Steinschönau

  • Beitrags-Kategorie:Landkreis Tetschen-Bodenbach
  • Beitrag zuletzt geändert am:10. Mai 2023
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Stadtbereich

Die Stadtgemeinde Steinschönau – Gerichtsbezirk Böhmisch-Kamnitz – bestand aus den Ortsteilen Obersteinschönau mit den innerörtlichen Untergliederung: Marktgebiet, Kirchengebiet, Lerchendörfel, Teichstatt oder „Suse“ und New York I, II und III sowie Niedersteinschönau mit den Untergliederungen Sandberg I und II und Neue Welt.
Mundartliche Aussprache des Ortsnamens: „Steenschiene“ oder „Schiene“.
Gesamtfläche der Gemeinde: 814 ha

Lage

Das Siedlungsgebiet der Stadt Steinschönau liegt in 370 bis 570 m Meereshöhe an der Staatsstraße von Böhmisch-Kamnitz nach Haida, die als „Kommerzialstraße“ 1826 bis 1828 neu angelegt worden war. Die zuvor bestandene alte Straße führte von Böhmisch-Kamnitz über Nieder-Preschkau nach Steinschönau. Weitere damals geschaffene Straßenverbindungen: 1833 nach Ober-Preschkau, 1836 nach Ullrichsthal und Meisterdorf, 1848 nach Sonneberg und 1848 nach Niedersteinschönau direkt nach Oberkamnitz und Böhmisch-Kamnitz. Die Straßenentfernung von Steinschönau nach Böhmisch-Kamnitz beträgt 5 km, nach Tetschen 20 Straßen- bzw. 26 Eisenbahnkilometer, nach Haida 7 Straßenkilometer.

Bodengestalt

Das Gemeindegebiet von Steinschönau ist fast durchwegs gebirgig. Der tiefste Punkt liegt an der Gemeindegrenze gegen Oberkamnitz und Nieder-Preschkau bei 350 m, der höchste Punkt nordöstlich der Stadt am Steinschönauer Berg mit 642 m (Gipfel liegt in der Gemeinde Ober-Preschkau). An ihn schließt nach Südosten zu die Parchen-Scheltener Höhe mit dem Herrnhausberg an (595 m). Weiters folgen im Süden die Höhe von Oberwald (586 m) an der Lehne des schon im Kreis Böhmisch-Leipa gelegenen Wolfsberges oder Sonnenberges, wegen der dicken Basaltsäulen bisweilen auch Steinberg genannt (634 m), im Südwesten die Anhöhe des Sustrich (580 m) mit Olivin-Vorkommen und im Westen der zur Gemeinde Oberkamnitz gehörende Forstberg (591 m). Der Sage nach soll auf dem Sustrich einst eine kleine Burg gestanden haben. Durch die genannten Gipfel, die durchwegs aus Basaltgestein bestehen, wird Steinschönau hufeisenförmig eingerahmt und nur nach Norden zu gegen Nieder-Preschkau und Oberkamnitz öffnet sich das Tal; an dieser Stelle, die ein Berührungspunkt zwischen dem eruptiven böhmischen Mittelgebirge und dem Elbsandsteingebirge ist, ragen die Sandsteinfelsen der „Hölle“ auf.
Der Herrenhausberg (früher Kalvarienberg und Kreuzberg genannt, letzteres belegt 1793) stellt eine geologische Berühmtheit dar. Der den Gipfel krönende Herrenhausfelsen setzt sich aus unzähligen regelmäßig geformten, im Querschnitt vier- bis sechseckigen, bis 20 cm dicken, 10 bis 15 m hohen Säulen aus kristallinischem, dichten Strombasalt zusammen. In der Literatur ist bisweilen von „Basaltorgeln“ die Rede. Sie waren ursprünglich von Erde überdeckt, und der heutige Anblick ergab sich erst durch jahrzehntelangen Abbau. Seit 1910 ist dieser untersagt (Naturschutz). Hinsichtlich Höhe und Zierlichkeit erinnern die Säulen an gleiche Gebilde der berühmten Fingalshöhle auf der Hebrideninsel Staffage. Dem Namen „Herrnhaus“ liegt die in der Volkssprache entstandene Bezeichnung „Gehörn“ zugrunde, die im Tetschner Gebiet mehrfach für schroffe Felsbildung gilt; mit einem „Herrenhaus“ hat es somit nichts zu tun. Die Lage des Berges nahe bei Parchen hat gelegentlich zur Vermutung geführt, er befindet sich im Gebiet dieser Gemeinde. Zu dem Irrtum trug bei, dass die obersten Häuser von Steinschönau als Ortsteil auch „Parchen“ hießen.
Sämtliche vorgenannten Gipfel im Umkreis von Steinschönau bieten lohnende Fernblicke. Am leichtesten zu erreichen sind der Herrnhausberg, der Sustrich (mit Schutzhütte und Sonntagsrestaurantion seit 1890) und der Oberwald. Letzterer wurde seit 1900, als dort eine Gaststätte mit Aussichtsturm und Waldpark entstand, zusammen mit dem vorgelagerten Bachhübel ein beliebtes Ausflugsziel von Steinschönau. Der Steinschönauer Berg ist seit 1886 auf einem bequem angelegten Wege in 1 Stunde vom Marktplatz aus zu erreichen.
Das Gesamtgebiet der Gemeinde wird zu rund 75 % von landwirtschaftlichen Flächen eingenommen; etwa 17 % sind Wald und der Rest entfällt größtenteils auf besiedeltes Gebiet. Von den Forsten gehörten der größte Teil mit 62 ha der Stadt und der kleinere Teil mit etwa 35 ha zur Kinsky‘schen Domäne Böhmisch-Kamnitz, die in Steinschönau einen der Oberförsterei Ober-Preschkau unterstellten Förster hatte.

Gewässer und Trinkwasserversorgung 

Das Gemeindegebiet wird vom Steinschönauer Bach entwässert, der südlich von Obersteinschönau auf den Höhen bei Oberwald entspringt, im Mittelort ein vom Steinschönauer Berg kommendes Bächlein aufnimmt und schon außerhalb des Gemeindegebietes in den Preschkauer Bach fließt, der seinerseits in Oberkamnitz in den Kamnitzbach mündet.
Teiche: Oberhalb von Steinschönau befindet sich der Fischteich und der Badeteich. In Niedersteinschönau liegt der Mühlteich und ein zweiter kleiner Teich. Trinkwasserversorgung: In Obersteinschönau wurde bereits vor dem Ersten Weltkrieg durch eine Genossenschaft eine private Wasserleitung für rund 100 Abnehmer gebaut, die in den 30er Jahren von der Stadt übernommen wurde. Die übrigen Häuser von Steinschönau besaßen zumeist Hausbrunnen mit Pumpe oder Motorpumpen.

Flurnamen

Die nachstehende Aufzählung enthält teils auch Flurnamen aus älteren Quellen (z. B. Ruhe von 1652), die nicht bis 1945 gebräuchlich waren.
Pahlens Loch, Zollrad, Buttermilchstein, Elend, Büschel, Forstkoppe (schon in der Gemarkung Oberkamnitz), Querweg, Klötzerweg, Pechelhübel, Kampfweg, Aue, Roschigs Berg, Zeldners Berg, Dick‘n Motzens Gründe, Große Wiese unterm Forste, Schießstätte, Hölle, Auf der Lehm, Schenkenloch.

Bevölkerung und Erwerb

Obwohl Steinschönau ursprünglich ein reines Bauerndorf war, herrschten schon seit dem frühen 19. Jahrhundert gewerbliche Tätigkeiten vor. Im Jahre 1939 lebten 64,1 % der Bevölkerung von Industriellen und handwerklichen Berufen. Mit dieser hohen Quote lag Steinschönau an der Spitze der sechs Städte des Kreises Tetschen vor den ebenfalls als stark industrialisiert geltenden Städten Bensen (59,9 %), Böhmisch-Kamnitz (50,0 %) und Bodenbach (43,0 %). Mit dem Anteil von Handel und Verkehr (11,1 % (sowie öffentlichen Dienst und privaten Dienstleistungen (6,9 %) nahm es unter den Städten verständlicherweise jeweils erst die vierte Stelle ein. Entsprechend dem hohen Industrialisierungsgrad gehörten in Steinschönau 53,7 % der Bevölkerung dem Arbeiterstand an, während es in den anderen vorgenannten Städten 45,9 bzw. 42,9 bzw. 41,5 % waren. Bemerkenswert ist der für eine Stadt hohe Anteil von Selbstständigen (16,8 %), was minder Anzahl von Heimwerkstätten der Glasindustrie zusammenhängt. Relativ schwach vertreten waren Beamte und Angestellte (14,3 %).
Auf Land- und Forstwirtschaft entfielen nur 4,0 % der Bevölkerung, obwohl Steinschönau 27 landwirtschaftliche Betriebe mit 5 ha und mehr Wirtschaftsfläche (davon 8 Betriebe mit über 20 ha) bzw. – gemäß dem Adressbuch von 1924 bis 18 hauptberufliche Landwirte aufwies. Sie traten gegenüber der Industrie völlig in den Hintergrund.
Der mit Abstand dominierende Industriezweig Steinschönau ist die Kunstglasindustrie. Eine ganz präzise Zahl der darin Beschäftigten lässt sich wegen der besonderen Struktur (Großbetriebe, zahlreiche Heimwerkerstätten, Raffinerien, Glashandel) nicht ermitteln, doch kann es als sicher gelten, dass von den rund 2800 Berufstätigen etwa 1600 in der Glaserzeugung, Glasveredelung und im Glashandel tätig waren. So gab es schätzungsweise: 450 Glasmacher und -arbeiter in den Hütten, 410 Glasmalerei, 230 Glaskugler, 145 Glasschleifer, 60 Glasgraveure, 30 Glaseinbohrer, 80 Gürtler und Metallarbeiter sowie 200 Beschäftigte (Inhaber, Angestellte und Arbeiter) in den Raffineriebetrieben. Die vorgenannten Berufstätigen waren nach dem Stand von 1934 hauptsächlich in rund 275 Betrieben tätig: in 3 Glasfabriken (Glashütten), in 55 Glasraffinerien, 4 Glaslusterfabriken und 212 Werkstätten, die sich wie folgt verteilen: 105 Glasmalerei, 44 Glaskugler, 19 Glasschleifer, 18 Glasgraveure, 13 Gürtler und Metallarbeiter, 11 Glaseinbohrer und 2 Glasätzer. Charakteristisch für den Werkstattbetrieb war, dass der erforderliche Rohglas zumeist von den Ehefrauen der Glashandwerker in Buckelkörben aus der Raffinerie geholt wurde. Ebenso brachten sie die veredelte Ware wieder dorthin zurück und trugen durch ihre mühevolle Arbeit wesentlich zu einem gewissen Wohlstand in diesem Berufszweig bei.
Rohglasfabriken: Hohlglasfabrik Adolf Rückl, Rohglasfabrik Brüder Jilek und Glashüttenwerk Franz Vetter mit je 160 bis 170 Beschäftigten.
Glaslusterfabriken: Elias Palme & Compagnie sowie E. Palme mit zusammen 360 Beschäftigten; Palme & Walter mit 50 Beschäftigten; Emil Wurm; Rudolf Twaroch und Sohn (erst seit den Enddreißiger Jahren). Die Firma Adolf Schönbeck betrieb die Glaslusterproduktion bis Mitte der 30er Jahre und ging dann in anderen Besitz über.
Bedeutendste Glasmanufakturen, Glasraffenerien und Exporthäuser (Stand: wenige Jahre vor dem zweiten Weltkrieg): Glasmanufaktur Stelzig, Kittel & Co, mit 100 Beschäftigten in der eigenen Fabrik *) und 90 Heimarbeitern; Glaswarenfabrikation Franz Stingl mit 80 Beschäftigten *); Glasraffinerie Lazarus & Rosenfeld mit 150 Beschäftigten *), Hauptsitz London, ab 1928 von der Porzellanfabrik „Viktoria“ Altrohlau bei Karlsbad übernommen; Glasraffinerie Gustav Ahne mit 30 Beschäftigten; Glasraffinerie und Export Franz Füger mit 30 Beschäftigten *) und 50 Heimarbeitern; Glaswarenfabrik J. Ortweiler; Glasraffinerie Gebr. Lorenz; Glasraffinerie und Kunstwerkstätten J. und L. Lobmeyrs Neffe Stefan Rath; Glasraffinerie und Export Hermann Grohmann; Glasraffinerie und Export Friedrich Walter; Glasmanufaktor und Export Franz Kriesche; Glasraffinerie und ExpGörlich & Arlt; Glas- und Metallwarenfabrik Julius Fischer; Glasraffinerie und kunstgewerbliche Werkstätten Rudolf Mehr; Glasraffinerie und Export Paul Conrad. Weitere Glasraffinerien: Wilhelm Kralik vorm. Gebr. Palme König; Conrath & Liebsch; Czerney & Co., Inh. Baron Baillou; Adolf Hetzel; Alfred Pietsch; Friedrich Günther; Karl Biemann jun.; Edgar Arlt; Engelbert John; Karl Palme; Hermann Eiselt; Pfützner & Nikolaus; Heinrich Palme jun.; Josef Böhm; Josef Kelbel; Dranz Kinschel; Josef Löhnert; Friedrich Pietsch; Josef Schmid; Josef Tschakert; Karl Vater, Nachf. R. Weichhan; Josef Vetter; Brüder Bretschneider; August Fritsche und Söhne; Josef Mucha; Franz Milan; Adolf Seidel; Franz Tschinkel.
Die Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Vor allem war es nicht möglich, alle Firmen aufzuführen, die nur zwischen den beiden Weltkriegen bestanden, selbst wenn sie zeitweise von Bedeutung waren. Auch von den namentlich genannten Firmen stellten einige vor 1939 ihre Tätigkeit ein. Produktionsbetriebe anderer Industriezweige: Chromlederfabrik Ludwig Strobach; Farben-, Glasemaille- und Glanzgolderzeugung Franz Josef Richter, vorm. Ignaz Helzel; Metallwarenfabrik Langer & Zahn; Gürtlereien, die teils Zulieferer zu den Lusterfabriken waren oder selbst Beleuchtungsartikel herstellten: Raimund Jahnel; Friedrich Tischer; andere größere Gürtlereien und Metallwarenbetriebe: Richard Müller; Paul Schimmel; Heinrich Strobach; Emil Werner, Heinrich Zahn d. Ä; Heinrich Zahn d. J.; Mühke Friedrich Wenzel; Nordböhmische Holzindustrie AG (Sägewerk); 2 Zementwarenerzeugungsbetriebe. Alte Handwerke: 2 Brunnenbohrer, 2 Drechsler, je 1 Fassbinder, Lohgerber, Ofensetzer für Glasbrennöfen, Wagner und Zinngießer.
Sparkasse und Banken: Die Stadtsparkasse Steinschönau wurde 1887 gegründet. Infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten wurde sie 1935 von der Stadtsparkasse Böhmisch-Kamnitz übernommen und als Hauptzweigstelle bis 1945 weitergeführt. Noch vor 1909 erfolgte die Gründung des Spar- und Vorschußverein (Raiffeisenkasse). Kurz nach dem Ersten Weltkrieg traten als weitere Kreditinstitute je eine Zweigstelle der Böhmischen Eskomptebank und Kreditanstalt, der Kreditanstalt der Deutschen (KdD) sowie für einige Jahre auch der „Bohemia“, internationale Auslandsbank dazu. Letztere schon 1928 geschlossen. Die Eskomptebank wurde 1938 von der Dresdner Bank übernommen und 1942 kriegsbedingt geschlossen, währen die KdD bis 1945 bestand.
Genossenschaften (Stand 1934): Bau- und Wohnungsgenossenschaft, Genossenschaften der Gast- und Schankwirte Steinschönau-Parchen-Schelten, Gewerbegenossenschaft, entstanden durch Zusammenlegung der Genossenschaft der vereinigten Gewerbe in Steinschönau und Parchen-Schelten mit der Werk- und Kreditgenossenschaft der vereinigten Gewerbe in Steinschönau.
Konsumvereine: Bereits vor dem Ersten Weltkrieg hatte der Konsumverein „Eintracht“ bestanden, nach dem Krieg war der tschechische Konsum „Marx“ hinzugekommen.
Sanitätswesen: 3 Ärzte (zuletzt MUDr. Walter Breinl, MUDr. Oskar Jilek und MUDr. Franz Kreibich), 1 Dentist (Richard Neumann), 1 Apotheker (Mag.pharm. Herbert Wunsch), 3 Drogerien, physikalisch-diätetische Naturheilanstalt in der ehemaligen Villa der Familie Zahn im Ortsteil Niedersteinschönau seit 1928. Zahlstelle Steinschönau der Bezirkskrankenkasse Böhmisch-Kamnitz.

