkigt waren 1934: Böhm, Hegenbart, John, Marschner und Tröschel, Jordan, Preidel und Zaschke bzw. Zeischke, Ahne, Hietel und Richter.

Meierhof und Ortschaft Liebwerd

Der Meierhof Liebwerd wurde mit dem Erwerb durch den Tetschner Schlosshauptmann Lorenz Vintz im Jahre 1401 urkundlich. Es kann aber als sicher angesehen werden, dass es sich hier um einen viel älteren Wirtschaftshof handelt, der bereits in der Burgmannenzeit (11. bis 13. Jahrhundert) zur Versorgung der Gaubung Tetschen errichtet worden war. Manche Forscher vermuten, dass der Hof identisch ist mit dem alten Vorwerk Plan, doch gibt es dafür keine Beweise.

Am Namen Liebwerd ist das Grundwort „Werd“ völlig klar, welches ein am Wasser gelegenes Gelände, eine Halbinsel oder Insel eines Flusses bezeichnet. In den Orten Birkigt, Bachelsdorf und Kleinwöhlen und Zautig gibt es ebenfalls Geländebezeichnungen dieses Namens, z.B. Zautiger Werd, Polenzwerd. Schwieriger hingegen ist die Erklärung der Silbe „Lieb“, die im Laufe der Jahrhunderte mehrere Varianten durchlaufen hat. Es scheinen zwei Deutungsmöglichkeiten zu bestehen: Entweder liegt ein verkürzter Personenname zugrunde oder aber es handelt sich um eine Ableitung von Lehm, was mit der Bodenbeschaffenheit am Ort in Einklang stünde. Es ist denkbar, das sich aus ursprünglichen „Lemwerd“ oder „Limwerd“ durch Missverstehen der ortskundigen Kanzleischreiber „Liebenwerd“ und schließlich „Liebwerd „ entwickelte, während die Volkssprache daraus „Liewerd“ machte.

In den Urkunden von 1401 und 1407 lautet die Schreibung „Zu Liebenwerde“ bzw. „lieben Werde“. Im 16. Jahrhundert kommen folgende Formen vor: Liewerd 1511/41; Lynnwerd 1518; Lieberd 1575; Vorbergk Lieben Werth 1581; Linwerd/Linnwerd und Liemwerd. Unter dem Einfluss der tschechischen Landtafelschreibung „Linward“ und „w Libenwerdie“ 1543 wurde auch in deutschen Schriftstücken bisweilen die Form „Liewerda“ und „Liebwerda“ gebraucht ( Urbar von 1620 und 1700). In der Müllerschen Karte von 1720, in einer militärischen Karte von 1756 und in der Josefinischen Landkarte 1781/82 steht sodann „Liwerda“, bei Schaller 1787 ; „Liewerda, Liebwerd“ und bei Sommer 1833 „Liebwerda“. Erst in den amtlichen Ortsverzeichnissen des 19. Jahrhunderts wurde endgültig „Liebwerd“ festgelegt. Im Jahre 1511 ging der größte Teil des Meierhofes an einen Matthäus Krombholz käuflich über, der ihn 1541 seinem Schwiegersohn Michel Walter überließ. Um 1575 kaufte die Herrschaft den sogenannten „Krombholzhof“ zurück, verbesserte ihn samt dem alten Schlösschen (Veste) und vergrößerte die Wirtschaftsfläche durch Zukauf von 3 Gomplitzer Bauernwirtschaften und 2 Birkigter Hofflächen von ursprünglich etwa 70 auf 120 ha und im 17. Jahrhundert auf 160 ha (Dominikalkataster 1756: 472 Strich, davon Äcker 422 und Trieschfelder 50 Strich). Nach einem Großbrand im Jahre 1788 erhielten die Wirtschaftsgebädie noch heute bestehende Gestalt mit dem bekannten Wappentieren gestalteten W (Graf Wenzel Thun) über dem Eingangstore.

