Geschichte
Das Gebiet von Kunnersdorf, eine 1475 gegründet Gemeinde mit 447 Einwohnern und 85 Häusern (1930: 471), schloss sich im Süden und Osten an die Waldungen der Herrschaft Schluckenau, im Norden an die Grundstücke der Stadt Schluckenau an. Der Ort war fast ganz von Wald umgeben. Er liegt am Fuße des Pirsken, des Kunnersdorfer Berges und des Seilerberges. Der Pirschken, auch Pirsken genannte Basaltrücken ist mit 608 m Seehöhe der höchste Berg im Niederland. Er hatte vier Ortsteilen: das Oberdorf, Pirschkenhäuser, die Hofewiese und das Niederdorf. Die Umgebung des Dorfes war sehr romantisch. Eine herrliche Aussicht genoss man von dem am Pirsken gelegenen Ochsenstein. Die mitten in Wiesen und Geldern nah am Walde gelegenen Häuser verliehen dem Ort einen malerischen Anblick. Der Ort liegt am Silberbach, auch Silberwasser genannt. Die Bewohner waren zu einem Drittel Mittel- und Kleinbauern, zu zwei Drittel Arbeiter, die meistenteils als Bau- und Textilarbeiter in den Nachbarorten dem Erwerb nachgingen. An industriellen Kleinbetrieben waren hier zunächst die Schlepprechenerzeugung Hegenbarth, die bis 1914 gut florierte und erst im Ersten Weltkrieg Spaten für den Stellungskampf herstellte, nach Kriegsende aber nicht mehr anlief. Etwa 1930 wurde der ehemalige Gehenbarthsche Besitzer von dem Autoschlosser Albin Liebisch aus Schönlinde erworben, der unter der Bezeichnung „Böhmische – Motorenwerke Albin Liebisch“ die Erzeugung eines schweren Typs von Motorrädern und Beiwagen betrieb und zeitweilig 150 Arbeiter beschäftigte. Ein Exemplar dieses schweren und starkrahmigen Motorrads steht heute im Verkehrsmuseum in Dresden/Sachsen. Die Entwicklung wurde durch den Krieg abgebrochen, als Liebisch hauptsächlich anderweitig Wehrmachtsaufträge ausführen musste. Im Ort war noch das Dampfsägewerk Kümpfel, eine Mühle und ein Steinbruch.
Bereits seit dem Ende des 18. Jahrhunderts ist die Kümpfelmühle als Brett- und Mahlmühle belegt. In den dreißiger Jahren brannte sie einmal aus, wurde jedoch wieder neu aufgebaut.
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Der Postverkehr wurde von Schluckenau aus besorgt. Kirchlich war Kunnersdorf teils nach Zeidler, teils nach Schluckenau eingepfarrt.
Kapelle
Im Jahre 1723 erbaute Gottfried Mai aus dem Haus Nr.46 eine barocke Kapelle, im Inneren befand sich eine Figfur des gegeißelten Heilands. Dieser Schenkte die Kapelle im Jahre 1752 der Gemeinde und kaufte später auch eine Glocke dafür. Diese wurde mehrfach ausgetauscht, im Jahre 1834 war es schon die dritte, die in Kommotau gegoßen wurde. Nach 1945 verfiel die Kapelle und verlor ihre gesamte Ausstattung. Die Heiligenstatute im Inneren wurde von einem Jäger mit dem Schrottgewehr zerschoßen und deren Reste später entfernt; die Kerzenleuchter aus Zinn und die Glocke wurde gestohlen. Zu Beginn des neuen Jahrhunderts wurde sie teilweise wiederhergestellt. [1]
Schule
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte es noch mit Fürstenwalde eine gemeinsame Schule gehabt, bis 1849 aus Gemeindenmitteln ein eigenes Schulhaus erbaut wurde. 1904 wurde an der neuen Bezirksstraße Schluckenau-Zeidler ein modernes, einklassiges Schulhaus errichtet.
