Geschichte
Stadt Sankt Georgenthal / Georgental
Der Ort liegt in einer Höhe von etwa 455 m an der Straße von Warnsdorf –Niedergrund–Obergrund–Teichstatt unweit der Kreuzung mit der alten Kaiserstraße Prag-Rumburg.
Die Gründung von Georgental hängt mit der Burg Tollenstein zusammen. Bereits im 13. Jahrhundert machten einige deutsche Siedler das Land urbar. 1485 gab König Wladislaw in Kuttenberg dem seinerzeitigen Besitzer des Tollensteins, Hugo von Schleinitz, die Erlaubnis, „allerlei Bergwerk“ auf den Gründen der Herrschaft Tollenstein zu betreiben. 1539 gründete Georg von Schleinitz das „ Bergstadtel St. Georgenthal“ und verlieh ihm das Marktrecht. Die Erhebung zur Stadt erfolgte durch kaiserliche Entschließung vom 18.12.1587. Ein in der Darstellung etwas kompliziertes Stadtwappen war dem Ort durch kaiserliche Entschließung vom 1.8.1571 verliehen wurden: Im roten Schild auf grünem Boden ein offenes schwarzgefugtes silbernes Zinnentor, aus dessen Zinnen wachsend ein linksgekehrter, mit dem Schnabel sich in die Brust verbeißender, den Hals von einem eisernen Pfeil schräg rechts durchbohrter silberner Schwan mit ausgebreiteten Flügeln; das Tor beseitet von zwei anstoßenden schwarzgefugten silbernen Türmen, an dem rechten ein golden beringtes rotes, am linken ein Gold beringtes blaues Jagdhorn an goldener Schnur hängend. Vor dem Tore auf einem nach links springenden silbernes Ross mit roter Satteldecke der silbern beharnischte und -behelmte Heilige Georg, den Helm bedeckt mit drei (silbern, rot, silbern) Straußenfedern, mit der rechten eine silberne Lanze dem unter den Hinterhufen des Rosses aufgemacht Rücken liegenden Drachen in den feuerspeienden Rächen stoßend.
Man fand an einer Fensterbank eines nördlichen Turms der Ruine Tollenstein folgende Denkschrift: „Georg heiß ich unschlüssig ins Tal, das Stadel soll heißen St. Georgental. Anno 1554“.
Dieser Ort war durch den Bergbau geprägt. Die von Freiburg und aus dem Harz herbeigerufenen etwa 30 Bergknappen bauten östlich des Städtchens am Hang des Kreuzberges silberhaltigen Bleiglanz und Zinkblende ab. Der Bergbau erreichte zu Anfang des 17. Jahrhunderts eine gewisse Blüte, wurde aber im 19. Jahrhundert nach einem letzten Versuch 1883-1888 wegen zu geringen Ertrags eingestellt. Das malerische, am Fuße des Kreuzberges gelegene Städtchen hat sich im Verlauf der Jahrhunderte nur wenig verändert oder vergrößert. Die kleinen an rechtwinklig angeordneten Gassen gelegenen Häuser waren zentral um einen viereckigen Marktplatz mit einer kleinen Kirche angeordnet.
1654 hatte Georgental rund 120 Häuser, 1843 schon 246 und 1910 249. Die Zahl der Einwohner stieg von 1863 im Jahre 1843 auf 2179 im Jahre 1910 an. Stand im Jahre 1939: 2134 Einwohner und 272 Häuser.
Georgental hatte nur wenige Industriebetriebe. Nur am Ortsrand hatten sich zwei mechanische Webereibetriebe niedergelassen, darunter eine Samtfabrik. Die Einwohner waren zum großen Teil in den Fabriken der nahen Orte Niedergrund und vor allem Warnsdorf beschäftigt. Die 1894 als Konfektionswerkstätte gegründete Firma Reinhold Knobloch entwickelte sich zu einer Fabrik für Damen-Oberbekleidung mit eigenen Spezialmaschinen. Gerade dieser Firma gelang es, nachdem Vertreibung in Hannover einen beträchtlichen Betrieb für die Herstellung von Damenmäntel und Kostümen aufzubauen. Im Jahre 1919 gründete Ernst Clar, befreundet und vermutlich auch durch Anregung des Herrn Josef Johann Hossner eine Glasperlenerzeugung, mechanische Glassteinschleiferei und Glasschmuckwarenhandlung in St.Georgenthal, Bahnhofstraße 259 und 215. Der Fabrikneubau wurde modernst eingerichtet und bald durch Zubauten erweitert. Bis 1945 wohnte Familie Clar in Warndorf, VI. Bezirk, Wiener Straße 801.
Es gab in Georgental außerdem 2 Webereien, 1 Zementwarenerzeugung, 12 Gasthäuser – Gasthof „Ermlich“ und die üblichen Kleinhandelsgeschäfte.