Im Jahre 1850 stellte der Graf Franz Anton Thun die Meierhofsgebäude zur Unterbringung der ersten deutschen Ackerbauschule in Böhmen zur Verfügung, aus der später die Landwirtschaftliche Hochschule Tetschen-Liebwerd hervorging (1920). Die Meierhofsfelder im Ausmaß von etwa 70 ha dienten fortan der Lehranstalt zu Versuchs- und Lehrzwecken auf den Gebieten Ackerbau, Gärtnerei, Obstanbau usw. Die übrigen Flächen wurden großteils an die Stadt Tetschen für Zwecke der Stadterweiterung verkauft und 1898 zusammen mit anderen Gründen von der Gemeinde Birkigt an die Stadtgemeinde Tetschen abgetreten. Es handelt sich hauptsächlich um das Gebiet der ehemaligen Gomplitzer Bauerngüter. Die Katastralfläche der Gemeinde Birkigt verringerte sich dadurch um 129 ha auf 445 ha.

Nach der Volkszählung von 1880 hatte Liebwerd 8 Gebäude mit 118 deutschen Einwohnern. 1910 wurden 65 und 1930 59 Einwohner gezählt, offenbar ohne die Studenten und ohne die meisten Lehrpersonen, die im Allgemeinen in Tetschen ihren Wohnsitz hatten.

Ortschaft Bachelsdorf

Bachelsdorf dürfte eine Zu Rodung sein, die im 15.Jahrhundert nach den Hussitenkriegen erfolgte, als für großräumige Dorfanlagen kein Platz mehr vorhanden war. Diese Annahme beruht auf der kleinbäuerlichen Struktur und der steilen Geländelage dieses Ortes. Allenfalls kann Niederbachelsdorf älter sein, zumal eine Ortslage daran festhält, dass an Stelle des Hofes Nr.11 einst ein Edelhof gewesen sein soll, der später aufgeteilt wurde. Dies würde die Erklärung für die zum Teil vermengte Felderlager der Höfe Nr.8, 10 und 11 erklären, während Nr.7 und die Oberbachelsdorfer Grundbesitze geschlossene Lagen aufweisen.

Der Ortsname hat mit einem Bach wahrscheinlich nichts zu tun, obwohl dies bisweilen vermutet wurde; wenn dies nämlich zutreffen sollte, müsste der Name „Bachelsdorf „ lauten. Vielmehr scheint ein Personenname, der „Bechl“ oder ähnlich lautet, den Ortsname geprägt zu haben, worauf die alten ziemlich konstant Schreibungen Hinweise. Vielleicht war es ein Träger des Namens „Beckl“, der von 1518 bis 1909 im Ort vorkam, der Gründer des Dorfes. Es kann sich um einen Zuwanderer aus dem Hessischen gehandelt haben, wo im Vogelsberggebiet und in der Wetterau dieser Name bodenständig ist. Die ältesten Nachweise für das Bestehen des Ortes sind die tschechischen Landtafeleintragungen von 1515 und 1543, die „Bechlegowicze“ und „Bechlinowice“ lauten. In deutschen Archivalien des 16. Jahrhunderts taucht „Bechelsdorf“ erstmal 1531 auf und wurde auch 1571 so geschrieben. Im Jahre 1581 erscheint erstmals die Unterscheidung von „Unter- und Niederbachelsdorf“, wo insgesamt 7 Gärtner wohnten. In den Herrschaftsurbaren von 1620, 1624 und um 1700 wurde die Schreibung „Bechelsdorf“ oder Bechelßdorf“ angewandt.

Familiennamen des 16. Jahrhunderts in Bachelsdorf waren: Beckel – 1518, Beutel – 1537, Krombholz – 1540 bis 1570, Walter – 1556, Hietel -1580, sowie Knorre und Kühnel – 1596.

