Geschichte
Die Bezirks- und spätere (nach 1938) Kreisstadt Rumburg war sowohl historisch als auch im modernen Staats- und Wirtschaftsgefüge eines der wichtigsten Zentren Nordböhmens. Die Stadt wurde durch ihre Lage, durch Form und Gestalt und durch ihr pulsierendes Wirtschaftsleben allen Anforderungen einer „Metropole„ des Niederlandes gerecht. Die Stadt hatte eine Markungsgröße von 984.06 ha und im Jahre 1939: 9453 Einwohner (1930: 10466). Bis 1938 wurden hier 326 Tschechen und 18 Juden gezählt. Das Stadtgebiet lag in einer Höhe von 370 bis 384 m ü.M., das nahegelegene Frankenstein 395 m, der Hutberg bei 426 m, das Jagdschloss 439 m, der Hausberge Rauchberg 520 m. Die Stadt liegt anmutig in einem breiten Tal der Mandau und wird teilweise von bewaldeten Bergrücken begrenzt. Infolge der günstigsten Lage des Ortes, sowie der Verkehrserschließung nach allen Richtungen war Rumburg auch der Haupteingang für Reisende aus Deutschland zum Besuch Nordböhmens und seiner Naturschönheiten.
Die Gründung Rumburgs liegt vor dem Jahre 1298. Da im 13. Jahrhundert das Land dicht bewaldet war, dürfte eine Furt durch die Mandau der Anlass zur Gründung einer Siedlung gewesen sein. Die erste urkundliche Aufzeichnung in der Stadt selbst vom Jahre 1346 betrifft die Pfarrei.
Es entstanden die zu Rumburg gehörende Ortsteile Aloisburg (1789; auf dem Grunde eines ehemaligen Meierhofs), Altheide (1579), Huttung (1771), Frankenstein (1764), Johannesthal (1809), ein Teil von Klause (1587), ein weiterer Teil (1785), Neusorge (1626). Es sei hier schon erwähnt, dass Altheide, Neusorge, wie auch Frankenstein und Aloisburg bis 1879 selbständige Gemeinden waren.
Der Name Rumburg scheint mit dem altdeutschen Wort „rote“=Baumstumpf zusammenzuhängen, wie ja zum Beispiel das Wappen der alten Herrschaftsfamilie Berka von Duba zwei Baumäste enthielt. In alten Aufzeichnungen finden sich für die Stadt die Namen Roneberch – 1298, Ronberg – 1347, Ronsberg, Romberg, Ronsburg. 1347 wird es schon als Stadt bezeichnet. Die ersten Grundherren waren die Herren von Berka, denen das Geschlecht der Wartenberger folgte, durch welche Rumburg im 14. Jahrhundert das Privileg des Salzmarktes erhielt. Zum Ende des 15. Jahrhunderts hatte die Stadt durch die Hussiten viel zu leiden. 1485 erwarben die Schleinitze die Herrschaft Tollenstein und Rumburg wurde Hauptort des hundert Kirchenspiel umfassenden „Schleinitzer Ländchens“. Die Schleinitzer haben viel für die Entwicklung der Stadt getan. 1534 erhielt die Stadt das Privileg des Bierbrauens und erneuerte den Salzhandel. 1579 die Gerichtbarkeit. Zur selben Zeit entstanden die Privilegien der Zünfte der Leinweber, Schneider, Schumacher, Schmiede, Schlösser und andere. Am 17.12.1587 erhielt Rumburg von Kaiser Rudolph II. durch Vermittlung des Grundherren Georg Mehl von Strehlitz sein.
Stadtwappen
Ein Roter Schild mit silberner Torburg mit offenem Tor. Die Türflügel sind blau, mit je drei goldenen Lilien, im offenen Tor auf grünem Boden ein silberner Ritter, der darüber zwischen zwei Türmen, die rechts mit roten, links mit blauen Jagdhörnern belegt sind, hinter einem grünen Schilfbusch ein silberner Schwan mit goldenem Pfeil im Schnabel, goldenem Kreuz auf der Brust. Von unten bis zur Mitte des Schildes eine weiße Stadtmauer aus Quadersteinen.
Mit diesen Farben wurde im August 1928 beflagt, als in Rumburg die 34. Hauptversammlung des Bundes der Deutschen in Böhmen stattfand.