Georgental hatte ein Postamt, die Bahnstation Grund-Georgental und Autobusverbindungen nach Warnsdorf und Kreibitz. Es hatte eine sechsklassige Volksschule (von einer Schulgründung ist schon 1719 die Rede), einen Kindergarten mit Tagesheimstätte und ein Waisenhaus.
Die Stadtkirche zur Allerheiligsten Dreifaltigkeit wurde von 1590 bis1612 erbaut und war eine Sehenswürdigkeit. Die Kirche auf dem Kalvarienberg oder Kreuzberg wurde im Jahre 1783 erbaut und diente als Wallfahrtsort. Neben dieser Kapelle war ein Schwesternkloster der Karmeliterinnen. Zur Seelsorge der Pfarrkirche gehörte auch die Wallfahrtskirche auf dem Kreuzberg, die Hauskapelle im Schwesternkloster, die Orte Tollenstein, Innozenzidorf, Tannenberg, Kreibitz-Neudörfel, Teichstatt. Die Matriken wurden seit 1651 geführt. Sehenswert war das ehemalige Silberbergwerk, das Rathaus mit seinem Stadtwappen, an der West- und Südseite der Stadtkirche eingemauerte Steinkugeln und Löwengesichter, die wahrscheinlich von der Burg Tollenstein stammten, dann der Kreuzberg und vor allem die Burgruine Tollenstein. Die Geschichte der Burg Tollenstein, eines 670 m hohen Felskegels, geht bis in das 10. Jahrhundert zurück. Bis 1116 war es eine Holzfeste. Matthias Berka ließ eine neue Burg mit Mauern und Türmen erbauen. Spätere Besitzer waren die Berka1400-1464, die Wartenberge 1464-1471, Albrecht Herzog von Sachsen, der 1475 eine Landaufnahme durchführen ließ, 1471-1485, die Schleinitze 1485-1586, die Familie Strehlitz 1586-1600, die auch die Stadtkirche von St. Georgental erbauen ließ. Stark von Starkenfels besaß die Burg von 1600 bis 1602, Kinsky 1602-1637, Löbel und Grünburg 1637-1650, die Grafen Pötting 1650-1681, die Fürsten von und zu Lichtenstein 1681-1923. 1337 wurde die Burg von den Zittauern (Lausitzer Sechsstädte) erstürmt und niedergebrannt. Wenzel von Wartenberg baute sie ansehnlicher wieder auf und ließ sie stärker befestigen. 1426 entbrannte zwischen der Stadt Zittau und dem Tollenstein eine heftige Fehde und 1463 wurde die Burg belagert und erobert. 1469 erneut belagert. Im Zuge dieser Kämpfe wurden die umliegenden Orte ebenfalls völlig zerstört. Gerade in der vom Herzog von Sachsen angeordneten Landaufnahme von 1475 sind die Orte St. Georgental, Niedergrund und Obergrund mit nur wenigen Einwohnern aufgeführt und viele Anwesen als zerstört erwähnt. 1642 wurde die Burg neuerlich von den Schweden unter Wrangel beschossen und niedergebrannt und dann nie mehr aufgebaut. Heute sind nur noch die Mauern der ehemaligen Feste erhalten, die im 19. Jahrhundert als Touristenattraktionen erster Klasse erschlossen wurde und durch Errichtung eines Gasthauses den Wanderern „lohnendes„ Ziel bot. Der letzte als „Ritter“ bezeichnete Bergwirt Johann Münzberg unterhielt hier ein kleines Burgmuseum mit ehemaligen Ausrüstungsgegenstände- und Einrichtungsgegenstände der Burg, Waffen und anderem Gerät (♰ 1977 in St. Georgental).
- Jahngedenkstein
- Kaiserjubiläumsstein
Von St. Georgental konnte man im kurzen Ausflug auf den 799 m hohen Tannenberg gelangen, der im Jahre 1891 durch den „Gebirgsverein für das nördlichste Böhmen“ ein 23 m hoher steinerne Aussichtsturm erbaut.
Am 13. September 1891 wurde der Turm auf dem Tannenberg geweiht. Er kostete 52 000 Gulden. Errichten ließ ihn die Sektion Georgenthal des Gebirgsverein für das nördlichste Böhmen. Den Plan entwarf Ingenieur Stoupa/Warnsdorf, die Ausführung lag in den Händen von Baumeister Eiselt/Schönlinde. Fürst Heinrich als Grundherr unterstützte den Bau, um dessen Zustandekommen Oberförster Michel/Falkenau Verdienst hatte. Das Prager Bodenamt enteignete später den Turm.
Zur gleichen Zeit ließ Fürst Ferdinand Kinsky neben dem Turm ein Bergrestaurant errichten. Ebenso konnte man zur Burgruine Tollenstein mit der erwähnten Sammlung alter Gegenstände aus den Trümmern, zur Talsperre Oberkreibitz, nach der 790 m hohen Lausche und der fünfflügeligen Windmühle in Lichtenberg wandern.