Verkehr, Gastgewerbe, Sport

Bahn: Steinschönau erhielt 1886 durch den Bau der sog. „sekundär- oder Lokalbahn“ von Böhmisch-Kamnitz (317m Meereshöhe) nach Steinschönau Anschluss an das Netz der Böhmischen Nordbahn. Auf dieser 4,5 km langen Strecke, für welche die Züge (sog.“Bussi“) 15 Minuten Fahrzeit brauchten, muss stellenweise eine Maximalsteigerung von 1:36 überwunden werden, die stärker ist als die der Semmeringbahn (1:40). Der Bahnhof Steinschönau liegt 443 m hoch. Als im Jahre 1903 die Lokalbahn von Böhmisch-Leipa nach Steinschönau gebaut wurde, bekam die Stadt den zweiten Bahnhof „Parchen-Obersteinschönau“ (570 m Meereshöhe). Zwischen den beiden örtlichen Bahnhöfen vollzieht die Strecke eine ¾ – Kreislinie um den Steinschönauer Berg herum.
Poststation Steinschönau seit 1844, Einrichtung des Telegraphen 1869, Einrichtung des Telephons 1896, Zusammenfassung zum Postamt 1896. Als Beispiel für die hohe Frequenz des Steinschönauer Postamts mögen die 26.000 eingeschriebenen Sendungen, die 57.000 Pakete und Wertbriefe, die 6000 Telegramme, die 15.500 vermittelten Überlandgespräche und die 45.000 Postsparkassen-Vorgänge im Jahre 1928 dienen (jeweils Ausgabe und Abgabe bzw. Ein- und Auszahlungen).
Autobusverkehr: Seit Einführung der Eilpostdienste um die Mitte des 19. Jahrhunderts bestanden auch von Böhmisch-Kamnitz über Steinschönau nach Haida solche Eilfahrten mit Personenverkehr; sie wurden 1906 wegen der Entwicklung der Bahnpost eingestellt. Erst 15 Jahre später trat an ihre Stelle der staatliche Postautobusverkehr, der 1938 von der Deutschen Reichspost übernommen wurde (täglich nach Tetschen). Spedition: Zur Bewältigung der Transport- und Verzollungsaufgaben, die sich aus den umfangreichen Exporten besonders der Glasindustrie ergaben, hatten folgende Speditionsfirmen ihre Niederlassungen in Steinschönau: Schenker & Co, Francesco Parisi, August Vetter, Baumann & Kreutzinger, Brasch & Rothenstein.
Gastgewerbe: Steinschönau hatte 29 Gast- und Schankgewerbebetriebe. Davon ist im Adressbuch von 1942 ein Betrieb als Hotel bezeichnet, nämlich das Hotel „Merkantile“ (Marktplatz Nr. 446). Dieses bestand seit 1868 in der Rechtsform einer AG, hatte etwa 10 Zimmer und 1 Saal. Zur Unterbringung von Geschäftsfreunden besaß die Firma Elias Palme seit den 20er Jahren ein eigenes villenartiges Gästehaus mit der Bezeichnung „Haus Elias“. Weiters gab es gemäß dem obengenannten Adressbuch folgende Gastgewerbebetriebe: Gasthof Langer mit Saal (Fa. Richter, Sonneberger Straße 33), „Turnhalle“ mit Saal (Turnhallenstr. 629) und Gasthof Görner mit Saal (Mühlstr. 88) sowie eine ganze Anzahl von Gast- und Speisehäusern und zwar: In der Alleestraße: A. Bretschneider bzw. O. Richter (Nr. 272), F. H. Horn, Kaffeehaus (Nr. 24) und H. Kromer (Nr. 62). In der Mühlstraße: J. Fischer (Nr. 442) und A. Knappe (Nr. 542). In der Kamnitzer Straße: H. Eiselt (Nr. 571), O. Müller (Nr. 71) und „Neue Welt“ mit kleinen Saal (F. Worm, Nr. 341). In der Turnhallenstraße: P. Wetzig (Nr. 422) und A. Wetzig (Nr. 360). Am Marktplatz: E. Klinger (Nr. 3) und „Zur Post“ (O. Fischer, Nr. 272). Ferner: R. Görner mit Saal (Kirchstr. 47), M. Eschler (Gemeindestraße 568), K. Helzel (Sonneberger Straße 40) samt „Oberwald-Restaurant“, A. Görlach (Berggasse Nr. 342), K. Knappe (Bahnhofstraße Nr. 567), A. Kromer (Teichstatt, Nr. 626), J. Lösel (Obere Bahnhofstraße Nr. 701), J. Palme, Hausname „Kirchvater“ (Kirchplatz Nr. 640), „Zum Bad“ (R. Ullmann, Badegasse Nr. 389), „Schloß Pillnitz“ (R. Weidlich, Austraße Nr. 84), A. Weidmann (Parchner Straße Nr. 661) sowie Turnplatzrestaurant des Turnvereins „Fels“. – Nicht mehr existent waren die „Erbschenke“ oder „Alte Schenke“ am Kirchberg Nr. 149 und der Gasthof „Stern“, der 1835 in dem Schiffner‘schen Touristenführer genannt ist.
Sportanlagen: 3 Tennisplätze, 2 Turnplätze, 1 Turnhalle des DTV (außerdem Hallenturnen des Vereins „Fels“ im Saal des Gasthofes Görner), 2 Fußballplätze und 1 Sportplatz, 2 Freibäder mit betonierten Becken, und zwar das ältere seit 1904 im Oberort (38x20m) und das neue seit 1932 in Niedersteinschönau am sog. Mühlberg (52x30m). – Rodelbahn mit 4 km Länge an der Sonneberger Straße, gutes Skigebiet in unmittelbarer Stadtnähe, geeignet für Abfahrten und Skiwandern, kleine Skisprungschanze im Natterloch; Eislaufen.

Pfarrei, Matriken, Kirche

Die Pfarrei von Steinschönau ist allem Anschein nach gleichzeitig mit der Ortschaft im 13. Jahrhundert gegründet worden. Urkundlich wurde sie durch Nennungen in den Libri erectionum in den Jahren 1362 und 1364 unter der Bezeichnung „Schenow“ bzw. „Schonaw“ aufgeführt. Im Papstzehentregister wurde sie 1369 als „Sonow Pauper“ – gehörig zum Dekanat Leipa – erwähnt (lateinisch „pauper“ = arm) und hatte – wie bei einem jungen Gebirgsdorf kaum anders zu erwarten – keinen Zehent zu leisten. Das Gleiche scheint auch für 1406 zuzutreffen, weil „Sonow“ lediglich genannt ist, die Erwähnung eines Zehentbetrages. Das Pfarrwidum von Steinschönau war durchschnittlich ausgestattet, denn es umfasste 23 Strich, davon Äcker 22 und Weide 1 Strich; dazu kamen 4 Futterwiesen. Aus alter Zeit sind die Namen einiger Steinschönauer Pfarrer bekannt, beispielsweise Nikolaus Kunokonis (Künzel) 1363 und Waltherus de Lipa 1391.
Im Jahre 1564 wurde die Ober-Preschkauer Kirche als Filiale der Steinschönauer Pfarrei unterstellt und im gleichen Jahre erschien David Hauer aus Dippoldiswalde als evangelischer Pastor in Steinschönau. Die Reformation dürfte jedoch schon zwei Jahre früher eingeführt worden sein. Seit Ende des Jahrhunderts war die Pfarrei stärker an Böhmisch-Kamnitz gebunden. Letzter Pastor in Steinschönau war Jakob Haintschel, ein sehr tatkräftiger Mann, welcher ein eigenes Bauerngut ankaufte und für die Kirche eine große Glocke in Raudnitz gießen ließ. Nach dem Einsetzen der Gegenreformation und seiner Amtsenthebung verblieb er dennoch bis zu seinem Tode 1630 im Ort, und seine rekatholisierten Söhne Josef Haintschel und Kasper Haintschel waren Lehrer in Steinschönau bzw. in Ober-Preschkau.
Von 1630 an wurde die Pfarrei Steinschönau von der Stadtpfarrei St. Jakob in Böhmisch-Kamnitz administriert, und erst 1723 erfolgte die Neuerrichtung der Steinschönauer Pfarrei. Von dieser Zeit angehörten auch die Ortschaften Parchen und Schelten sowie – ab 1751 – die neugegründete Ortschaft Ullrichsthal zum Kirchenspiel. Die beiden erstgenannten Orte wurden jedoch mit der Errichtung der Pfarrei Parchen im Jahre 1802 kirchlich selbstständig.
Die Reihe der Pfarrer von Steinschönau ist wie folgt überliefert: Johann Wullstein (♰ 1735), Georg Görner, Johann Stolle (♰ 1743), Georg Ritzinger (♰ 1762), Johann Knechtel, Josef Fleck, Franz Tietz, Franz Josef Schabustial (♰ 1809), Georg Wenzel, Ignaz Clar (♰ 1845), Franz Vater (♰ 1866), Josef Horner, Josef Hrdina, Josef Rudolf, Siegfried Hieke und Josef Kunz (lebte in Hillemühl 1976). Sämtliche Matriken der Pfarrei Steinschönau beginnen mit dem Jahre 1715. Ältere Eintragungen zurück bis 1630 dürften in den Matriken der Pfarrei Böhmisch-Kamnitz zubinden sein.
Die Pfarrkirche zum hl. Johannes d. T. war ursprünglich ein kleines Holzgebäude. Dieses wurde 1714 abgerissen und an seiner Stelle 1718 von Baumeister Peter Paul Columbani die heute noch stehende Kirche im Barockstil erbaut. Sie hat einen einschiffigen Langraum mit halbkreisförmigem Chorabschluß und einen prismatischen Turm mit Doppelzwiebelhaupe an der Ostseite. Der Innenraum zeigt ein Tonnengewölbe mit Gsimsen. Die Einrichtung stammt von Mitte bis Ende des 18. Jahrhunderts. Bemerkenswert sind der Hochaltar mit dem Bild Johannes des Täufers, der Altar des hl. Johannes von Nepomuk, der Altar des hl. Antonius von Padua, der Marienaltar, eine Pieta aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, die Kanzel nach Entwürfen von Mar. Trollinger aus dem Jahre 1730, ein Gemälde „Geburt Christi“ vom Fachschuldirektor Johann Dworzaczek, ein kostbarer Ornat von schwerem weißen Seidenstoff mit reicher Goldstickerei aus dem Jahre 1834 sowie die großen Glasluster.
Die Größe des Kirchenbaues, die Ausstattung und die Grabmäler geben Zeugnis vom Wohlstand des Ortes im 18. und 19. Jahrhundert, also lange vor der Stadterhebung Steinschönaus. Die große Alleluja-Orgel von F. Schuster in Zittau war zu Ostern 1943 festlich eingeweiht worden.
Das Kirchenfest von Steinschönau ist mildem Tag Johannes der Täufer (24. Juni) verbunden. Mit zahlreichen Buden sowie Karussells und Ringelspielen war es ein Volksfest, das auch von den Nachbarorten, besonders von Böhmisch-Kamnitz, Ober- und Niederkamnitz, gern besucht wurden. – Ein Gelöbnistag war der 2. Mai, der zur Erinnerung an ein schweres Gewitter mit Hagelschlag im Jahre 1804 eingeführt und bis um 1868 als halber Feiertag mit einer Frühmesse und einem Hochamt begangen wurde. Alljährlich nahmen viele Steinschönauer an der Wallfahrt am 8. September (Mariä Geburt) zur Marienkapelle in Böhmisch-Kamnitz teil.
Im Niederort an der alten Straße nach Böhmisch-Kamnitz befindet sich die Dreifaltigkeitskappelle, im Jahre 1846 erbaut, 1849 erweitert und 1850 eingeweiht. Ihre Errichtung wurde von Franz Kreibich aus Nr. 107 und anderen Wohltätern finanziert. Unweit davon in Richtung Nieder-Preschkau ist der Betgraben mit Kreuzwegestation.[1]
Wegekreuze und Statuen: Christuskreuz in der Austraße Nr. 84, gestiftet von Bartholomäus Zahn, geschaffen vom Markersdorfer Bildhauer Füger im Jahre 1735; Mariensäule an der Straße gegen Sonneberg; Standbilder auf der Steinschönauer Brücke beim Gasthaus „Schloss Pillnitz“, geschaffen um 1750 von Johann Wenzel Füger aus Markersdorf.
Die evangelische Gemeinde Steinschönaus besaß zwar keine eigene Kirche, jedoch eine Betstube, welche in dem Haus des Glasgeschäftes Theodor Walter („Walterfleischer“), dem sog. „Glöckelhaus“ in der Rosengasse Nr. 229 untergebracht war.
Die altkatholische Gemeinde Steinschönaus war eine Filialgemeinde zur altkatholischen Pfarrei in Arnsdorf bei Haida.
Friedhof: Der alte Friedhof von Steinschönau – wahrscheinlich seit der Ortsgründung bestehend – liegt direkt an der Pfarrkirche. Er ist bemerkenswert wegen zahlreicher Figuranten Empire-Grabmonumente von Beginn und Mitte des 19. Jahrhunderts, ausgeführt von Josef Emanuel Max und Franz Max (aus Bürgstein) sowie Leopold Zimmer. Beachtlich sind auch die Gruftkapelle der Familie Elias Palme (mit gläsernem Altar und Kunstbronzebüsten) sowie steinerne Gruppen von Madonnen mit Engeln von Ende des 18. Jahrhunderts. – Um 1900 wurde der neue Friedhof etwas nördlich der Pfarrkirche angelegt.