Im Urbar von 1620 gab es in Bachelsdorf die Gärtner Böckel, Fleck, Hietel, Hoffmann, Knorre, Rehnelt’s und Walter sowie einen Häusler Walter. Vier davon (die späteren Nr. 1,3,10 und 11) hatten Fischrechte, für welche sie Zinsen. Auch gemäß der Steuerrolle von 1654 bestanden in „Bechelsdorf“ diese 8 Anwesen. Gemäß dem TK von 1713 war die Zahl der Häusler in „Bächelsdorff“ auf 5 angewachsen(sie waren als Tagelöhner tätig), während die Zahl der Wirte unverändert 7 betrug. Die Müller‘sche Karte von 1720 nennt den Ort „Bachelsdorf „, die Josefinische Karte von 1781/82 „Ober Bachelsdorf „ und „Unter Bachelsdorf „.

In der Schaller‘schen Topographie (1887) sind für Ober- und Niederbachelsdorf 16 Hausnummern angegeben. Die daneben gestellte Ortsbezeichnung „Laxdorf“ beruht offensichtlich auf fehlerhaftem Lesen bzw. Schreiben des mundartlichen „Baxdorf“. Gemäß Sommer (1833) hatte Ober- und Niederbachelsdorf 16 Häuser mit 112 Bewohnern. Im 19. Jahrhundert wurde beim Gut Nr. 1 eine Mahlmühle eingerichtet. Nachdem die Einwohnerzahl des 19. Jahrhunderts stagnierte (1869: 116; 1890: 132 jeweils deutsche Einwohner), verdoppelte sie sich bis 1910. In dieser Zeit entstand als neuer Ortsteil das oberhalb von Neubirkigt gelegene Hinterbachelsdorf. Im Jahre 1942 hatten Ober- und Hinterbachelsdorf 26 Häuser und Niederbachelsdorf 20 Häuser.

Die häufigsten Familiennamen in Bachelsdorf waren 1934: Fritsche, Rasche, Ritschel, Dinnebier, Walter.

Lage

Ober- und Niederbirkigt sowie Liebwerd liegen rechts vom Polzenfluß in etwa 140 bis 240 m Meereshöhe, alle übrigen Ansiedlungen links des Polzen, und zwischen Neubirkigt sowie Nieder- und Hinterbachelsdorf in Tallage (140 bis 170m), Oberbachelsdorf hingegen auf ansteigendem Gelände (220 bis gegen 300m). Die Verbindung nach dem 2 bis 3 km entfernten Tetschen und nach Bensen bildet die vor Mitte des 19. Jahrhunderts als „Kaiserstraße“ erbaute Polzental Staatsstraße.

In den 20.Jahren wurde die Bezirksstraße durch Bachelsdorf nach Stabigt-Kolmen ausgebaut und 1919 bis 1923 die Bezirksstraße nach Hochdobern völlig neu angelegt (Dobrankatalstraße). Die Gemeindestraße zwischen Liebwerd und Niederbirkigt war schon 1858 verbessert worden.

Bodengestalt

Das Gemeindegebiet wird mit Ausnahme der Polzeniederung und deren Weitung bei Liebwerd von einem hügeligen bis bergigen Gelände eingenommen. Im Nordteil gipfelt dieses im Spitzberg (332m), auf dem wegen seiner schönen Aussicht über den Tetschner Talkessel bereits 1883 vom Gebirgsverein die „Jagdhütte“ errichtet worden war, sowie in einigen bis gegen 400m ansteigenden Ausläufern des Schiechenberges. Im Süden erreicht das Gelände ebenfalls 300 bis 400m, doch liegen die Gipfel Laskenberg (420m) und Kolmer Scheibe (441m) bereits in der Gemeinde Kolmen. Der nach Osten den Talabschluß bildende Hutberg (476m) gehört zu den Gemeinden Kleinwöhlen und Habendorf. Alle Berge bestehen aus Basalt oder Leuzittephrit und -basanit. Nach Westen zu ist das Tal offen. Oberhalb Bachelsdorf am Nordrand des Laskenberges befindet sich die weltbekannte Feldspat-Basalt-Steinwand oder Laskenwand. Sie besteht aus mehreren Decken des frühbasaltischen Serie mit reicher Einschaltung von Diatomeenschiefern an der Basis und beinhaltet aquitanische und voraquitanische Flora und Faune (Versteinerungen). Ihr Entdecker ist der Tetschner Bürgerschuldirektor Karl Prinz.