1298 – 1945 Zeitreise in Bildern
Dreißigjährigen Kriege
Im Dreißigjährigen Kriege verarmte Rumburg vollständig und 1627 brannten Wallensteinsche Reiter einen großen Teil der Stadt mit Kirche und Pfarrhaus nieder. 1681 wurde auf dem Marktplatz, noch unter Graf Eusebius Pötting, die Dreifaltigkeitssäule errichtet. Im selben Jahre kaufte Fürst Anton Florian von Lichtenstein vom Grafen Pötting die Herrschaft Rumburg, das von da bis 1923 im Besitz des Geschlechts blieb. Das ehemalige Lichtenstein`sche Schloss steht in der Nähe der Klosterkirche. 1923 ging die Herrschaft in staatlichen Besitz der Tschechoslowakei über. Vom Fürsten Lichtenstein (Anton) hatte der Ort Antonital seinen Namen. Nachdem die Kapuziner seit 1650 im Raum Rumburg die Gegenreformation betrieben hatten, wurde noch unter dem Grafen Pötting mit dem Bau des Kapuzinerklosters begonnen, das vom Fürsten Lichtenstein 1690 vollendet wurde.
Am 9.4.1690 wurde das Kloster durch den Bischof von Leitmeritz Jaroslav Franz Ignatius Graf von Sternberg eingeweiht. In der Klostergruft liegen neben Kapuzinern und Laienbrüdern auch die Fürstin Christina Theresia von Lichtenstein ( ♰ 4.4.1730) und ihre Tochter Anna Christina von Sachsen-Weißenfels ( ♰ 5.3.1763). Das Bild des Hauptaltars, den Martertod des Heiligen Laurentius darstellend, ist von dem spanischen Maler Fernández Navazete gemalt. 1694 erhielt Fürst A. S. Lichtenstein als kaiserlicher Gesander in Rom vom Papst Innozenz III. eine Kopie der Statue der Schwarzen Muttergottes von Loretto bei Ancona in Italien. Er ließ von seinem Baumeister Lukas von Hildebrandt genau nach Maßen der italienischen Loretto-Kirche im Hof des Klosters eine Loretto-Kapelle errichten und stellte hier 1707 die Madonna auf. Der Durchzug von acht schwedischen Regimentern verzögerte jedoch die Feier bis zum 15. September 1707. Drei Jahre dauerte es, bis der Kreuzgang schließlich vollendet war. Bis 1749 wurde der Kreuzweg gebaut.
In den Befreiungskriegen durchzogen Franzosen, Polen und Russen den Ort und im preußisch-österreichischen Kriege von 1866 lagen einige preußische Regimenter hier.
1850 erhielt die Stadt das Bezirksgericht. Im selben Jahre wurde die erste Buchdruckerei errichtet und die erste Wochenzeitung „Rumburger Anzeiger“ gegründet, die ab 1857 als „Nordböhmischer Gebirgsbote“ weitergeführt wurde. Der Herausgeber Thomas Stiepel ging später nach Reichenberg, wo er die Reichenberger Zeitung herausgab. Die Rumburger Buchhandlung und Druckerei ging an Heinrich Pfeifer über, der ab 1868 die Rumburger Zeitung herausgab (Tageszeitung seit 1914). Der Allgemeiner Anzeiger wurde durch Herrn Heinrich Haase in der Bahnhofsstraße 6 herausgegeben.
Die Stadt hat einige große Brände mitgemacht, so schon 1423 durch die Hussiten. 1614 brannte ein großer Teil der Stadt nieder, ebenso 1627 durch Wallsteinische Soldaten. 1744 war ein großer Brand, der den Wiederaufbau des Rathauses 1747 und der Kirche 1757 notwendig machte.
Nach der Eingliederung der Orte Aloisburg, Johannesthal und Frankenstein wurde 1880 eine Volkszählung durchgeführt:
954 Häuser, 10142 Einwohner. Die Zählung von 1930 ergab 1418 Häuser, 10466 Einwohner, davon 9286 Deutsche, 799 Tschechen. Der Religion nach 9183 Katholiken, 413 Protestanten, 70 Altkatholiken, 109 Israeliten, 520 Konfessionslose.