Schule

Volksschulen: Die erste Volksschule in Steinschönau, zu deren Sprengel bis 1564 auch die Dörfer Ober- und Nieder-Preschkau sowie Falkenau gehörten, stand auf dem Platze, auf welchem sich das Haus Nr. 165 befindet. Im Jahre 1575 unterrichtet dort der Lehrer Lazarus Scheithauer und ab 1630 Josef Haintschel. Von da ist die Folge der Lehrer fast vollständig bekannt.
Wegen Baufälligkeit und ungünstiger Lage wurde das Schulhaus 1806 durch ein neues ersetzt; diesem Hauss, Nr. 287, blieb bis in die neuste Zeit der Hausname „Alte Schule“. Im Jahre 1833 waren Anton Frind und Josef Walter Lehrer in Steinschönau. Bereits 1837 musste das ebenerdige Gebäude wegen der großen Zahl von Schülern (rund 370) aufgestockt werden. 1846 wurde die Schule auf 3 Klassen und 1855 auf 4 Klassen erweitert. 1860 folgte die Erhebung der Pfarrschule zur Pfarrhauptschule und 1870 die Umwandlung in eine gesetzliche Volksschule. Im Jahre 1872/73 wurde der Schulturnplatz eingeweiht und die Klassenzahl auf 8 erhöht. .
Das Schuljahr 1878/79 brachte die Trennung in je eine vier- bzw. bald fünfklassige Knaben- und Mädchenschule. Beide wurden 1893 in das neue, heute noch bestehende zweistöckige Schulgebäude übersiedelt, in welchem wenige Jahre später auch die zwei Bürgerschulen untergebracht wurden. Im Jahre 1928 kam es wegen geringer Schülerzahl zur Vereinigung der Volksschule zu einer einzigen gemischten Volksschule.

Bürgerschulen: Die Knabenbürgerschule wurde mit dem Schuljahr 1896/97 und die Mädchenbürgerschule mit dem Schuljahr 1899/1900 eröffnet. Beide waren dreiklassig, hatten eine gemeinsame Leitung und bestanden von 1939 bis 1945 als Hauptschulen. Untergebracht waren sie stets im gleichen Gebäude wie die Volksschulen. Ende 1938 wurde die Mädchenbürgerschule jedoch in die frei gewordene ehemalige tschechische Bürgerschule verlegt. In der Knabenbürgerschule wurde ab 1899 und in der Mädchenbürgerschule ab 1921 Französisch als nicht-obligate Fremdsprache unterrichtet. Ebenfalls nicht-obligat war der 1921 in beiden Bürgerschulen eingeführte Unterricht der tschechischen Sprache.

Deutsche Glasfachschule für Glasindustrie
Bereits 1836 wurde in einem Bericht des Leitmeritzer Kreisamtes die Anstellung eines Zeichenlehrers in Steinschönau für notwendig gehalten. 1839 wurde der teilweise an der Prager Kunstakademie ausgebildete Glasmalerei Franz Josef Müller, genannt „Felixmüller“, mit der Erteilung von Zeichenunterricht an der Pfarrschule betraut.
Seit 1850 bestand das Projekt, eine Gewerbeschule zureichten, die der Steinschönauer glasveredelnden Industrie entsprach. Am 31. März 1856 wurde die „Fachzeichen- und Modellierschule“ im Gebäude der Volksschule eröffnet und dem akademischen Historienmaler Johann Dworzaczek – bisweilen auch Dvoracek geschrieben – aus Prag (1825 bis 1898) die Leitung übertragen. Die Kosten wurden teils von Steinschönauer Industriellen, teils von der Gemeinde und teils vom eigens gegründeten Fachschulverein getragen. Der Lehr- und Stundenplan war einerseits auf die Fortbildung von in der Praxis stehenden Arbeitskräften (Meister, Gehilfen und Lehrlinge) und anderseits auf die Förderung von begabten Volksschülern abgestellt.
Im Jahre 1880 wurde die kurz vorher in einem eigenen Gebäude untergebrachte Schule staatlich und erhielt die Bezeichnung „K. k. Fachschule für Glas- und Metallindustrie“. Gleichzeitig traten zu den Zeichen- und Modellierarbeiten weitere Abteilungen für Glas- und Porzellanmalen, Glasgravieren, Emaillieren, Metall-Ziselieren, -Treiben, -Gravieren und Drucken, Montieren u. a.
Im Jahre 1885 wurde der Architekt Leo Chilla Anstaltsleiter, 1886/87 erschien der erste Jahresbericht. Mit dem Schuljahr 1893 erhielt die Schule die neue Bezeichnung „k. k. Fachschule für Glasindustrie“, nachdem die Abteilungen für Metallbearbeitung zwei Jahre vorher geschlossen worden waren. Im gleichen Jahre kam der Direktor der aufgelassenen Fachschule für Tonindustrie in Tetschen, Laurenz Lhotta, an die Schule.
Als Anstaltsleiter folgte 1899 Prof. Heinrich Zoff (ab 1902 Direktor und ab 1912 kaiserlicher Rat). In der folgenden Zeit wurde die Schule weiter ausgestaltet, u. a. eine Abteilung für Glaskugel und Glas und ein Zeichenatelier eingerichtet. 1902 nahm die Anstalt an der Gewerbe- und Industrieausstellung in Tetschen teil. 1903/04 wurde die schon einige Zeit angegliedert gewesen fachliche Fortbildungsschule in eine mit der Fachschule organisch verbundene allgemeine gewerbliche Fortbildungsschule umgewandelt. 1905 erfolgte der Anbau von drei Lehrsälen.
Interimistischer Anstaltsleiter wurde 1914/15 Prof. Eduard Klinger und definitiver Direktor 1916/17 der Direktor der aufgelassenen Fachschule in Oberleutensdorf Gustav Miksch. Ihm folgte 1918/19 der Maler Prof. Adolf Beckert mit fast gleichzeitiger Umbenennung in „Deutsche Glasfachschule für Glasindustrie“. Nach seiner Versetzung an die Staatsfachschule in Teplitz im Jahre 1926 wurde die Steinschönauer Glasfachschule mit der Haidaer Glasfachschule vereinigt unter der Leiter Haidaer Direktors Heinrich Strehblow, dessen Stellvertreter in Steinschönau Prof. Hermann Zeh wurde.
Nach mehrjährigen Bemühungen, besonders seitens Steinschönauer Industrieller, gelang es mit Beginn des Schuljahres 1929/30, wieder die Selbständigkeit der Schule und die Vervollständigung des Lehrplans auf den Stand von 1926 zu erreichen, wobei Prof. Zeh als Direktor eingesetzt wurde. Ihm folgte von 1933 bis 1945 Direktor Alfred Dorn (Er war nach der Wiedergründung der Glasfachschule in Rheinbach bei Bonn um Jahre 1948 ihr erster Direktor bis 1957*). Im Jahre 1934 bestand der Lehrkörper außer dem Direktor aus 4 Professoren und 5 Fachlehrern. Von 1938 bis 1945 hatte die Schule die Bezeichnung „Reichsfachschule für Glasindustrie“.
Die Glasfachschule in Steinschönau hat nicht nur sehr viele Glasfachleute ausgebildet (pro Jahr an die 100 Schüler), sondern hat durch Exponate auf zahlreichen Ausstellungen die nordböhmische Glasindustrie weltweit bekannt gemacht, beispielsweise auf den Weltausstellungen in London 1862, Paris 1867 und 1878, Wien 1873, St. Louis 1904 und Paris 1923, auf den Ausstellungen der Kunstgewerbemuseen in Wien, Prag, Brünn und Reichenberg usw. , wofür zahlreiche höchste Auszeichnungen erhielt. Im Jahre 1929 und einigen Folgejahren wurden mehrjährige Schulausstellungen in Steinschönau abgehalten. Eine etwa 1600 Vorlagen und Werke umfassende Bibliothek, eine Schüler-Arbeiten-Ausstellung und eine Museal-Ausstellung historischer Gläser waren an der Schule ständig zugänglich.

Fortbildungsschule: Im Jahre 1903 wurde die schon mehrere Jahre der Glasfachschule angegliederte fachliche Fortbildungsschule in eine allgemeine gewerbliche Fortbildungsschule umgewandelt. Nach kriegsbedingter Einstellung wurde sie im Schuljahr 1919/20 wieder eröffnet. Im Schuljahr 1925/26 erfolgte die Trennung der allgemeinen Fortbildungsschule von der glasfachlichen Fortbildungsschule, die weiterhin mit der Glasfachschule verbunden blieb.

Tschechische Schulen: Für die infolge Zuzugs von tschechischen Glasarbeitern schon vor dem Ersten Weltkrieg entstandene und nach dem Krieg verstärkte Bevölkerungsminderheit in Steinschönau wurden 1919/20 eine tschechische Volksschule und 1922/23 eine tschechische Bürgerschule mit angegliederter Fortbildungsschule gegründet. Nach mehrjähriger provisorischer Unterbringung ließ das tschechoslowakische Ministerium für Schulwesen und Volkskultur ein eigenes Schulgebäude errichten, fertiggestellt 1926. Nach dem Anschluss des Sudetenlandes im Jahre 1938 wurden die tschechischen Schulen aufgelöst, weil die seit 1919 nach Steinschönau gekommenen Tschechen größtenteils wieder abgewandert waren.

Kindergärten: Der deutsche Kindergarten befand sich am Marktplatz im Haus Nr.563, der tschechische Kindergarten (bestehend seit den 20er Jahren bis 1938) im Gebäude der tschechischen Schulen.