Ortschaft
Kunnersdorf war verkehrsmäßig sozusagen das Verbindungsglied zwischen Schluckenau und Zeidler. Sein Name kommt von Conradsdorf oder Kunosdorf. Im 17. Jahrhundert entstand ein Ortsteil Neukunnersdorf. Das kleine Dörfchen in herrlicher Lage wurde wegen seiner frischen, gesunden Waldluft und wegen seines guten, eisenhaltigen Wassers von vielen Naturfreunden aufgesucht. Der markante Landschaftsteil zwischen Schluckenau und Kunnersdorf war der schon erwähnte Pirsken (deutsch Pirschken), mit 608 m der höchste Berg des Kreise Schluckenau. Er ist ein durch Sage, Namen und Gestalt auffallender Berg, den man von verschiedenen Seiten besteigen kann. Leider verhindert der hohe Waldbestand seit jeher die Aussicht vom Bergrücken. Auf der nordwestlichen Seite gelang ein reizender Ausblick auf Fürstenwalde, wo im Hintergrund die Kuppen der Böhmisch-Sächsischen Schweiz, im Vordergrund Fürstenwalde, Altgrafenwalde, Johannisberg, Salmdorf und Klein-Schönau sich ausbreiten. Bei Fürstenwalde zeigten sich in der Nähe eines Basaltsteinbruches Spuren früheren Kohlebergbaus aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Auch auf der nördlichen Seite des Pirsken traf man auf eine Halde, wo ebenfalls einmal Kohle gegraben wurde.
Im Jahre 1939 lebten in Kunnersdorf 447 Einwohner in 85 Häusern.
Grohmannhöhe
1886 ließ der Gemeinderat Franz Grohmann auf dem Schweidrichgipfel einen hölzernen Aussichtsturm erbauen. Auf dem Plateau nördlich des Gipfels entstand das ebenfalls hölzerne Ausflugsgasthaus „Schweidrich“. Zum Gedenken an Grohmann, der 1892 im Alter von 32 Jahren starb, erhielt der Gipfel den Namen Grohmannhöhe. Der Aussichtsturm stand bis 1916 auf dem Berg. Durch den Verlust des Turmes verlor der Schweidrichgipfel seine Anziehung für Ausflügler. Das Gasthaus „Schweidrich“ wurde nach dem Ersten Weltkrieg nicht wiedereröffnet.
Pirschkenbaude
Der Pirschkenberg bildet den südlichen Eckpfeiler des den lieblichen Talkessel von Schluckenau umrahmenden Kranzes Lausitzer Berge: Botzen, Spitzen-, Jokels-, Taubenberges, der Brotküche, des Jüttels- Wolfs- und Lichtenberges. Ein mächtiger Basaltrücken, ist er mit seiner 608 m betragenden Höhe der höchste Berg des Schluckenauer Bezirkes. An seinem nördlichen Fuße liegt die von der Gebirgsvereinsabteilung Schluckenau 1909 am 1. März unter der Förderung des opferwilligen Naturfreundes Dr. Franz Hasenöhrl erbauten Pirschkenbaude. Dieser war auch als erster in Schluckenau Mitglied des Deutschen und Österr. Alpenvereins. Er hatte einen Prozess geführt; ein Kaiserswalder Bauer konnte nicht bar bezahlen und bot ihm dafür einen Streifen seines Besitzes am Pirschkengrund als Zahlung an. Dieses schöne Stück Land schenkte der Naturfreund dem Gebirgsverein Schluckenau für das nördliche Böhmen. Pächter war 1928 Jakob Seifert. Außer anderen hübschen, gut markierten Wegen führte ein 1932 von der genannten Abteilung besonders angelegter bequemer Fußweg den Wanderer von der Kunnersdorfer Schule aus zu ihr. Im Jahre 1937 wurde die Pirschkenbaude, die bisher auf Kaiserswalder Grund lag, der Gemeinde Kunnersdorf einverleibt. Ein Ölgemälde von Dr. Hasenöhrl und ein Groß-Foto vom Heimatfreund Laske von Rosenhain (Mautsehbauer) hingen in der ersten primitiven Baude, wahrscheinlich als Anerkennung, daß dieses Werk zustande kam.
1886 war das Gründungsjahr der Gebirgsvereinsabteilung Schluckenau; in der Blütezeit hatte die Abt. Schluckenau 580 Mitglieder. Natürlich waren in allen Orten auch Wanderer- und Naturfreunde, die die Organisation unterstützen, um Wegemarkierungen zu erstellen. Einer der verdienstvollsten war in Schluckenau Lehrer Franz Mayer (Stenofranzel), der auch das goldene Abzeichen für 50jährige Mitgliedschaft erhielt. Von 1918 bis 1940 stand er als Obmann der Gebirgsvereins-Abteilung für das nördliche Böhmen (Schluckenau) vor.