Pfarrei, Kirche, Matriken
Zur kirchlichen Entwicklung ist zu sagen, dass die erste Stadtkirche angeblich 1233 in Holz Bauweise errichtet wurde. 1545 erbaute Georg von Schleinitz die neue Stadtkirche als Kirche der Protestanten, da Rumburg nahezu ganz lutherisch geworden war. In der Gruft der Dekanalkirche liegen Georg von Schleinitz (♰ 27.9.1565) und Georg Mehl von Strehlitz (♰ 24.1.1589). Das Gebäude wurde mehrmals durch Brände schwer beschädigt (1515, 1624 und 1744). Der Gutsbesitzer Georg von Schleinitz führte 1545 einen umfassenden Umbau der Stadtkirche durch. Die Kirche erhielt ihr heutiges Aussehen im Jahr 1755. Im Jahr 1806 baute Zacharias Rudolf eine Turmuhr, die Rumburk-Unternehmen gewidmet war. Die Kirche hat einen rechteckigen Grundriss mit einem fünfeckigen Presbyterium, einem prismatischen Turm und einer dreieckigen Kapelle. Durch Anordnung Kaiser Ferdinands II. wurde die Stadt wieder katholisch. Die Lutheraner mussten binnen sechs Wochen die Stadt verlassen oder zum katholischen Glauben übertreten.
Die alte katholische Pfarrei (Errichtungsjahr unbekannt) und seit 1873 Dechantei von Rumburg gehörte zum deutschen Vikariat Hainspach. Ihre Matriken wurden seit 1711 geführt. Die Stadtkirche war dem heiligen Bartholomäus geweiht. Das Altarbild malte der Holländern Anton Schoonjans 1701. Es war ein Geschenk des Fürsten Anton Florian von Lichtenstein (Preis damals 6000 Gulden). Zur Seelsorge dieser Stadtkirche gehörte die Dekanalkirche selbst, die Kapuzinerkirche, die öffentliche Kapelle Johannes des Täufers auf dem Hutberg (errichtet 1725, zeitweilig als Windmühle benutzt, 1845 umgebaut), die Kapelle im Krankenhaus, die Kapelle der heiligen Elisabeth von Niederehrenberg, sowie Oberhennersdorf. Die evangelische Kirche wurde 1860 von der Protestantischen Gemeinde erworben und ein Friedhof um die Kirche angelegt. Vorher war das 1777 als Kapelle zum heiligen Nepomuk erbaut Kirchlein 1787 in Privatbesitz übergegangen und lange Zeit als Magazin, Tanzboden und Gastwirtschaft benutzt wurden. Diese evangelische Kirche stand in der Schönlinder Straße auf dem sogenannten Steinberge (395 m), einem Granitfelsen, von wo man eine herrliche Aussicht über die Stadt und die Umgebung genießen konnte. Bis 1845 diente es als Gasthaus. 1860 wurde es vom Fabrikbesitzer Dittrich für den neu gegründeten evangelischen Verein gekauft und erst dann wurde hier ein Friedhof angelegt. In Rumburg bestand auch eine israelitische Gemeinde mit einem Kultusvorsteher (Rabbinat).
Das alte herrschaftliche Schloss, vom Fürsten Lichtenstein nach vorherigen Brande 1726 neu erbaut, beherbergte ab 1923 die Bezirksbehörde. Das alte Rathaus auf dem Marktplatz war, nachdem es mehrmals, zuletzt 1804 angebrannt war, 1807 neu errichtet worden. Der Ratskeller war ein bekanntes Lokal in diesem Gebäude. 1930 wurde das für die Verwaltung inzwischen nicht ausreichende Rathaus in das Gebäude der ehemaligen Fachschule für Weberei verlegt. In den Räumen des Rathauses kam ein Teil der Bezirksverwaltung, später das Arbeitsamt.
Mittelpunkt der Stadt war der geräumige Marktplatz, auf dem die schon erwähnte, im Jahre 1681 zur Erinnerung an das Erlöschen der Pest errichtete Dreifaltigkeitssäule stand. Der Platz war von alten und aber auch modernen Gebäuden eingeschlossen, in seinem nördlichen Teil mit schönen Lauben nach altdeutscher Art versehen. Im Stadtpark stand bis zum Ende des Ersten Weltkriegs das am 14. Mai 1882 enthüllte Denkmal Kaiser Josef II., dessen Sockel aus dunkelgrünen Rosenhainer Diabas gehauen war.