Verwaltung

Das Dorf Schönau besaß wahrscheinlich seit seiner Gründung ein deutschrechtliches Erbgericht samt Erbschänke. Im ältesten Kamnitzer Stadtbuch sind 1393 Niclas der Richter und 1477 Adam der Richter erwähnt. Im 15. und 16. Jahrhundert war die Erbrichterei im Besitz der Familie Palme und befand sich in dem später mit Nr. 149 bezeichneten Bauernhaus (Hausname „Alte Schenke“). Das Erb- oder Schöppengericht setzte sich aus dem Richter und 12 Schöppen zusammen. Im Jahre 1594 verkaufte der Richter Simon Palme das Anwesen – angeblich auf Weisung der Herrschaft – an den aus Meisterdorf stammenden Kasper Knechtel, der damit das Richteramt übernahm. Sein Sohn Andreas ist um 1623 als der erste Glashändler und sein Enkel Mathias (♰ 1691) als der erste „Glasschneider“ (Graveur) Steinschönaus überliefert.
Im Zuge der Einrichtung der modernen Gemeindeverwaltung wurde der Industrieort Steinschönau ab 18. Dezember 1849 zum Marktflecken erhoben mit dem Recht zur Abhaltung von drei Jahrmärkten (siehe Geschichte). Neben dem ersten Bürgermeister MUDr. Josef Micksch waren Florian Horn und August Conrath zu Gemeinderäten gewählt worden. Infolge der weiteren Vergrößerung der Einwohnerzahl hatte die Marktgemeinde im Jahre 1883 schon sieben Gemeinderäte. Bürgermeister war damals Franz Krause, Ritter des Franz-Joseph-Ordens. Von diesem bekleidete diesen Posten Ignaz Krause, der auch Landtagsabgeordneter war. Mit Wirkung vom 1. August 1900 wurde die Marktgemeinde Steinschönau in den Rang einer Stadt erhoben. In den Jahren 1906 bis 1919 fungierte der Glasraffineur Adolf Helzel als Bürgermeister, der Mitglied der Deutschen Nationalpartei war und als Vertreter der Handels- und Gewerbekammer Reichenberg von 1901 bis 1907 dem böhm. Landtag angehörte.
Seit der Markterhebung im Jahre 1849 hatte Steinschönau das Recht ein Wappen zu führen. Aufgrund der aus jener Zeit erhaltenen ersten Stempel ist bekannt, dass anfangs als Wappentier ein gekrönter, zweischwänziger, nach rechts schauenden, aufgerichteter Löwe gebraucht wurde. Im Laufe des 19. Jahrhunderts kommen aber auch Stempel und Verschlußmarken vor, die eine Allegorie der Gerechtigkeit darstellen. Nach der im Jahre 1900 erfolgten Stadterhebung benützte man ausschließlich Stempel, die eine nach links gedrehte geflügelte Justitia mit römischem Kostüm und römischer Friseur zeigen. Die Figur hielt in der rechten Hand ein Schwert, in der linken Hand eine Waage und von der Taille herab wehte eine Schärpe.
Im Rahmen der Bestrebungen, ein spezifisches Stadtwappen einzuführen, wurden im Laufe der Zeit mehrere Vorschläge erörtert, die z. B. einen Glaspokal, den Herrnhausfelsen und die Steinschönauer Brücke als Zeichen vorsahen.
Mitte der 30er Jahre fiel die Endscheidung für das allseits bekannte Stadtwappen. Dieses hat Au grünem Feld einen über drei schwarze Berggipfel nach rechts schreitend, doppelschwänzigen, gekrönten Löwen. In den Pranken hält er einen silbernen, in barocker Form ausgeführten Pokal mit Deckel und verziertem Fuß. Entsprechend den Wappenfarben war die Steinschönauer Stadtfahne schwarz-grün. Von den Tschechen wird neuerdings das Wappenfeld rot und der Löwe silbern, mit goldenen Krallen und goldener Krone angegeben. Die Begründung für diese Änderung konnte nicht festgestellt werden.
Bei den ersten allgemeinen Gemeindewahlen im Jahre 1919 ging die Sozialdemokratische Partei als Sieger hervor. Auf sie entfielen 24 von 36 Mandaten. Es folgten die Deutsche Nationalpartei mit 7, die Deutsche Christlich-soziale Volkspartei mit 3 Mandaten und die tschechische Minderheit mit 2 Mandaten. Auch bei den weiteren Gemeindewahlen der 20er Jahre und Anfang der 30er Jahre ergab sich eine Mehrheit der Sozialdemokratischen Partei, die jeweils den Bürgermeister stellte, und zwar von 1919/27 Anton Kelbel, Glaskugler, von 1928/32 Fritz Kreibich, Glaskugler, und von 1933/35 Franz Kromer, Schlosser. Als Vorsitzender der staatlich eingesetzten Verwaltungskommission wirkte von 1935/38 der Bürgermeister Heinrich Fridolin Kürschner, Kaufmann und Schuhmacher, welcher der Deutschen Gewerbepartei angehörte. Neben dem Bürgermeister, seine zwei Stellvertretern, den 9 Stadträten und den übrigen 24 Mitgliedern der Stadtvertretung setzte sich nach dem Stand von 1934 die Stadtverwaltung wie folgt zusammen: Stadtamt: 1 Stadtsekretär, 1 Rentmeister (Kämmerer), 1 Kanzleibeamter, 3 weitere Beamte und 1 Amtsdiener; Polizei- und Meldeamt: als Leiter 1 Wachtmeister sowie 1 Oberwachmann, 2 Wachmänner und 1 Amtsdiener; städtisches Elektrizitätswerk: als Leiter 1 Ingenieur sowie 1 Monteur; städtisches Wasserwerk: 1 Wassermeister; städtisches Krankenhaus; Stadtarzt; städtische Siechenhaus (Altersheim); städtische Armenhaus; Mutterberatungsstelle: 1 Fürsorgeschwester.
Bei den Gemeindewahlen von Mai 1938 errang die Sudetendeutsche Partei 24 der insgesamt 36 Mandate; auf die Kommunisten entfielen 5, auf die Deutsche Sozialdemokratische Partei 4 und auf die tschechische Minderheit 3 Mandate. Bürgermeister wurde der Glasraffineur Hermann Grohmann.
Nach dem Anschluss des Sudetenlandes stand als hauptamtlicher Bürgermeister zuerst der Speditionsbeamte Franz Höhne und von 1942 bis 1945 der Glasraffineur Hermann Grohmann an der Spitze der Stadtverwaltung. Ihm zur Seit waren 4 Beigeordnete und 8 Ratsherren.
Die Ämter waren wie folgt neu gegliedert: Stadthauptverwaltung (Stadtoberinspektor als Konzeptsbeamter und 2 Angestellte), Ernährungs- und Wirtschaftsamt (Leiter und 2 Angestellte), Polizeiamt (Oberwachtmeister und 2 Polizeibeamte), städtisches Meldeamt (Leiter und 1 Hilfskraft), Stadthauptkasse und Stadtsteuramt (Stadtkassendirektor als Leiter und 4 Angestellte) und Standesamt (Standesbeamter). Die Besetzung der Stadtwerke und der sozialen Einrichtungen blieb im Wesentlichen so wie 1934.

Kulturpflege und Vereinsleben

Vereine: Nach dem Stand von 1934 hatte Steinschönau 49 Vereine, davon 45 deutsche und 4 erst nach dem Ersten Weltkrieg gegründete tschechische Vereine. Von den deutschen Zusammenschlüssen waren 5 gemeinnützige und Wohlfahrtsvereine, 4 dienten wissenschaftlichen, Kunst- und Bildungszwecken, 6 waren nationale, politische und Schutzvereine, 3 stellten Arbeitnehmerzusammenschlüsse dar, 6 galten der Unterstützung und Vertretung von Berufsinteressen, 4 waren Geselligkeitsvereine (darunter 1 Mittelschülerferialverbindung) und 2 religiöse begründete Zusammenschlüsse, 7 hatten Turnen und Sport zum Ziel, 8 waren Musik- und Gesangsvereine mit 150 aktiven Musikern und 400 ausübenden Sängern.
Zu den ältesten Vereinsgründungen seit dem 19. Jahrhundert gehörten: 1853 Männergesangsverein, 1862 Deutscher Turnverein DTV, um 1870 Freiwillige Feuerwehr, vor 1876 der Kameradschaftsverein gedienter Soldaten, der Arbeiter-Unterstützungsverein „Selbsthilfe“ und der Frauenbeerdigungsverein „Zum hl. Kreuz“, 1876 Gesangsverein „Orpheus“, 1885 Deutscher Turnverein „Fels“ (1907 in den Arbeiter-Turnverein „Fels“ umgewandelt), 1894 Radfahrerklub, 1896 Schwimm- und Eislaufverein, 1896 innerhalb des DTV eine Frauenabteilung, 1904 eine Kinderabteilung und 1906 ein Ski- und Rodelklub (der zeitweise bis 1928 selbständig war), 1907 Deutscher Turnverein „Jahn“ (1919 verschmolzen mit dem DTV), 1908 Verein für Lebensreform.
Im Jahre 1909 bestanden außer den vorgenannten folgende weitere Vereine: Bezirksverband und Ortsgruppe des Bundes der Deutschen, Frauen-, Mädchen- und Männerortsgruppen des Deutschen Kulturverbandes, freiwilliges Rettungskorps, Gabelsberger Stenographenverein, Gesangverein „Arion“, Gesangverein „Harmonie „, Verein altkatholischer Fortschrittsfreunde, Verein der Geflügel- und Kleintierzüchter, Verein der Schulfreunde sowie einige später aufgelöste Vereine, wie z. B. Ortsgruppe des Gebirgsvereins für die Böhmische Schweiz, landwirtschaftliches Kasino und Theaterverein.
Bis zum Jahre 1921 waren zusätzlich folgende Vereinsgründungen durchgeführt worden: Museumsverein „Adelphia“ Ferialverbindung ehemaliger Mittelschüler, Ortsgruppe des Bundes der Kriegsverletzten, -witwen und -waisen, Deutscher Volksverein für Steinschönau und Umgebung, katholischer Frauenbund, Klub „Germania „, Stadtkapellen I und II sowie Zwergverein VIII des Deutschen Jagd- und Hundezuchtvereins.
Alle übrigen Vereine wurden erst im Laufe der 20er und 30er Jahre gebildet, nämlich: Deutscher Sportverein 1922, Arbeiter-Gesangsverein, Amateur-Photographenverein, Bund proletarischer Freidenker, Deutscher Tennisklub, Fremdenverkehrs- und Verschönerungsverein, Mieterschutzverein, Osterreitervereinigung, Salonorchester-Vereinigung, Touristenverein „Die Naturfreunde“, Verein Deutsche Blindenfürsorge, Esperantoverein und Verein Deutscher Hausbesitzer sowie 4 tschechische Vereine. Im Jahre 1929 organisierte der Verein für Lebensform (gegründet 1908) in Steinschönau den VII. Weltkongress der internationalen Vegetarier-Union.
Die 1934 in Steinschönau vertretenen Gewerkschaften waren: Ortsgruppe des internationalen Metallarbeiter-Verbandes, Ortsgruppe des Zentralverbandes der Glas- und Keramikarbeiter (gegründet 1890) und der Verein für Werkmeister und Industriebeamte.

Brauchtum: Fasching: Weithin bekannt war das Faschingstreiben in Steinschönau, welches alljährlich acht Tage lang unter Beteiligung fast aller Vereine stattfand und zu dem stets hundert Besucher aus ganz Nordböhmen kamen. Die Faschingsbälle fanden in sieben Sälen statt, nämlich im Vereinslokal „Ressource“ des Hotels „Merkantile“, in den Gasthöfen „Zur Post“ und „Turnhalle„, in den Gasthäusern J. Görner, Wetzig und Worm. Die Tischgesellschaft „Gemütlichkeit“ veranstaltete einige Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg alljährlich zwei große Faschingsumzüge, die sich großer Beliebtheit erfreuten. Osterreiten: Vor dem Ersten Weltkrieg wurde der Brauch des Osterreitens von einer Interessengemeinschaft der Steinschönauer Bauern gepflegt. Er beschränkte sich auf die Stadt Steinschönau. Dem Umzug wurde eine Kirchenfahne vorangetragen, flankiert von einer Muttergottesstatue und einem Kreuz. Der Pfarrer spendete bei der Kirche den Segen. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Osterreiterverein Steinschönau gegründet, der den Brauch gemeinschaftlich mit den umliegenden Dörfern pflegte. Infolge der Teilnahme von Parchen, Meisterdorf, Nieder- und Ober-Preschkau sowie Ullrichsthal bildete sich meist ein Zug von 60 bis 70 Reitern, unter denen sich nicht nur Bauern, sondern auch Personen mit gewerblichen Berufen befanden.
Die Teilnehmer versammelten sich um 6 Uhr früh auf dem Marktplatz in Steinschönau. Der reformierte Reiterzug bewegte sich zuerst nach Parchen, wobei bei der Kirche die erste Segnung erfolgte. Sodann ging es weiter zur Kirche in Ober-Preschkau, wo der dortige Pfarrer die zweite Segnung vornahm. Nachdem die nächste Teilstrecke über Nieder-Preschkau nach Niedersteinschönau zurückgelegt war, wurde im Gasthaus Fischer eine Stunde Rast eingelegt. Die letzte Teilstrecke durch die Bahnhofstraße und die Kamnitzer Straße zum Steinschönauer Kirchenplatz wurde in Begleitung der Musikkapelle zurückgelegt. Böllerschüsse donnerten zur Begrüßung. Der Stadtdechant zelebrierte im Festornat die Osterreiter-Feldmesse mit Predigt. Anschließend hielt der Vorreiter seine Rede. Nach der Messe zogen die Reiter mit Musik durch mehrere Straßen der Stadt, bis schließlich gegen 12 Uhr Mittag der Zug sich am Marktplatz auflöste. Abends fand in der Turnhalle der Osterreiter-Festball statt.