Im Sommer 1937 wurde von der Gemeinde Kunnersdorf, mit staatlicher Unterstützung (als Notstandsgau) und mit großen Opfern von der Gebirgsvereinsabteilung subventioniert, eine günstig angelegte Fahrstraße zur Baude geschaffen. Diese neu angelegte Straße gab auch älteren Naturfreunden Gelegenheit, auf bequeme Weise die Pirschkenbaude zu erreichen (abzweig von der Bezirksstraße Schluckenau-Zeidler). Die windgeschützt in staub freier Bergluft idyllisch gelegene Baude bietet Besuchern von der 1933 angebauten Veranda durch große Schiebefenster einen herrlichen Ausblick auf den letzten Zipfel des böhmischen Niederlandes bis in die Oberlausitz. Man sieht im reizenden Nahblick Schluckenau mit den Ortschaften Kaiserswalde, Neugrafenwalde, Rosenhain mit Harrachstal, Königswalde mit dem Jüttelsberge und am Fuß Kunnersdorf.
Der Mönchswalder Berg bei Wilthen, die Kälber-Steine, der Pickerberg, der Tscherneboh und Bieleboh, der Hochstein, der Löbauer Berg, der Rotstein, der Kottmar und endlich bei gutsichtbarem Wetter die Landskrone bei Görlitz bilden den gewaltigen Rahmen zu dem eindrucksvoll sich vor dem Auge ausbreitenden Bilde, das durch die in die einzelnen Talkessel eingebetteten Ortschaften unseres sächsischen Nachbarlandes vervollständigt wird. Vor der Pirschkenbaude wurde alljährlich das Sonnenwendfeuer abgebrannt. Die Durchführung lag in der Hand des Bundes der Deutschen. Ein Brauch, der wohl in allen größeren Orten auf einer Höhe gepflegt wurde und der älteren Generation in Erinnerung ist.
Die Pirschkenbaude, die auch von dem Kurhotel „Karltal“ leicht erreicht wird, bot mit ihren schön ausgestattet Räumen Platz für 200 Personen. Vor ihr war ein terrassenförmig angelegter Restaurationsplatz und ein großer Spielplatz. Ein mit einheimischen Vogelarten besetzter Vogelkäfig und ein kleiner Rehgarten befriedigten die Schaulust der Kleinen. Hinter der Baude erstreckte sich an der Berglehne der neu angelegte Alpengarten mit schönen Gruppenpflanzen, auch fremden Gehölzarten und zur Rast einladenden Ruhebänken. Aus dem Alpengarten führt ein durch schattigen Laubwald angelegter Steig auf den Bergrücken zum Aussichtspunkte „Der Ochsenstein“, von dem aus man bei guter Sicht auch das Isergebirge mit der Weberbergbaude und das Riesengebirge mit dem Reifträger- und der Schneegrubenbaude überblicken konnte. Wenn der Winter mit Schnee und Eis regierte, dann gab es ein lustiges Treiben auf dem sich vor der Baude ausbreitenden Skigelände.
So bietet jede Jahreszeit ihr Gutes in dem geliebten Bergidyll. Neun erschlossene Quellen am Pirschken-Fuße spenden seit 1893 Wasser für die städtische Wasserleitung in Schluckenau.
1938 – 1945
Das Kriegsgefangenenlager an der Straße nach Kunnersdorf im Schweidrichwald war während des Krieges angelegte als Barackenlager für Fremdarbeiter.
Für den Bereich Schluckenau wurde zur Vorbereitung dieser Ausweisung das an der Straße nach Kunnersdorf im Schweidrichwald während des Krieges angelegte Barackenlager für Fremdarbeiter als Vertreibungslager eingerichtet. Die ersten Massensammlungen in diesem Lager fanden im April 1946 statt, davor gab es die „wilde“ Austreibung durch Svoboda-Truppen bis zum Herbst 1945.
Heute
Kunratice (deutsch Kunnersdorf) ist ein Ortsteil der Stadt Schluckenau. 2004 hat die Gemeinde 13 Bewohner und 36 Häuser, von denen nur 8 ständig bewohnt werden.