Rumburg hatte ausgezeichnete Verkehrs- und Transportverbindungen. Mit seinem großen Bahnhof (erbaut 1870) lag es an den Eisenbahnlinien Böhmisch Leipa – Rumburg – Georgswalde/Ebersbach, Sachsen (seit 1866) sowie Rumburg – Schluckenau (seit 1873) und Rumburg- Nixdorf (seit 1902). Im Jahre 1910 eröffnete Herr Theodor Hesse die erste Autobus-Linie, dazu gab es noch das Unternehmen Herr Karkl Kraus, welches das Stadtgebiet täglich 15 Mal befuhr, dazu 7 Mal Rumburg-Ebersbach. Autobusverbindungen bestanden nach Oberhennersdorf, Seifhennersdorf und Warnsdorf schon seit 1910, nach Neugersdorf und ab 1938 Dresden – Reichenberg, Neugersdorf – Böhmisch Leipa, Nixdorf – Schönlinde, Rumburg- Georgswalde. Straßenverbindungen führten nach Georgswalde, Neugersdorf, nach Seifhennersdorf, Schönborn, weiter nach Süden ins „Böhmische“ hinein, nach Warnsdorf, Schönlinde und Zeidler und insbesondere über die alte Kaiserstraße nach Schluckenau (ausgebaut 1796-1806). Nach Erbauung des „Nordböhmischen Elektrizitätswerke“ 1896 hatte Rumburg elektrisches Licht. Das Post- und Telegrafenamt wurde 1903 erbaut.
Am 1. Oktober 1863 wurde die „Rumburger Sparkasse“ gegründet, auf der Stelle des einstigen Einkehrhauses „Zur Stadt Schluckenau“ erbaut.
Erwähnenswert ist, dass im Jahre 1908 in Rumburg ein großer „Deutscher Katholikentag„ stattfand, der durch Gegendemonstrationen der Freidenker gestört wurde. Sei diesem Zeitpunkt war bei den nordböhmischen aktiven Katholiken von den „Rumburger Eierwerfern“ die Rede.
Schulwesen
Rumburg war eine bedeutende Schulstadt. Schon im 17. Jahrhundert bestanden zwei Schulen. Nach Bränden erbaute Bürgermeister Anton Salomon 1764 eine neue Schule. 1828 besaß Rumburg eine zweitklassige Volksschule mit vier Abteilungen und 636 Kindern. Damals war Aloisburg eine „Winkelschule“. 1855 wurde ein neues Schulgebäude mit 16 Lehrzimmern erbaut, die spätere Mädchen- Volks- und Bürgerschule. 1856 bestanden drei Knaben- und drei Mädchenklassen (Trivalschule). 1867 waren es vier Klassen. 1870 fünf Klassen Volksschule und drei Klassen Bürgerschule. Die Ortsteile Aloisburg und Frankenstein hatten ebenfalls eine fünfklassige Volksschule. 1883 wurde die K. K. Fachschule für Weberei erbaut und eröffnet, für die damalige Zeit ein großartiges Gebäude. Einer der schönsten Bauten von Rumburg war das Staatsrealgymnasium, das in den Jahren 1907 bis 1909 erbaut wurde. Eine tschechische Schule bestand seit 1919 (zweitklassig).
Nach dem Stande des Jahres 1938 gab es in Rumburg eine vierklassig Mädchenvolksschule, eine dreiklassige Knabenvolksschule, eine zweitklassige Volksschule in Frankenstein, eine dreiklassig Volksschule in Aloisburg, eine dreiklassige Mädchenbürgerschule, eine dreiklassige Knabenbürgerschule, eine tschechische Volksschule, das Staatsrealgymnasium (nach 1938 Oberschule), ein tschechisches Realgymnasium (bis 1938), eine Kaufmännische Fortbildungsschule, eine gewerbliche Fortbildungsschule (nach 1938 Kreisberufsschule), eine fachliche Fortbildungsschule, für Lehrmädchen des Kleidermachergewerbes und einen städtischen Kindergarten.
Rumburg hatte auch ein städtisches Museum, das sogar zu einem Niederlandmuseum erweitert wurde, desgleichen zwei Kinos und eine umfangreiche Gemeindebücherei.
An Behörden und Ämtern sind aufzuzählen nach dem Stände von 1938: Die Bezirksbehörde, Steueradministration, Steueramt, Finanzwachabteilung, Gefällskontrolle, Bezirksgendamariekommando, die Staatsforstverwaltung und Postverwaltung (Post, Telegraf, Telefon), nach1938 Landratsamt, Finanzamt, Wehrmeldeamt, Arbeitsamt, Vermessungsamt und Kreisschulamt.