Bücherei: In Steinschönau gab es ursprünglich zwei selbständige Büchereien: die der Ortsgruppe des Bundes der Deutschen und die des Zentralverbandes der Glasarbeiter. Nach dem Büchereigesetz wurden sie als Stadtbücherei zusammengelegt, jedoch ging nur die erstere in den direkten Besitz der Stadt über, während die andere vertragsgemäß als eigene Abteilung bestehen blieb. Die Gesamtzahl der Bände betrug 1958 im Jahre 1923, 4876 im Jahre 1935 und 7128 im Jahre 1938. Für 1935 ist die Aufgliederung bekannt: eigentliche Stadtbücherei 3499 Bände, Arbeiterbücherei 1377 Bände, und zwar schöngeistiges Schrifttum 2777, belehrendes Schrifttum 690, Zeitschriften 1143 und Jugendschriften 266 Bände. Außerdem bestand eine Handbücherei der Verwaltung mit 161 Bänden.


Theater, Orchester, Chorgesang: Alle öffentlichen Aufführungen in Steinschönau mussten ursprünglich im Saal des Hotels „Merkantile“, in Gasthofsälen oder in der 1895 erbauten und 1913 mit einer Bühne versehenen Turnhalle erfolgen (z. B. Wanderkino Fried vor dem und im Ersten Weltkrieg). In den Jahren 1923 bis 1925 wurde vom Gesangsverein „Orpheus“ die Operette „Der Zigeunerbaron“ in der Turnhalle während einer Saison rund dreißigmal gespielt (außerdem zwei, als Gastspiel im Waldtheater in Bürgstein), daneben aber auch die Operetten „Der Bettelstudent“ und „Der lustige Krieg“.
Im Jahre 1927 wurde der lange angestrebte Kino- und Theaterneubau fertiggestellt. Zu seiner Eröffnung am 27. Oktober jenes Jahres führten der Gesangsverein 1853 und die Orchestervereinigung die Opern „Cavalleria Rusticana“ und „Bajazzo“ auf. In den folgenden Jahren fanden besonders im Winterhalbjahr regelmäßig Theateraufführungen statt, und zwar überwiegend als Eigenaufführungen der örtlichen Vereine. Das neue Gebäude hatte für die damaligen Verhältnisse eine modernste ausgestattete Kinobühne erhalten. Neben den regelmäßigen Theater und Kinovorstellungen fanden hier fortan auch die meisten Konzerte (Orchester und Chorgesang), andere künstlerische Darbietungen der Ortsvereine, Dichterabende, Vorträge, Kurse, Puppenspiele usw. statt. Das Gebäude war zu einem ausgesprochenen Kulturhaus geworden.
In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass Steinschönau 3 Musikkapellen hatte: Stadtkapelle I oder sog. „Alte Musik“ mit 40 Mitgliedern, Stadtkapelle II oder sog. „Kromerkapelle“ mit 30 Mitgliedern (jeweils ohnedies Reserve) sowie die Orchestervereinigung, und das 5 Gesangsvereine bestanden, nämlich die Gesangsvereine „1853“, „Orpheus“, „Harmonie“, „Arion“ und Gesangsverein der Arbeiter sowie ein Knabenchor. Musik und Gesang waren somit in Steinschönau zu besonderer Blüte entwickelt. Dazu mag die Gebirgslage der Stadt mit den langen Wintern sowie die verkehrsmäßige Ungunst beigetragen haben. Besondere Erwähnung verdienen auch die großen Oster- und Weihnachtskonzerte sowie die öffentlichen Platzkonzerte am Marktplatz.

Stadtmuseum (Glasmuseum): Das Steinschönauer Museum befand sich bis 1945 in dem schmucken Biedermeierhäuschen Nr. 5, früher Bürgermeisteramt, mitten am Marktplatz der Stadt. Es war ein echtes Heimatmuseum, in welchem sich außer dem Volksleben der Werdegang der Kunstglasindustrie offenbarte, die den Weltruf von Steinschönau begründet hatte. Neben dem Kunstgewerbemuseum in Prag war hier die größte und mannigfaltigste Glassammlung in Böhmen bzw. die bedeutendste im sudetendeutschen Gebiet. Gegründet wurde das Museum auf Initiative des Industriellen Handelskammerrat Franz Friedrich Palme (Mitinhaber der Firma Elias Palme) durch den Museumsverein, bei dem auch die Verwaltung bis 1945 lag.
Das Museum bestand im Wesentlichen aus fünf Abteilungen: „Bilderzimmer“ mit Porträts verdienstvoller Männern aus Steinschönau (Glaskünstler, Professoren, Industrielle usw.) sowie ältere Ansichten der Stadt. Diese Bildwerke auf Glas, Leinwand und Papier sind von namhaften zeitgenössischen Künstlern gefertigt, z. B. Franz Hochelber (Bodenbach), Emanuel und Franz Hegenbarth (beide aus Böhmisch-Kamnitz), Franz und Adolf Horn, Hermann Zeh, Zorn sen. und jun., Alfred Dorn, Otto Pietsch und Josef Eiselt (alle aus Steinschönau).

Glassaal: Dieser beherbergte neben einer geschlossenen Reihe von einheimischen Glaserzeugnissen von Anfang des 19. Jahrhunderts bis 1945 auch eine sehr kostbare Sammlung alter Gläser, vor allem Gravierungen aus Böhmen, Schlesien, Potsdam und Nürnberg. Diese Sammlung verdankt das Museum den Stiftungen von Franz Friedrich Palme und des bedeutenden Meisterdorfer Kunstglasgraveurs F. Fritsche. Zu den wertvollsten Stücken gehörten: der „Plener-Pokal“ von August Böhm (1824-1890), die Lithophanienbilder von Karl Pfohl (1826-1894) sowie Arbeiten der Meistergraveure Karl Günther, August Helzel, Franz Knöchel, Karl und Otto Pietsch sen., Franz Ullmann, Franz Zahn usw. Die Glasmalerarbeiten waren vertreten durch Josef, Gustav und Theodor Ahne, Franz und Adolf Horn, Josef Lenhardt, Ignaz Pietsch usw.
Glasarbeiterstube: Sie zeigte die Einrichtungsgegenstände und die Arbeitsgeräte einer Werkstatt um 1850, die gleichzeitig auch Wohnstube und Küche war. Bürgerzimmer: Es war im Biedermeierstil eingerichtet und führte in die Welt der einstigen Glashandelsherren und ihrer Wohlhabenheit.
Archiv: Die bedeutendsten Stücke waren die Tagebücher, Reisebeschreibungen und Chroniken des Glashändlers Georg Franz Kreybich (1662 bis 1730), das berühmte Musterbuch von Franz Josef Römisch (1788-1833), das sich seit 1915 in Wien befindet, ferner die chronistischen Arbeiten von Franz Friedrich Palme und Oberlehrer August Palme sowie die Arbeiten des Industriellen Harry Palme auf dem Gebiet der Familienforschung.


Zeitungen: Im Jahre 1907 wurde durch Josef Tanner die Steinschönauer Zeitung gegründet, die unter dessen Sohn Egon Tanner bis zum Jahre 1945 herausgegeben wurde und erschien. Seit den 20er Jahren stellte der Glasindustriellenverband monatlich die Fachzeitschrift „Mitteilungen des Gremiums„ allen Mitgliedern zu. Arbeiterbewegung: Das Gebiet von Steinschönau und Haida war seit der Zeit des Hainfelder Parteitags (Ende 1888, Einigung der Sozialdemokratischen Partei Österreichs) eine Hochburg der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung. So wurde um 1890 der Verband der Glas- und Keramikarbeiter, Sitz in Steinschönau, gegründet. Seine Tätigkeit erstreckte sich im Wesentlichen auf die Zahlung einer Arbeitslosenunterstützung von 3 fl bzw. 6 Kronen wöchentlich bis zu vier Wochen Dauer sowie auf die Herausgabe des sozialdemokratischen Wochenblattes „Nordböhmischer Volksbote“ (Redakteur jahrelang der Reichsratsabgeordnete Josef Hannich, später Josef Schweichhart, Abgeordneter in der tschechoslowakischen Nationalversammlung). Nach der Jahrhundertwende übersiedelte die Zeitung zuerst nach Böhmisch-Leipa und dann nach Bodenbach. Aus dem Glas- und Keramikarbeiterverband entwickelte sich die Steinschönauer Arbeiter-Turn- und Sängerbewegung.

Sehenswertes 

Steinschönau besitzt mehrere stilvolle Häuser von Glashandelsherren aus der früheren Blütezeit des Glashandels Ende des 18. bis Anfang des 19. Jahrhunderts. Als besonders typische Beispiele können folgende Häuser gelten: Kamnitzer Straße 69 (Besitzer Stefan Rath), sog. „Vogelhaus“ oder „Lobmeyrhaus“, erbaut vor 1787; Kirchplatz 294 (Emil Neumann), sog. „Liebschhaus“, erbaut um 1810; Marktplatz 51 (Elias Palme), erbaut vor 1787; Sonneberger Straße 43 (Karl Palme), sog. „Horakhaus“, erbaut vor1787; Kamnitzer Straße 156 (Franz Kittel); Lange Gasse 154 (Paul Pallme König); Alleestraße 332 (Hermann Grohmann), erbaut um 1830; Kirchstraße 64 (Anna Kratzer), sog. „Krausehaus“, erbaut vor 1787; Museumshaus(ursprünglich Bürgermeisteramt), Marktplatz 5.
Bedeutende öffentliche Gebäude: Naturheilanstalt (ehemals Villa Ritter von Zahn), Fachschule für Glasindustrie, neues Schulgebäude, Theater- und Kinogebäude. – Von den Fabrikbetrieben waren insbesondere die Anlagen der Lusterfabrik Elias Palme sehenswert.
Die Bauern- und Kleinbauernhäuser waren durch eine Anzahl alter, romantisch wirkender Holzbohlenhäuser vertreten. Zu diesen gehörte auch das Gebäude des Gasthauses „Schloss Pillnitz „.

Das Kriegerdenkmal für die Opfer des Ersten Weltkrieges stand seit 1922 am Kirchplatz. Es war aus mehreren Basaltsäulen vom Herrnhausenfelsen zusammengesetzt.

Stadtgeschichte

Vorgeschichte: Auf einem Felde nahe der Grenze zu Ullrichstal wurde 1913 eine kleine Steinaxt aufgeackerte, die jedoch wie das beim Pflügen auf einem anderen Felde gefundene Steinbeil für die jungsteinzeitliche Besiedlung der Gegend nichts auszusagen vermag (H. Preidel).

Älteste Zeit bis Anfang 17. Jahrhundert  

Steinschönau ist aus dem Bauerndorf Schönau hervorgegangen, das wahrscheinlich im 13. Jahrhundert im Zuge des deutschen Landausbaues als zweireihiges Waldhufendorf gegründet wurde. Mit 30 Bauernstellen war es ein großes Dorf, das auch eine Pfarrei bekam. Allerdings war das auf kargem Boden im Gebirge gelegene junge Dorf so arm, dass noch 1352 kein Papstzehent gezahlt zu werden brauchte. Vielleicht ist darin ein Hinweis zu sehen, dass das Dorf noch nicht lange bestand und daher noch keine Ertragsüberschusse aufzuweisen hatte.

Der Ortsname Schönau ist eindeutig deutsch, wobei es – ebenso wie in den Fällen von Schönau bei Wernstadt, Schönborn bei Bodenbach, und Schönstein-Tyssa- nicht schlüssig klärbar ist, ob damit eine „schön gelegene Au“ oder eine „Wald-Au“ gemeint war. Die in der Neuzeit allein übliche Namensform „Steinschönau“ ist erst seit dem Ende des 16. Jahrhunderts nachweisbar und dient der Unterscheidung des Ortes von anderen gleichnamigen Orten, deren es nicht wenige gibt. Der Namensbestandteil „Stein“ nimmt offenbar Bezug auf das steinige Gelände und nicht auf den Herrenhausfelsen, denn dieser war damals noch nicht freigelegt, sondern im Gipfel des Kreuzberges verborgen.

Das Gebiet von Steinschönau kam 1283 zu der damals gebildeten Herrschaft Scharfenstein der Herren von Michelsberg, die zwischen 1405 und 1408 an die Familie von Salhausen überging. Seit 1535 die Herrschaft Kamnitz verselbstständigt wurde, gehörte Steinschönau zu dieser und blieb deren Bestandteil unter wechselnden Besitzern (zuerst wieder die Wartenberger und ab 1614 die Familie Kinsky) bis 1850, als der größte Teil der Herrschaft Kamnitz dem Gerichtsbezirk Böhmisch-Kamnitz wurde.