1963 – Pirschkenbaude
Nach 1945 hieß er zuerst Prysk, dann Cakan und jetzt Hrazeny, was wohl von „Wall, Umzäunung“ kommt (Pirschkenmauer). Auf dem Gipfel selbst befinden sich noch keltische Mauerreste. Die Baude wurde heuer (1963) als Ferienheim der Jugendlichen eines Teplitzer Armaturenwerkes benützt, die auf dem ehemaligen Spielplatze ein Zeltlager aufgeschlagen hatten und sich sehr gesittet benahmen, im Gegensatz zu den anderen angesiedelten Neubürgern in Schluckenau und Umgebung. Die Aussicht ist nach wie vor herrlich, die Luft wunderbar; die Vögel singen so schön wie früher. Nur die Silberwiesen sind an manchen Stellen von Traktoren zerfurcht, weil es fast keine Pferde gibt; von Kunnersdorf ist leider nicht mehr viel übrig.
2018 – Kümpfelmühle
Nach der Vertreibung der Eigentümer wurde das Anwesen 1945 konfisziert und die Eheleute Čitek erwarben das Gebäude. Zwanzig Jahre später übernahm die Schluckenauer Forstschule das Objekt, die hier einen Schulforstbetrieb mit praktischem Unterricht für Studenten aufbaute. Im Jahre 1975 kaufte das Staatsgut Roudnice (deutsch Raudnitz) das Objekt und ist damit der letzte amtliche eingetragene Eigentümer der Kümpfelmühle. Das Gebäude, in herrlicher und gesunder Umgebung gelegen, sollte zur Erholung der Beschäftigten und deren Kinder dienen. In den Jahren 1976-81 wurden großzügige Renovierungen durchgeführt. Bereits 1991 versuchte das Stadtamt Schluckenau in Verhandlung mit dem Staatsgut Roudnice, das Objekt zu erwerben, aber bis 1995 führten diese Bemühungen zu keinem Erfolg.
Kümpfelmühle – 2018 macht sie einen gepflegten Eindruck.
Im Ort befindet sich seit 1967 ein Arboretum mit einer Größe von 4,2 ha, bepflanzt mit 3000 Holzarten.
Dieser Erinnerungsstein befindet sich in einem schlechten Zustand.
2020 – Pirschkenbaude
Mittlerweile ist nicht mehr viel davon übrig, nachdem das Gebäude bis weit in die Nachkriegszeit noch als Betriebsferienheim genutzt wurde bis 1970. Auch der Hrazený (deutsch Pirschken) selber bietet heute nur an seiner Flanke mit der Ochsensteinaussicht einen beschränkten Rundblick in Richtung Schluckenau. Hier findet sich auch das Bienert-Kreuz.
Schweidrich
Am Platz des ehemaligen Gasthauses „Schweidrich“ steht das Rudolf-Richter-Denkmal. Es besteht aus einer behauenden Felstele mit einer ovalen einpolierten Plakette mit der Inschrift „R. R. 1914–1918“. Um die Stele sind Felsbrücken aufgeschichtet. Es wurde nach dem Ersten Weltkrieg von der Familie und den Freunden Richters, der seit Oktober 1915 an der russischen Front vermisst wurde, dort errichtet, wo sich einst sein Lieblingslokal befunden hatte.
Schweidrichwald
Der Standort des „Lagers“ vor Schluckenau wird heute von einer Gärtnerei benutzt. Man könnte an eine (sicher nicht gewollte) Gedenkstätte glauben.
2010 wird dieser Bereich als Geländerennstrecke für Motorräder benutzt.
Anmerkungen und Literatur
„Niederlandhefte -Schriftenreihe des Bundes der Niederländer“ Wilhelm Pfeifer S.50/52 – HEFT 9 – 1977
„Geschichte des Niederlandes“ Karl Richter 1960
„Heimatkunde des politischen Bezirkes Rumburg“ Anton Hockauf 1885
„Die deutschen Heimatführer“ Band 17/18 Sudetenland – Druck 1939
„Unser Niederland“ – Ausgabe 529 – S.368 – Dezember 1993
„Unser Niederland“ – Ausgabe 663 – S.32 – Februar 2005 [1]
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