Das Gemeindegebiet wird zu 60% von der Landwirtschaft genutzt, die auf schwerem, lehmhaltigen Boden , teils rötlich gefärbt (Eisen), betrieben wird; zu 30% sind von Wald bedeckt und 10% besiedelt oder felsig. Oberhalb Bachelsdorf kommen Eiben vor. In Liebwerd wurde bis Ende des 19. Jahrhunderts Hopfen angebaut (1870: 3 ha). In Niederbirkigt bei der Fabrik war früher eine Tongrube mit Gipskristallen. Von dort bezogen einst die Tetschner Töpfer Lange Zeit ihr Material.

Das Polzen- , das Bachelsdorfer- und Dobrankatal galten als beliebte Ausflugsziele von Tetschen aus.

Gewässer und Trinkwasserversorgung 

Das Gemeindegebiet wird vom Polzenfluß auf 3,5 km Länge durchflossen, der es in einen größeren nördlichen und einen kleinen südlichen Teil gliedert. Unweit des Eintritts des Polzens in die Gemeinde nimmt dieser von rechts den von Hochdobern kommenden Dobrankabach und bei Oberbirkigt bis zur Papierfabrik in Niederbirkigt ist der Fabrikskanal vom Polzen abgeleitet. Ein zweiter führt vom Zautiger Wehr zur Holzschleiferei beim Ziegeunerdörfel.

Teiche: Bei der Zeischken-Mühle an der Dobrankabachmündung der Mühlteich. In Liebwerd der Hofteich (Fischbehälter). In Oberbachelsdorf bei der Waldmühle der Mühlteich. In Oberbirkigt 2 kleineDorfteiche und außerdem ein Brunnen (Born), der beide Teiche speist. Der Brunnen war vor der Legung der Wasserleitung der einzige Trinkwasserspender für den Ort Oberbirkigt.

Trinkwasserversorgung: Als erster Ortsteil bekam Neubirkigt eine Wasserleitung. Es folgten 1906 Ober- und Niederbirkigt, nachdem die Jordansche Fabrik und der Hof Liebwerd schon früher ihre eigene Wasserversorgungsanlagen hatten, und schließlich 1910 Niederbachelsdorf. In allen Ortsteilen bestanden Wassergenossenschaften.

Flurnamen

Bei Oberbirkigt: Fiebig, John‘s und Rehnelt‘s Sauerwiesel (unterhalb der Doberner Folge), Gelbbüschel, Am Hahnel, Schinderleite , Hungerbache, John‘s Leite, Rehnelt´s Graben, Leinberg, Rehnelt‘s Kiefer, Trebe, Haselweg,Wustung, Wolfsgrube, Am Köchel, Schindergraben, Hohle Brache, Golscht oder Galtsch, In den Birken, Weingartel, Maschkenflur, Triesch in den Birken, Grabenflur.

Bei Niederbirkigt: Gemeindegraben

Bei Bachelsdorf: Auf der Eiche, Bei der Waldmühle, Beim Büschel, An der Sandgrube, Ober der Sandgrube, Polzenwiesen, Kreuzhübel, Natterstein, Glinzborn (unterhalb der Kolmer Kippe), Laskenberg, Lasken- oder Bachelsdorfer Wald, Pfaffenleite, im Hahne, Trischper, Im Neulandel, Grundflur, Maschkenflur, In der Helle, Lerchenbrache, Lehmhübel, Klötzerwinkel, Kohlweg, Zapfengraben.