Die älteste urkundliche Nennung des Ortes erbringt das schon aufgeführte Papstzehentregister von 1352 mit der Erwähnung „Sonow pauper“ d.h. „das arme Schönau“; im Jahre 1406 ist nur „Sonow“ eingetragen. In den Libri confirmationum lautet die Schreibung des Ortsnamens in den Jahren 1362 und 1364 „Schenow“ und „in Schonaw“. Das älteste Kamnitzer Stadtbuch enthält die von der Mundart beeinflussten Schreibformen „dy Schenne“ (1393) und „Schone“ (1447 und 1477). Die Hoflehentafel erwähnte für 1457 in lateinischer Sprache „Cumberland Villa Sconow“ (= mit dem Dorfe Schönau). Tschechische Landtafeleintragungen weisen nach: 1543 (1515) „Ssanow“, 1546 „Ssinow“ und „Ssenow“, 1614 Ssyna“, 1623 „Ssyna oder Ssanow“.

Der vorstehend in den verschiedenen Varianten gezeigte alte Namen „Schönau“ war seit der Mitte des 17. Jahrhunderts der neuen Namensform „Steinschönau„ gewichen und in Vergessenheit geraten, sodass es zu Beginn der lokalen Geschichtsforschung im 19. Jahrhundert zuweilen Schwierigkeiten mit der Identifizierung des Ortes in alten Urkunden gab.

Den ersten Nachweis für die neuzeitliche Namensform erbringt das örtliche Schöppenbuch, in welchem es 1592 „Steinicht Schöna“, 1630 „Schöna, Schönau und Steinschönau“ und 1659 „Gestein Schöna“ heißt. Eine Matrik in Reinhardtsdorf/Sachsen weist 1640 „Steinigt Schöna“ nach. Von Mitte des 17. Jahrhunderts an kommt fast ausschließlich „Steinschönau“ vor, allerdings mit den kleinen Schreibunterschieden, z.B. „Gestein Schöna“ im Jahre 1659, „Stein Schönau“ in der Müller’schen Landkarte von 1720 und in der Josefinischen Karte von 1781/82.

Über die Familiennamen in Steinschönau gibt das älteste Kamnitzerstadbuch kaum Aufschluss. In zwei Eintragungen sind nur die Vornamen genannt, nämlich 1393 Niclas der Richter und 1477 Adam der Richter. Ob das 1449 genannte „Gut des alten Pasternack“ in Steinschönau oder in Böhmisch-Kamnitz lag, ist nicht eindeutig zu klären.
1538 soll der Name Seiler (Zöllner) vorgekommen sein.

Gemäß dem um 1575 beginnenden Schöppenbuch sind folgende Erstnennungen von Steinschönauer Familiennamen feststellbar: 1575 Hauer (als Pastor), Kreibich (angeblich um 1500 zugewanderte), Palme, Papert, Scheithauer (als Lehrer), Vetter, Weidlich und Wetzig, 1578 Helzel, Weigelt und Zinke, 1580 Hickisch, Horn, Piller, Steiner und Zahn, 1594 Fritsche und Knechtel sowie 1612 Haintschel (als Pastor).

Entwicklung 1654 bis 1848

Die StR (Steuerrolle) von 1664 erwähnt „Ssenow“ mit 30 Bauern, 2 Gärtner und 64 Häuslern; die Ortschaft hatte somit 96 Häuser. Es gab bereits einige Glasschneider, besonders unter den Häuslern, und 30 Einwohner gingen als Glashändler über Land. Demnach muss die Glasverarbeitung in Steinschönau damals bereits seit längerer Zeit verbreitet gewesen sein. Der erste mit dem Namen bekannte Glashändler ist Andreas Knechtel, der um 1623 die Erbschenke (Nr. 149) innehatte. Sein Sohn Matthias Knechtel (♰ 1691) gilt als der erste namentlich benennbare Glasschneider.
Die 30 Bauern Steinschönaus trugen 1654 folgende Namen: Vetter, Helzel, Knechtel, Weidlich, Weigel, Wetzig, Fiedler, Horn, Kittel, Palme, Terme, Ullmann und Zöllner. Dazu kam der Familiennamen Kreibich der 2 Gärtner. Die eine Mühle wurde vom Bauern Fiedler, die andere von einem Gärtner betrieben. Außer den 30 Bauern und Gärtnern gab es 64 Häusler und 54 Familien (oder Alleinstehende) ohne Haus- und Grundbesitz. Soweit diese Häusler, „Inwohnern“ oder „Inleute“, nicht einen der vorgenannten Familiennamen trugen, hießen sie: Dörnicht, Füller, Hainisch, Heinze, Heide, Heintschel, Jäckel, Jahnel, Lorenz, Pietsch, Pilz, Schmied, Schuster, Stelzig, Thomas, Ullrich, Wagner, Zahn und Zinke.
Bei Zusammenfassung sämtlicher Gruppen von Einwohnern konzentrierten sich zwei Drittel des gesamten Namensbestandes auf folgende Familiennamen: Palme, Better, Kreibich, Weidlich, Helzel und Knechtel. Rund 60 Jahre nach der Steuerrolle war „Steinschönau „im TK von 1713 mit 106 Häusern verzeichnet. Es gab 33 Wirte (davon 21 mit 15 bis unter 30 Strich Acker, 8 mit 5 bis unter 15 Strich, je 2 hatten weniger als 5 bzw. mehr als 30 Strich) und 73 Häusler. Von den Einwohnern betätigten sich 12 als Fuhrmänner, 10 als Glasschneider, 3 als Fenstermaler, 27 als „Landgänger“, je 1 als Glashändler, Glasverleger und Bleigießer. Außerdem gab es 1 Gastwirt und 1 Mühle.
Infolge des Aufschwungs durch die Entwicklung der Glasverarbeitung und des Glashandels waren gegen 1750 bereits 90 Häusler vorhanden und die Häuserzahl betrug 120; 1770 waren es 190. in den folgenden Jahrzehnten beschleunigte sich die Entwicklung. In der Topographie von Schaller (1787) ist „Stein Schönau“ bereits mit 222 Nummern verzeichnet. Über die Einwohner ist ausgesagt, dass diese in „drei Klassen eingeteilt werden: 1. Kaufleute, welche die hier verfertigten Gläser abnehmen und mit selben in auswärtigen Ländern handeln, weshalb sie fast alle Sprachen Europas kundig sind. 2. Arbeiter, welche Glas schneiden, Perlen Kugeln, vergolden, schleifen usw. Unter ihnen sind einige sehr geschickt Künstler, hauptsächlich die Glasschneider, als welche die feinsten Petschaften, allerhand verzogene Namen, Figuren, Landschaften und Porträt schneiden. 3. Fuhrleute, welche die erzeugten Produkte in weit entfernte Gegenden verführen: zu dem hat Steinschönau vor anderen Orten, wo mit Glas gehandelt wird, auch dieses zuvor, dass hier mit demselben der Anfang gemacht worden.“
Diese Ausführung zeigen, daß die Struktur des Ortes schon stark gewerblich und die Landwirtschaft in den Hintergrund getreten war.
Im Jahre 1800 gab es 267 Häuser, im Jahre 1817 waren es 300 und gemäß der Sommer‘schen Topographie (1833) hatte „Steinschönau am Schönauer Bache“ 336 Häuser mit 2228 Einwohnern. Es wird berichtet:“ Außer den 34 Bauern, welche meist zugleich Commerzfuhrleute sind, beschäftigten sich die Einwohner größtenteils mit Glasverarbeitung und Glashandel. Neben der k. k. privilegierten Glasraffinierungsfabrik von Franz Vogel, welche nach Konstantinopel, Smyrna und Ägypten Geschäfte treibt und dort ihre eigenen Niederlagen erhält, sind hier noch 27 Glashandlungen, welche teils mit ihren mannigfaltigen und schönen Glaswaren die in- und ausländischen Messen beziehen, teils in verschiedenen Gegenden der Monarchie und des Auslandes ihrer Niederlassungen haben oder ihre Erzeugnisse dahin versenden; Glasarbeiter sind 112 hier. Der Besitzstand an Waldung beträgt 189 Joch (=111 ha). Die von Kamnitz nach Haida führende Commerzialstraße durchschneidet den Ort. Hier ist der Kanonikus Franz Jakob Kreybich geboren (1759-1833), von dem unter anderen 1826 eine vortreffliche Karte der Herrschaft Böhmisch-Kamnitz erschienen ist.
Bezeichnend für den damaligen Aufschwung Steinschönaus ist, dass 1782 ein örtliches „Armeninstitut“ gegründet wurde, dem 1821 die Errichtung der Florian Vogel’schen Krankenwärterstiftung folgte. Der Inhaber der Glashandlung Franz Vogel & Comp., Florian Vogel (1770-1843), stiftete ein Kapital von 1000 fl in k. k. 5%igen Conventions-Staatsschuldschein zugunsten des Steinschönauer Armeninstitutes und verfügte, dass davon die Bezahlung von je einem männlichen und weiblichen Krankenpfleger zu erfolgen habe. Um 1810 wurde das Gemeindesiechenhaus gebaut (Nr.287), wo gebrechliche und arme alte Leute Unterkunft fanden. Etwa Mitte des 19. Jahrhunderts errichtete der Glashandelsherr Helzel eine zweite, die sog. Helzel‘sche Krankenwärterstiftung, und noch vor 1866 ließ die Marktgemeinde ein zweites Altersheim, das sogenannte Gemeindespital, erbauen (Nr. 416).
In dem Schiffner‘schen Reiseführer durch die Sächsische-Böhmische Schweiz von 1835 wurde Steinschönau als städtisches Dorf bezeichnet. Es gab einen Gasthof „Stern“. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts war Steinschönau zur größten Gemeinde im Gebiet der damals gerade errichteten Bezirkshauptmannschaft Tetschen geworden. Die statistischen Nachweise für 1848 lauten: Steinschönau: 370 Häuser mit 2663 Einwohnern, Böhmisch-Kamnitz: 342 Häuser mit 2450 Einwohnern, Tetschen mit 297 Häusern und 1670 Einwohnern. Die Relation änderte sich bald zugunsten von Tetschen, als dieses durch den Bau der Eisenbahn, undenkbar, Beginn der Güterdampfschifffahrt verkehrsmäßige Vorteile erhielt.

Markt bzw. Stadt Steinschönau 1848 bis 1918

In Anbetracht der Bedeutung Steinschönaus als Mittelpunkt der Glasindustrie wurde das bisherige Dorf mit Wirkung vom 18. Dezember 1949 zum Marktflecken erhoben, mit dem Recht zur Abhaltung von drei Jahrmärkten und einem Samstag Wochenmarkt. Die Jahrmarkt Termine waren: Letzter Dienstag im April, Dienstag vor Johannes d. T. (24. Juni) und erster Montag im Oktober (später wurde der Markt im Juni nicht mehr abgehalten).
Bald nach der Markterhebung wurde 1856 die Glasfachschule gegründet. Die Einwohnerzahl betrug 1857 3109 Personen. Im Jahre 1868 wurde Steinschönau von einem schweren Brandunglück heimgesucht, das 48 Gebäude in Asche legte und 84 Familien obdachlos machte. Die betroffenen Häuser befanden sich hauptsächlich in einem älteren Teil des Ortes, nämlich in der Kirchgasse, Badegasse und Langegasse, teils aber auch in der Gabelsberger-, Meisterdorfer, Sonneberger, Kamnitzer, Schul-, Turnhallen- und Turngartenstraße, am Schubertberg, am Lerchenfeld und in der Teichstatt. Der großzügige Wiederaufbau verändert das Ortsbild stellenweise erheblich. Um gegen Brandunglücksfälle besser gewappnet zu sein, wurde bald darauf die Freiwillige Feuerwehr gegründet. Wenige Jahre nach dem Brand wurde von den Industriellen das weithin bekannte Hotel „Merkantile“ errichtet, in welchem die zahlreichen Geschäftspartner bei ihren Besuchen untergebracht wurden.
Gemäß der Volkszählung von 1869 lebten in Steinschönau 3813 Einwohner in 461 Häusern. Zwischen 1865 und 1890 fanden Kohlegrabungen in der Flur „Dickn Matzns Gründe“ statt, die schließlich ergebnislos aufgegeben wurden.
Im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts wuchs die Marktgemeinde Steinschönau – trotz des zeitweise wirtschaftlichen Rückganges in den 70er Jahren – auf 4410 Einwohnern in 543 Häusern gemäß der Volkszählung 1880.
In jener Zeit gründeten die größten und angesehensten Firmen von Steinschönau, Haida und Umgebung den Verband der nordböhmischen Glasindustriellen (1879). Auf das Betreiben dieses Verbandes geht der Bau der Lokalbahn von Böhmisch-Kamnitz nach Steinschönau zurück, der 1886 vollendet wurde. Die Marktgemeinde musste ein Jahreserträgnis von 22.000 fl garantieren, und die Industriellen hatten dafür zu sorgen, dass in Steinschönau eine Glashütte in Betrieb genommen wurde. Dies geschah noch im selben Jahre mit der Errichtung der Rohglasfabrik Adolf Rückl direkt beim Bahnhof Steinschönau.
Im Jahre 1882 war die Verstaatlichung der bis dato von der Gemeinde erhaltenen k. k. Fachschule für Glas- und Metallindustrie erfolgt, 1887 kam es zur Gründung der Steinschönauer Sparkasse und in den 90er Jahren zur Errichtung einer Knabenbürgerschule in einem neuen Schulgebäude (1896) und bald darauf auch zur Errichtung der Mädchenbürgerschule (1899) sowie zur Installierung des Elektrizitätswerkes (1899) durch die Wiener Firma A. Jordan. Nach einer Zählung von 1891 befanden sich in der Marktgemeinde 29 Glasgeschäfte und 957 Glasarbeiter, womit es im nordböhmischen Glasdistrikt an erster Stelle stand. Im Zuge dieser Entwicklung erreichte Steinschönau aufgrund der Ermittlungen der Volkszählung vom Jahre 1900 5080 Einwohner in 647 Häusern, hatte 20 Fabrikbetriebe und wurde mit Wirkung vom 1. August 1900 in den Rang einer Stadt erhoben. Zu den Einwohnern gehörten 214 Tschechen, die seit 1886 als Glashüttenarbeiter zugezogen waren.
Wichtige Daten in den ersten Jahren seit der Jahrhundertwende waren: 1900 Übergang des E-Werkes an die Österreichische Eisenbahnverkehrsgesellschaft und 1901 an die Gesellschaft für elektrische Industrie, 1903 Weiterführung der Eisenbahnlinie über Parchen-Obersteinschönau (zweite Bahnstation der Stadt) nach Böhmisch-Leipa, 1904 Ausbau des oberen Schwimmbades, um 1905 erste Kinovorstellungen (Wanderkino Fried), 1905 Gründung der Glashütte Jilek & Vetter (ab 1914 Gebr. Jilek), 1906 letzte Fahrt der von Pferden gezogenen Eilpostwagen, 1907 Gründung der Steinschönauer Zeitung.
Im Jahre 1910 hatte Steinschönau 5306 Einwohner und 702 Häuser. Die Zahl der bedeutenden Glashandelshäuser betrug rund 35. Dann bewirkte der Erste Weltkrieg infolge fast totaler Absperrung von den Exportgebieten die Verringerung der Beschäftigung auf ein Minimum. Die Zahl der Kriegsopfer betrug rund 200 Gefallene und Vermisste.