Georgental war bekannt durch sein alljährlich stattfindendes Kreuzbergfest, zu dem sich viele Menschen und Prozessionen aus nah und fern einfanden. Zu der schönen Wallfahrtskirche auf dem 565 m hohen Kreuzberg führte von dem Städtchen steil zur Höhe ein Stufenweg mit 12 Kreuzwegstationen, auf denen in Relifbildern die Leidensgeschichte naturalistisch dargestellt war. Zum Kreuzbergfest versammelten sich Hunderte von Andächtigen zum Gottesdienst und begannen ihre Wallfahrt schon von der Talsohle, mit dem Anstieg des Kreuzweges. Es war ein großes Wallfahrtsfest des Niederlandes. Am Waldrand in Richtung Kleinsemmering stand ein Gasthaus zur Labung der Pilger und Wanderer, aber in der Zeit des Festes waren hier, besonders in Richtung Tollenstein, zahlreiche Marktbuden und Verkaufsstände aufgebaut. Es bedarf keiner besonderen Erwähnung, dass man vom Kreuzberg aus einen herrlichen Blick aufdrehen mehr als 1000 m tiefer liegende Stadt hatte. Über den Kreuzberg führte ein schöner Wanderweg südwärts gerade zum Tannenberg (779 m), dem weithin sichtbaren, dicht bewaldeten Bergkegel, auf dessen Berggipfel sich ein Gasthaus und ein Aussichtsturm befanden, von dem man eine herrliche Aussicht über die Lausitzer Gebirge und die Kreibitzer Berge bis in das Elbsandsteingebirge und weiter in das Niederland nach Norden hin hatte.
Das Waldtheater am Görnerradl in Grund-Georgenthal. Diese idyllisch gelegene Naturbühne fasste ca. 1500 Besucher und wurde im Sommer von Juni bis August auch vom Theaterfreunden aus Warnsdorf und dem nahen Sachsen besucht. Gegründet wurde es 1928 und bis Sommer 1938 als Sommertheater genutzt. Mit dem Anschluß an das Reich war auch für das „Görnerradl“ das Ende gekommen. Es wurde nie mehr gespielt, die Anlage zerfiel.
Nach dem Kriegs Ende lebten noch am 12. August 1945 in St. Georgenthal 1058 Sudetendeutsche und 204 deutsche Antifaschisten. Dann wurde das ehemalige Kriegsgefangenenlager Warnsdorf „Eiche“ in ein Internierungslager für Deutsche umgewandelt.
Nebenlager: Betriebsgelände der Firma Anton Schulze Jr. Lager I / II St. Georgenthal
Das Unternehmen Ernst Clar arbeitete 1945 weiter unter den neuen Machthabern und soll damals von dem ehemaligen Betriebselektriker Karl Salomon aus Innozenzidorf 22 geleitet worden sein.
Heute
Die Stadt hatte vor 1945 etwa 2500 Einwohner; nach der Vertreibung der deutschen Bevölkerung sank die Einwohnerzahl auf heute knapp 600, und der Ort verlor das Stadtrecht.
August 1992 hatte die Gemeinde noch 620 Einwohner.
Nach dem zweiten Weltkrieg und nach der Vertreibung der Deutschen waren beide Objekte auf dem Tannenberg über 40 Jahre hindurch völlig dem Verfall preisgegeben. Auch das Denkmal, welches zum Gedenken an Friedrich Schiller im Jahre 1905 durch die Ortsgruppen des „Gebirgsvereines für das nördlichste Böhmen“ gesetzt wurde, blieb nicht verschont. Das Relief des Dichters wurde mit Gewalt aus dem Denkmal-Stein herausgebrochen, das Bildnis als Souvenir zu veräußern. Die einzelnen Steine, auf denen noch die alten deutschen Namen der ehemaligen Ortsgruppen Rumburg, Warnsdorf, Schluckenau, Schönlinde, Kreibitz, Khaa, Altehrenberg, Hainspach u.a. zu lesen sind, liegen jedoch wirr durcheinander um das Denkmal. Die Ruine des vom Einsturz bedrohten und inzwischen 102 Jahren alten Turmes und des Gebäudes wurden seit dem Jahre 1992 wieder aufgebaut, zum Teil aus noch verwendbaren Baumaterial. Eröffnet wurde der Aussichtsturm am 3.Juli 1993 für die Besucher des Tannenberges.
Jiřetín pod Jedlovou (deutsch Sankt Georgenthal) ist eine Gemeinde im Bezirk Okres Děčín, Ústecký kraj, in Tschechien.
„Niederlandhefte -Schriftenreihe des Bundes der Niederländer“ -Wilhelm Pfeifer S.19/20 – HEFT 9 – 1977
„Geschichte des Niederlandes“ – Karl Richter 1960
„Heimatkunde des politischen Bezirkes Rumburg“ – Anton Hockauf 1885
„Die deutschen Heimatführer“ – Band 17/18 Sudetenland – Druck 1939
„Unsere Niederland„ – Ausgabe November 1992 – S.358/359
„Unser Niederland“ – Ausgabe März 1996 – S.76
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