Bevölkerung und Erwerb

In Birkigt und Bachelsdorf hatten sich die landwirtschaftlichen Betriebe fast ungeschmälert bis 1945 erhalten. Trotzdem waren beide Orte nicht mehr rein bäuerlich, nachdem sie zu beliebten Wohnsitzen von Arbeitnehmern geworden waren. Dies gilt besonders für die zwei neuen Ortsteile Neubirkigt und Hinterbachelsdorf. In der gesamten Gemeinde hatten die Zugehörigkeit der Wirtschaftsbereiches Land- und Forstwirtschaft nur mehr 12,2% Anteil und die Zahl der hauptberuflichen Landwirte betrug 14 (Birkigt 10, Bachelsdorf 4). In der Gliederung nach der Stellung im Beruf entfielen auf Arbeiter (45,4%) sowie Beamte und Angestellte (21,1%) ziemlich hohe Quoten. Diese Arbeitnehmer fuhren größtenteils in die Industrie Tetschen-Bodenbach zur Arbeit. Auch Eisenbahnbedienstete waren stark vertreten. Von den Arbeitnehmern wurde der Großteil der rund 50 landwirtschaftlichen Kleinbetrieben als Nebenerwerb bewirtschaftet. In Birkigt und Bachelsdorf wohnten auch zahlreiche Ruheständler, was in dem hohen Prozentsatz der Selbständigen Berufslosen zum Ausdruck kommt. Bedeutend war in Birkigt der Obstbauer. Nach der Zählung vom Jahre 1900 gab es insgesamt 8500 Obstbäume, von denen 6400 tragende Bäume waren. Auch mehrere Gärtnereien waren anzutreffen, von denen eine Rosen für Parfümeriezwecke züchtete. Der einzige Industriebetrieb war die Papierfabrik Jordan und Söhne, welcher eine Holzschleiferei im Ortsteil Zigeunerdörfel angegliedert war. An der Steinwand wurde ein Schotterwerk betrieben.

Statistik der Gemeinde für folgende Jahre:
1930: 1106 deutsche; 40 Tschechen
1939: 1079 deutsche Bewohner in 165 Häusern
Ortschaft Bachelsdorf: 269Bewohner (10 Tschechen)
Ortschaft Birkigt: 914 Bewohner (30 Tschechen)
Ortschaft Liebwerd: 57 Bewohner

Verkehr, Gastgewerbe, Sport

Nächste Bahnstation: Tetschen; Autobusverbindungen bestand nach Tetschen und Hochdobern. Post: Tetschen

Gastgewerbe in Oberbirkigt: Gasthaus John Nr.1 und seit 1923 Kaffeerestauration „Bergfrieden“; in Niederbirkigt: Gasthaus Marschner Nr.52 und Gasthaus Heller Nr.46; in Liebwerd: Öffentliche Mensa und Restauration in den Hochschulgebäuden (Nr.75); in Bachelsdorf: Gasthaus „Waldmühle“ Nr.1 (Beliebter Ausflugsort) und ein kleines Gasthaus.

Sportanlagen: Turnhalle in der Schule in Niederbirkigt, Turnplatz und Sportplatz.

Pfarrei, Matriken, Kirche

Birkigt, Liebwerd und Bachelsdorf gehörten stets zur Stadtpfarrei St. Wenzel und später hol. Kreuz in Tetschen. Mit dieser waren sie von 1559 bis 1628 lutherisch. Die Matriken für die drei Orte sind wie sämtliche Tetschner Kirchbücher seit 1596 erhalten. Birkigt besitzt eine Ortskapelle gegenüber dem Haus Nr.1 (Gasthaus) in Oberbirkigt, die anlässlich der Verschonung von einer Choleraepedemie 1830 bis 1831 aus Spende der Einwohner errichtet wurde. Die in den hölzernen Doppelzwiebelturm der Kapelle befindliche Glocke wurde 1921 erneuert, nachdem ihre von 1700 stammende Vorgängerin (ursprünglich Dorfglocke an einem Baum) im Ersten Weltkriege eingeschmolzen worden war. Die vor der Kapelle stehlende Matthäusstatue vom Tetschner Bildhauer Franz Preiß hatte sich bis 1821 an der Tetschner Kreuzkirche befunden. Eine weitere kleine Kapelle stand in Liebwerd. Birkigt beging alljährlich das Tetschner Kirchenfest am 14.September (Kreuzerhöhung). Anschließend an die Messe in der Dorfkapelle fanden kleine Volksbelustigungen mit Karussell, Schießbuden und Tanz statt.