Stadtentwicklung 1918 bis 1945

Für die Zeit nach dem Kriege sind folgende Daten bemerkenswert: 1919 Gründung des Stadtmuseums, 1921 Eröffnung des ständigen Kinos, Errichtung der staatlichen Postautobuslinie von Böhmisch-Kamnitz über Steinschönau nach Haida und Reichsstadt sowie Übernahme des Elektrizitätswerkes durch die Stadt, 1922 Errichtung der dritten Glashütte, 1927 Ausbau der städtischen Bücherei, 1928 Eröffnung des städtischen Theater- und Kinoneubaus sowie der Naturheilanstalt, 1922 bis 1930 Pflasterung von 14 km Straßen der Stadt, Ausbau der Wasserleitung, Errichtung des Kindergartens und der Mütterberatungsstelle. Die Einwohnerzahl, die 1921 auf 4699 abgesunken war, hatte 1930 den Vorkriegsstand überschritten und damit den Höchststand von 5340 erreicht. Hierfür war hauptsächlich die Zuwanderung von Tschechen (Glashüttenarbeiter) maßgeblich, deren Zahl von 499 (8,5 %) im Jahre 1921 auf 820 (15,4 %) im Jahre 1930 gestiegen war.
Im Jahre 1931 wurde das neue, zweite Strandbad am Mühlberg im Ortsteil Niedersteinschönau fertiggestellt, 1935 fand die große ortsgeschichtliche Ausstellungen unter wesentlicher Mitwirkung des Fabrikanten Harry Palme (Mitinhaber der Fa. Elias Palme) statt, wurde die Stadtsparkasse als „Hauptzweigstelle“ der Böhmisch-Kamnitzer Sparkasse angegliedert und es begannen die Planungen für die Wildbachverbauung des Steinschönauer Baches. Im Zuge der Bemühungen, die wirtschaftliche Lage der Glasindustrie zu verbessern, sendete der Prager Rundfunk am 11. Dezember 1937 die „Erste Weltrundfunkreportage über die Glasindustriestadt“. Die in den 30er Jahren stagnierende Lage der Glasindustrie spiegelte sich deutlich in der nur schwachen Bautätigkeit in Steinschönau wider. Die Zahl der Häuser vermehrte sich von 1934 bis 1942 lediglich um 8 (von 877 auf 885), während beispielsweise in Tetschen in der gleichen Zeit ein Zugang um etwa 70 Häusern zu verzeichnen war. Die häufigsten Familiennamen in Steinschönau im Jahre 1934 waren: Palme, Helzel, Kreibisch, Richter, Walter, Knechtel, Pietsch, Eiselt, Zahn, Günther, Müller, Fiedler, Johne, Krause, Vogel, Rößler, Rückel, Bretschneider, Neumann, Vetter, Heller, Kromer, Löhnert, Piesche, Wenzel, Heinrich, Hoffmann, Kasper, Mieke, Schmidt, Ullmann, Jech, Jindra, Knöchel, Proft, Seidel, Sommer, Terma, Vater, Hackel, Handikap, Horn, Jahnel, Kittel, Schäfer, Scholz, Weber, Zimmermann, Bräuer, Christof, Eschler, Kardaus, Klinger, Knappe, Nedwed, Pleschinger, Pohl, Schiller, Schimmel, Schön, Tscherpel, Wagner, Werner, Zinke, Ahne, Böhm, Dittrich, Fritsch, Fritsche, Görner, Kelbel, Klimt, Michel, Pfützner, Reichelt, Ritschel, Schneider, Strohbach, Tischer, Weidlich, Wendler und Wolfig.
Wegen des häufigen Vorkommens des Familiennamens Palme (35) wurden in Steinschönau ebenso wie im benachbarten Parchen die Namen durch Anhänge eines charakterisierenden Wortes unterschieden, beispielsweise: Palme Meisel, Palme Hütl, Palme Tausch, Palme Tausch Ober bzw. Nieder, Palme Häusl, Palme Tausch Häusl, Palme Si
mpl, Pallme König usw. Diese Kompilationen, die eine Art Hausnamen darstellten, sind seit dem 16. Jahrhundert belegt und erhielten sich bis 1945. Teils waren sie zu echten Familiennamen geworden und werden heute noch getragen, wie z. B. Pallme König. Sie werden stets ohne Bindestrich geschrieben.
Anfang 1938 setze die tägliche direkte Autobusverbindung nach Tetschen mit Fahrdauer von 50 Min. ein. Die im Sommer 1938 sich verstärkte außenpolitischen Spannungen hatten zu Folge, dass Steinschönau im September jenes schicksalsträchtigen Jahres eine tschechische Maschinengewehrabteiltung als Besatzung erhielt. Sie rückte kampflos ab, als am 3. Oktober 1938 vertragsgemäß eine Einheit der Deutschen Wehrmacht in Steinschönau einzog.
Münchner Abkommen – Es war das 1. Jägerbataillon des Inf. Reg.10 aus Dresden unter Führung des damaligen Oberstleutnants und späteren Generals der Infanterie Ludwig Wolff. In Anbetracht des ausgezeichneten Verhältnisses zur einheimischen Bevölkerung wurde General Wolff zum Ehrenbürger von Steinschönau ernannt. Infolge der geänderten Verhältnisse wanderten 1938 zahlreiche, der nach dem Ersten Weltkrieg zugezogenen Tschechen wieder ab. Die Einwohnerzahl der Stadt verringerte sich dadurch von 5340 im Jahre 1930 auf 4919 im Jahre 1939. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges, der für Steinschönau mit einer nicht-kriegswichtigen Industrie umfangreiche Betriebseinschränkungen brachte, wurden mehrere Betriebe aus bombengefährdeten Gebieten Nord- und Westdeutschlands sowie aus Ostdeutschland nach Steinschönau verlagert. Es handelt sich insbesondere um die Zentralhandelsgesellschaft Ost, die mit etwa 100 Personen in die Mädchenbürgerschule einzog, die Berliner Lebensversicherungsgesellschaften AG mit 120 Angestellten und die Hauptverwaltung des Deutschen Süßstoff-Syndikates mit 80 Angestellten, die alle im Hotel „Merkantile“ Büroräume erhielten. Hinzu kamen zahlreiche Bombengeschädigte aus Berlin, Nord- und Westdeutschland sowie zuletzt auch Flüchtlinge aus Ostpreußen und Schlesien, so dass sich die anwesende Bevölkerung im Jahre 1945 auf 6200 belief, das ist um gut 1000 oder 20 % mehr als 1939.

Industrielle Entwicklung seit dem 17. Jahrhundert

Die Entstehung der Glasindustrie und des Glashandels von Steinschönau und Umgebung steht in engem Zusammenhang mit der in der nahen Ortschaft Falkenau im Jahre 1530 gegründeten Glashütte des Paul Schürer, dessen Nachkommen 1592 mit dem Prädikat „von Waldheim“ in den Adelsstand erhoben wurden. Das Dorf Falkenau gehörte bis 1564 zur Kirche und Schule in Steinschönau. Diese Nachbarschaft ist wahrscheinlich der Anlass dazu gewesen, den armen Häuslern und Inleuten des Kirchdorfes Steinschönau und andere umliegender Ortschaften durch Bearbeitung und Veredlung des Glases neue und bessere Verdienstmöglichkeiten zu verschaffen.
Vor und während des Dreißigjährigen Krieges blieb die Betätigung der Einwohner mit dem Glas jedoch noch geringfügig. Zumindest sind kaum urkundliche Nachweise dafür vorhanden. Bekannt ist immerhin, dass Andreas Knechtel, Dorfrichter in Steinschönau, kurz nach 1623 Glas geschnitten hat und mit den Erzeugnissen handelte.
Die StR von 1654 lässt durch eine abschließende Bemerkung erkennen, dass von den 64 Häuslern und Tagelöhnern viele als Glaser und Drechsler sowie als Handwerker tätig waren. Welche Bedeutung dem Glasschneider-, Glasmaler- und Schraubenmachergewerbe zukam, beweist die nur vier Jahrzehnte nach dem großen Krieg durch die Grundherren, den Grafen Wenzel Nobert Oktavian Kinsky, im Jahre 1694 erlassene Innungsordnung für das Gewerbe.
Der erste Glasschneider, der sein Gewerbe nachweisbar schon während des Dreißigjährigen Krieges in Steinschönau ausübte, war Matthias Knechtel (♰ 1691), offenbar auch ein Nachkomme des Richters Kasper Knechtel, der um 1594 das Erbgericht käuflich erworben hatte.
Um 1700 werden außerdem folgende Einwohner als Glasschneider genannt: Christof Vetter, Tobias Günther, Elias Pallme König, Daniel Holey, Tobias Weidlich, Adam Palme, David Heide, Chritoph Wagner, Elias Kreibich, Hans Casper Palme, Hans Georg Palme, Daniel Helzel und Georg Pallme Tausch. Als erster Glasmaler ist 1671 Christoph Heide erwähnt. Um 1700 übten auch Elias Helzel und Hans Georg Palme Goth dieses Gewerbe aus. Etwa gleichzeitig waren Christian, der Sohn des letztgenannten, als Schraubenmacher und Elias Palme als Schleifer tätig.
Etwa gleichzeitig mit der Ausbreitung der Glasbearbeitung begann auch der Glashandel sich zu entwickeln. Der bedeutendste Pionier unter den „Landgängern“, wie die den Hausierhandel mit Glas betreibenden Leute genannt wurden, war der Bauernsohn Georg Franz Kreybich (* 1662 bis ♰ 1730), der in einem Zeitraum von 38 Jahren rund 30 Handelsreisen in zahlreiche Länder unternahm (1683-1721). Aus seinen hinterlassenen Berichten geht hervor, dass er mit den Glaskarren und später mit den Glaswagen nicht nur die meisten deutschen Länder von der Ostsee bis an die Adria, sondern auch nach Stockholm, London, Livland, Moskau, Ungarn, Siebenbürgen, Konstantinopel und Rom gekommen ist.