Der Friedhof von Birkigt wurde 1900 angelegt; vorher erfolgten die Beerdigungen in Tetschen.

Schule

Volksschule: Birkigt, Liebwerd und Bachelsdorf waren ursprünglich nach Tetschen und ab 1748 nach Altstadt eingeschult. Im Jahre 1869 erhielt Birkigt eine eigene Schule, die 1890 zweitklassig und 1904 dreiklassig wurde. 1910/11 entstand ein neues Schulgebäude in Niederbirkigt. Nach vorübergehender Zweiklassigkeit in der Zeit der ersten ČSR wurde die Schule 1938 wieder dreiklassig. Nach Aufhebung des Tetschner Töchterpensionates hielten Schwestern der Christlichen Liebe im Jahre 1940 in der Villa „Bergfrieden“ Sprachkurse ab.

Landwirtschaftliche Hochschule Tetschen-Liebwerd

Im Jahre 1850 wurde in den Verwaltungsgebäuden des Thunschen Meierhofes Liebwerd die erste deutsche Ackerbauschule Böhmens eröffnet. Sieben Jahre später wurde unabhängig davon die Höhere landwirtschaftliche Lehranstalt Liebwerd gegründet und im Jahre 1879 die niedere Ackerbauschule nach Böhmische Leipa verlegt. Das Jahr 1900 brachte die Hebung der Liebwerder Anstalt zur Königlichen Böhmischen landwirtschaftlichen Landesakademie und 1920 zur Landwirtschaftlichen Abteilung der Deutschen Technischen Hochschule Prag, welche die Möglichkeiten für ein volles achtsemestriges Studium bot. Nach dem Anschluss kam es 1939 zur Verselbständigung der Anstalt als Landwirtschaftliche Hochschule Tetschen-Liebwerd. Das Schulgut umfaßte 83ha Fläche sowie einen spezialisierten botanischen Garten ( weiteres bei Stadtgemeinde Tetschen). Viele Jahre hindurch bis 1945 war Dr. Josef Ott Verwalter sämtlicher Hochschuleinrichtungen.

Verwaltung

Als deutsches Rodungsdorf war Birkigt ursprünglich mit einem Erbgericht ausgestattet, das mit dem Bauerngut und der Schenke Nr.1 in Oberbirkigt verbunden und dem Tetschner Stadtgericht unterstellt war (Nachweis 1487); auch Bachelsdorf gehörte zum Gericht Birkigt. Im Jahre 1654 besaß ein gewisser Philipp das Richtergut.

Bei der Bildung der modernen Verwaltungseinteilung kamen Birkigt, Liebwerd und Bachelsdorf 1849 zunächst zur politischen Gemeinde Altstadt und wurden erst 1873 eine selbstständige Gemeinde. Das Gemeindehaus mit Glockentürmchen entstand 1898 in Niederbirkigt. Gemeindevorsteher bzw. Bürgermeister von Birkigt waren seit 1918: Franz Laube, Franz Fister, Emil Preidel, Franz Preidel und Friedrich Marschner. Bis 1889 hatte Bachelsdorf einen Ortsvorsteher. Gemeindepersonal: 1 Wachmann

Die elektrische Beleuchtung wurde in Birkigt teilweise bereits 1883 durch Initiative der Firma Jordan eingeführt. Nach dem Ersten Weltkrieg entstanden die Lichtgenossenschaften Nieder- und Neubirkigt, Oberbirkigt und Niederbachelsdorf. Die Lichtgenossenschaft Oberbirkigt und Niederbachelsdorf wurde 1917 durch besondere Initiative des damaligen Gastwirtes Josef John sen. (Oberbirkigt) ins Leben gerufen.

Kulturpflege und Vereinsleben

Vereine: Arbeit-Theater-, Gesang- und Musikverein, Gesangsverein „Arion“ seit 1886, Arbeiter-Turnverein „Lasalle“, Deutscher Turnverein seit 1909, Freiwillige Feuerwehr seit 1886, Notschlachtungsverein, Ortsgruppe des Bundes der Deutschen seit 1898, des Vereins „Freidenker“seit 1910, des Vereins „Kinderfreude“ , Freiwillige Feuerwehr Liebwerd seit 1869, Landwirtschaftliche Kasino seit 1897.

Brauchtum: Die Birkigter und Bachelsdorfer Landwirte nahmen am Osterreiten des Kirchensprengels Tetschen teil. Sie ritten zuerst nach Altstadt, von dort mit den Tetschnern und Altstädtern nach Losdorf und schließlich zurück nach Tetschen.

Sonstiges: Gemeindebücherei mit etwa 1000 Büchern.

Sehenswertes 

Beachtliche Gebäude: Papierfabrik Jordan sowie Villa „Bergfrieden „ der in Łódź tätigen Industriellenfamilie John aus Birkigt (erbaut 1900) und mehrere Bauernhäuser in Fachwerkbauweise. Kriegerdenkmal für die Opfer des Ersten Weltkriegs, errichtet 1928. Wegekreuze und Statuen: Hieckenkreuz; Villa-Kreuz von 1787, Florianstatue von 1788 zwischen Liebwerd und Niederbirkigt, Steinsäule mit Bildstock aus dem 18.Jahrhundert bei Gasthaus Nr.52, Johnkreuz, Gemeindekreuz von 1849 in Niederbirkigt.

Nachwort (Ausklang)

Die Kriegsverluste der Gemeinde Birkigt betrugen – soweit feststellbar- 44 Gefallene und Vermisste, das sind 8,5% der männlichen Einwohner von 1939. Die Ortschaft Birkigt mit Liebwerd hatte 30 Tote, die Ortschaft Bachelsdorf 14 Tote zu beklagen. Im Jahre 1959 lebten rund 60% der ehemaligen Einwohner in der Bundesrepublik Deutschland und knapp 40% in DDR.

Heute

Die tschechische Gemeinde Březiny (deutsch Birkigt) bestand außer dem Ort Březiny selbst auch aus Libverda (deutsch Liebwerd), Bechlejovice (deutsch Bachelsdorf), Folknáře (deutsch Falkendorf), Horní Chlum (deutsch Kolmen), Dolní Chlum (deutsch Stabigt) und Kamenicka (deutsch Steinbach) und hatte 1961 insgesamt 1.161 Einwohner. Auf Březiny (deutsch Birkigt) entfielen dabei 579 und auf Bechlejovice (deutsch Bachelsdorf) 204 Personen. Heute sind alle Orte in die Stadt Děčín (deutsch Tetschen) eingemeindet.

[wp-svg-icons icon=“book“ wrap=“i“] „Tetschen-Bodenbach – Heimatverband Kreis Tetschen-Bodenbach“ (Hrsg.) „Heimatkreis Tetschen-Bodenbach. Ein Buch der Erinnerung“ – 1969
[wp-svg-icons icon=“book“ wrap=“i“] „Alfred Herr – Heimatkreis Tetschen-Bodenbach: Städte und Gemeinden“ – Heimatverband Kreis Tetschen-Bodenbach e.V.“ 1977 – S.306-313
Die deutschen Heimatführer“ Band 17/18 Sudetenland – Druck 1939

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