Welchen Umfang der Hausierhandel mit Glas angenommen hatte, zeigt die TK von 1713, demzufolge von den 73 Steinschönauer Häuslern nicht weniger als 27 Landgänger mit Glas waren. Die bedeutendsten unter ihnen sind Christoph Zahn, Daniel Bräuer, Georg Wagner, Georg Palme (♰ 1716 in Calais), Palme Tausch (handelte in Italien) und Elias Helzel. Auch Bauern beschäftigen sich mit dem Glashandel, so Christoph Hegenbarth und Georg Kittel; für 1718 sind weiteres nachgewiesen: Ignaz Krause, Franz Vogel und Georg Zahn. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts hatte sich der Hausierhandel in einen Markthandel gewandelt, indem die Glaskaufleute in größeren Städten, und zwar vornehmlich an der Küste, ihre Faktoreien errichteten. Steinschönau wurde so zum Hauptsitz des levantischen Glashandels, und die bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts reichende Blütezeit der Faktoreien wird als goldenes Zeitalter dieses Handelszweiges bezeichnet. In einem Reisebericht des Staatsministers Graf Sinzendorf von 1744 heißt es, dass die geschliffenen und vergoldeten Glaswaren von den Steinschönauer Glashändlern direkt nach Polen, Moskau, Italien, Spanien, Portugal, Frankreich, Holland und – trotz Einfuhrsperre – nach Dänemark und Schweden geliefert wurden. Ein 1752 angefertigtes Steuerverzeichnis der Herrschaft Böhmisch-Kamnitz führte in Steinschönau 38 Handelsleute auf. Ihre Familiennamen – geordnet nach der Häufigkeit- waren: Helzel, Kreibich, Palme, Knappe, Weidlich, Zinke, Fritsche, Günther, Heinrich, Heller, Hellmich, Henke, Horn, Robitsch, Römisch, Schlegel und Wagner.
Innerhalb weniger Jahrzehnte wurde Steinschönau damals vom Dorf zum Industrialort. Die Zahl der Häuser verdreifachte sich binnen 100 Jahre (nähere Angaben vergl. Theresianischen Kataster, Schaller´sche und Sommer´sche Topographie). Noch heute legt die Bauart der im 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts gebauten geräumigen Patrizierhäuser Zeugnis ab von dem damaligen Wohlstand und dem Bestreben, die Häuser nach dem Vorbild städtischer Gebäude und Adelsbauten zu errichten. In den Commerverzeichnissen der Jahre 1785 und 1789 ist Steinschönau mit folgenden Großhandelshäusern vertreten: Hölzel & Palme, Gebr. Zahn, Anton Palme & Co., Franz Anton Hölzel & Co., Franz Vogel & Co., Zinke & Storch & Co. sowie Johann Georg Palme & Co.
Im Jahre 1804 zählte Steinschönau an die 40 Glashändler, deren bedeutende Waren: Franz Krause und Ignaz Krause (Handel nach Spanien und Amerika), Palme, Langer & Co., Franz Anton Palme sowie Joseph Palme (Niederlassungen in Triest, Neapel und in anderen romanischen Staaten).
Franz Vogel, Florian Vogel, Ignaz Palme u. Joseph Handschke, Johann Anton Helzel, Ignaz Herbst, David Ullmann, Franz Anton Knechtel und Joseph Karl Knechtel (Niederlassungen in Smyrna und Konstantinopel). Bartholomäus Zahn liefert hauptsächlich nach Norddeutschland, Josef Zahn in die Schweiz und nach Frankreich. Franz Vogel – wohl die größte Firma – beschäftigte zu jener Zeit in Steinschönau und Umgebung 162 Personen, davon 50 Vergolder, 43 Glaskugler, 25 Schleifer, 22 Glasschneider, 2 Glasmaler, 7 Stöpselbohrer und Schraubenmacher, 4 Spiegelmacher und 9 Tischler.
Der Einfluss der Glashändler, die im Laufe der Zeit auch als Glasverleger (Negozianten) bezeichnet und schließlich „Raffineure“ und „Fabrikanten“ genannt wurden, nahm infolge des geschäftlichen Aufschwunges immer mehr zu. Die Raffineure bezogen das Rohglas aus den Glashütten, gaben die gefragten Glasarten bei den Schleifern, Glasschneidern (Graveuren und Kuglern), Ätzern, Malern usw. in Auftrag und versandten schließlich die Ware. Auf dieser Weise beherrschten die Raffineure nach und nach ganz den Markt. Aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist über die einzelnen Handelshäuser wenig überliefert. Bekannt ist aber, dass durch die napoleonische Zeit mit der Kontinentalsperre die Glashandelskompanien in Schwierigkeiten gerieten, sodass sich mehrere auflösten und nur die wohl Fundierten bestehen blieben. So sind z. B. von 1838 die Raffinerien Franz Vogel Söhne, Anton Helzel Erben und Anton Zahn namentlich bekannt.
Die Wirtschaftskrise zu Anfang des 19. Jahrhunderts bewirkte, dass der nördböhmische Glashandel andere Formen annahm. Der Faktoreibetrieb wandelte sich zum modernen Lieferungs- und Exportgeschäft um, wie es im Wesentlichen bis 1945 betrieben wurde. Die Handelshäuser entsandten nunmehr in die Absatzländer Reisende, die mit Musterkollektionen ausgerüstet waren und an großen Handelsplätzen Musterlager zur Verfügung hatten. Aufgrund dieser Muster übernahmen die Vertreter von der Kundschaft Aufträge, nach denen die Produktion erfolgte. Die Lieferung der Erzeugnisse geschah dann entweder direkt aus Steinschönau an den Kunden oder durch firmeneigene Verkaufsfilialen in größeren Städten. Maßgeblich beeinflusst durch diese kaufmännischen Anpassungen, setzte um die Mitte des 19. Jahrhunderts ein neuerlicher Aufschwung der Glasindustrie ein.
In der Mitte der 70er Jahre gab es jedoch durch die Geschäftslage wieder einen zeitweisen Rückgang im Umsatz. Es setzte sich darob die Überzeugung durch, dass der verarbeitenden Glasindustrie nur dadurch geholfen werden kann, wenn die Rohglaserzeugung in unmittelbarer Nähe erfolgte und dadurch Aufträge rascher und rationeller sowie unter weitgehender Vermeidung von Bruch verwirklicht werden können. Tatsächlich trug die Gründung von zwei Glashütte (1886 und 1906) mit angegliederten Schleifereien maßgeblich zu der Entfaltung und Blüte der Steinschönauer Industrie in den folgenden Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg bei. Es war die Zeit, in der sich aus der bis dato kleinbetrieblichen Produktionsweise (teils noch mit Handbetrieb) nach und nach Fabrikbetriebe mit moderner Maschinenausstattung entwickelten. Dieser Aufschwung wurde durch die Kriegszeit von 1914 bis 1918 unterbrochen. Aufschlussreich für die wirtschaftliche Bedeutung der Glasindustrie ist der Wert der in Steinschönau erzeugten Glaswaren. Die Wertsumme soll Anfang der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts etwa 5 Millionen fl betragen haben. Damals bestritt Steinschönau zusammen mit der Nachbarstadt Haida zwei Drittel des Glasexports des alten Österreich.
Die beiden Jahrzehnte zwischen den Weltkriegen verliefen für die Steinschönauer Industrie wechselhaft. Auf die Konjunkturjahre 1920 und 1921 folgten die ausgesprochenen Krisenjahre 1922 und 1923 hauptsächlich wegen des plötzlichen Anstieges des Außenwertes der tschechoslowakischen Währung, der eine Verringerung der Exportaufträge zur Folge hatte, jedoch warf auch die Inflation im Deutschen Reich und in Österreich ihre Schatten auf die Steinschönauer Industrie. Unter dem Druck des Geschäftsrückganges mussten die in den ersten Jahren nach dem Weltkrieg abgeschlossenen Tariflöhne bis zu 30 % und 35 % gesenkt werde. Mehrere der vielen neugegründeten Glasraffenerien wurden wieder geschlossen. Nachdem es Ende der 20er Jahre zu einer wirtschaftlichen Konsolidierung gekommen war, setzten im Laufe der Weltwirtschaftskrise ab 1930 neuerliche Rückschläge ein. Wiederum mussten Glasgeschäfte stillgelegt oder ganz aufgegeben werde. Zeitweise waren bis zu 80 % der Arbeitnehmerschaft erwerbslos. Mit dem Anschluss des Sudetenlandes 1938 trat zunächst der erhoffte wirtschaftliche Aufschwung ein, doch war dieser infolge des ein Jahr später begonnenen Zweiten Weltkrieg nur von kurzer Dauer.
Auch außerhalb der Glasindustrie war es in Steinschönau zu einigen Industriegründungen gekommen. Zu nennen sind insbesondere: Fa. Franz Josef Richter, vorm. Ignaz Helzel, die von 1842 bis 1945 die Erzeugung und den Handel mit Farben (Spezialität „Helzelpurpur“), Glasemaillen, Glanzgold, Lusterfarben und andere Bedarfsartikeln betrieb und damit Steinschönau und die Nachbarorte versorgte; die Waren wurden teilweise auch exportiert. Fa. Ludwig Strohbach, 1900 bis 1945, Chromlederfabrik, mit der Markenbezeichnung „Imperial“. Fa. Langer & Zahn, 1908 bis 1945; Metallwarenfabrik (Metalldruckerei und Gürtlerei). Raimund Jahnel, Metallwarenfabrik.

Firma J. und L. Lobmeyer, Wien

Für die künstlerische Fortentwicklungen zahlreicher Steinschönauer Glaskünstler spielt die 1823 gegründete Glasverleger- und Glashandelsfirma J. u. L. Lobmeyer, Wien I, Kärntner Straße 26, 1. k. u. k. Hoflieferant, eine große Rolle. Schon Mitte des 19. Jahrhunderts kam Ludwig Lobmeyer mehrfach zu Einkäufen nach Steinschönau und um 1860 begannen erstmals Glasmacher und Glasgraveure in direktem Auftrage der Firma Lobmeyer zu arbeiten. Nach Lobmeyr´sche Entwürfen und Vorschlägen wurden seitdem Kunstgläser veredelt, die vor Errichtung der ersten Steinschönauer Glashütte (1866) in Neuwelt im Isergebirge, in Silberbergwerk, Ernstbrunnen bei Winterberg und Eleonorenheim im Böhmerwald hergestellt wurden.
In der Epoche des Jugendstils entstand bis 1910 eine große Zahl von Lobmeyer-Gläsern nach Entwürfen damaliger namhafter Wiener Künstler, meist Professoren der Kunstakademie. Die aufgrund der Zeichnungen von Fritz Alber, Otto Hofer, Josef Hoffmann (Mitbegründer der Wiener Werkstätten 1903 und des österreichischen Werkbundes 1912), Urban Janke, Michael Powolny und Otto Strnad gefertigten Gläser gehören zu den besten Kristallarbeiten ihrer Zeit. Besondere Erwähnung verdienen die Bronzit- und Golddekorgläser von Lobmeyer nach Entwürfen von Hoffmann, L. H. Jungnickel, Oswald Dittrich u. a. Im Jahre 1902 war Stefan Rath in der Firma Lobmeyer eingetreten und führte diese nach dem Tode seines Schwiegervaters Ludwig Lobmeyer (♰ 1917) weiter. Im Jahre 1919 eröffnete Stefan Rath auf Empfehlung seines Freundes Franz Friedrich Palme (Mitinhaber der Fa. Elias Palme) eine Niederlassung (Raffinerie) in Steinschönau, um von Wien aus den Kontakt zu der nunmehr im Ausland gelegenen Glasstadt besser halten zu können. Zweieinhalb Jahrzehnte später, im Februar 1945, hatte Stefan Rath sogar seinen Wohnsitz von Wien nach Steinschönau verlegt, um in Anbetracht des bevorstehenden Kriegsendes dort zu retten, was möglich war. Nach wechselvollen Jahren musste er jedoch im Dezember 1951 infolge der Verstaatlichung auch seines Betriebes nach Wien zurückkehren.

Nachwort (Ausklang)

Die Kriegsverluste von Steinschönau betrugen – soweit feststellbar 109 Gefallene und 59 Vermisste, zusammen somit 168 oder 7,3 % der männlichen Bevölkerung von 1939 bzw. 8,2 %, wenn nur die deutschen Einwohner berücksichtigt werden.
Die Vertreibung der Deutschen ging in sechs Schüben vom 19. Juni bis September 1946 vor sich. Viele deutsche Glasfachkräfte wurden zurückgehalten. Gemäß den „Seelenlisten“ von 1959 befanden sich 42 % der ehemaligen Einwohner in der Bundesrepublik Deutschland, 50 % in der Deutschen Demokratischen Republik, 6 % in der CSSR und 2,4 % im übrigen Ausland, meist in Österreich.
In der Bundesrepublik erfolgte eine Konzentrierung von Steinschönauer vornehmlich im Raum Euskirchen-Rheinbach bei Bonn (in Rheinbach Gründung einer neuen Glasfachschule und eines Glasmuseums), ferner in Groß-Umstadt südlich Frankfurt /Main und schließlich in Hadamar/Hessen, wo Haidaer Glasfachleute ebenfalls eine neue Glasfachschule errichteten. In Österreich ließen sich Steinschönauer in Kramsach/Tirol nieder und gaben auch hier Anlass zur Gründung einer Glasfachschule.
Nach der tschechischen Volkszählung vom Jahre 1961 hatte Kamenicky Senov (deutsch Steinschönau) – bei gleichem Gebietsumfang wie bis 1945 – 650 bewohnte Häuser mit 3364 Bewohnern gegenüber 885 Häuser mit 4919 Einwohnern im Jahre 1939.

Tetschen-Bodenbach – Heimatverband Kreis Tetschen-Bodenbach (Hrsg.) „Heimatkreis Tetschen-Bodenbach. Ein Buch der Erinnerung“ – 1969
Alfred Herr “ Heimatkreis Tetschen-Bodenbach: Städte und Gemeinden.“ Heimatverband Kreis Tetschen-Bodenbach e.V.“ 1977 – S.199-224

[1]1977 gab es keine Kapelle mehr, kein Kreuzweg und die 14 Stationen. Zerstörung hat es unwiderruflich verschwinden lassen.

Heute

Kamenický Šenov (deutsch Steinschönau, Stein-Schönau) ist eine Stadt des Okres Česká Lípa in der Region Liberec im Norden der Tschechischen Republik.

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