Wirtschaft
Rumburg war aber auch eine mächtige und berühmte Industriestadt. Mögen die ersten Ansiedler sich mit Ackerbau, Jagd und Fischerei beschäftigt haben, so sind im 14. Jahrhundert schon viele Handwerker nachweisbar, darunter neben den Versorgungsbetrieben der Bäcker, Müller, Schuster und Schneider schon der Flachsbau, die Flachsspinnerei und die Bleicherei, die zur Leinweberei führte. Nach dem Dreißigjährigen Kriege war die Lausitzer Leinwandweberei weit bekannt. Holländer, Belgier und Engländer fanden sich als Käufer ein. Im 18. Jahrhundert erreichten die Leinenmanufakturen einen großen Aufschwung in Rumburg und Umgebung. Weit über die Landesgrenzen kannte man die guten Weberzeugnisse des Rumburgers Anton Salomon. Der die „Rumburger Leinwand „oder„ Rumburger Leinen“ war ein wirtschaftshistorischer Begriffe für ganz Europa. Gerade in Rumburg und Georgswalde wurde seit dem 18. Jahrhundert verstärkt der Flachsbau betrieben. Die Faserbündel des getrockneten Flachses wanderten in die Spinnerei, von wo das „Garn“ nach dem Bleichen zur Verwebung durch die Leinenweber gelangte. In Rumburg befand sich die Bleichanlage östlich der Buschmühle am Ufer der Mandau und an der Schönlinder Straße unterhalb der Klause. Allenhalber standen in den Häusern der Weber klappernde Webstühle. Reisemänner und Frächter brachten die Leinwanderzeugnisse zum Absatz in die Ferne und da sich die Warenlieferung des nördlichen Böhmen zuerst nach Rumburg konzentrierte und von da den Weg in die Welt nahmen, sprach man in Wien, der Monarchie, und schließlich überall vom Rumburger Leinen. Die Reisemänner brachten Erfahrung nach Hause, und so entstanden im 18. Jahrhundert die ersten Unternehmer und Fabrikanten.
1852 wurde die erste ausländische Baumwolle eingeführt, die das Leinen allmählich verdrängte. Auch entwickelte sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts aus der Hausweberei der Fabrikbetrieb. Die Horndrechslerei, der Maschinenbau sowie die Teppich-, Decken- und Möbelstoffweberei erlangten immer größere Bedeutung. 1884 entstand in Rumburg die erste Streichgarnspinnerei der ganzen Donaumonarchie. Der Einzug der Baumwolle aus dem Ausland ließ die Leinwanderzeugung in Rumburg zurückgehen. Im Jahre 1832 zählte man in Rumburg noch 240 Meister und 1090 Beschäftigte in der Leinwanderzeugung, 5 bedeutende Leinengroßhändler und 60 die Märkte besuchende Verkäufer. Von da ab wuchs die Baumwollspinnerei und – Weberei immer mehr an. 1838 werden in Rumburg Baumwollmanufaktoren für Barchent, Kattun, „Manchester“, Decken, Möbelstoffe und viele andere Erzeugnisse erwähnt; durch Aufstellung mechanischer Webstühle wuchs die Produktion. Während Georgswalde noch lange Zeit bei der Leinenweberei verblieb, ging Rumburg ganz auf die Baumwollfabrikation über. In den 1870er Jahren bis zum Ende des 19. Jahrhunderts finden wir allein in Rumburg 18 Baumwollfabriken, von denen die Firma Johann Förster (120 Arbeiter), Josef Tritschel (80Arbeiter), Wilhelm Strache, Clemens Otto (100 Arbeiter), Julius Pfeifer und Söhne (mit 700 Arbeitern, die zweitgrößte Teppichfabrik in der Monarchie), Schick und Österreicher, Franz Preidl (500 Arbeiter) bis 1929, Johann Mattern (100 Arbeiter), Rudolf Focke (150 Arbeiter), Hielle und Wünsche (400 Arbeiter), Brüder Bacher & Co. (größte mechanische Jacquardweberei), Gustav Wäntig und Co. (300 Arbeiter), Josef Lumpe (115 Arbeiter) und viele andere, natürlich im Laufe von hundert Jahren mit wechselndem Bestand. Jedenfalls konzentrierte sich in der Rumburger Textilindustrie eine wirtschaftliche Potenz europäischer Ausmaße, insbesondere bis zum Ersten Weltkrieg, aber auch bis 1945. Im 19. Jahrhundert und bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts verzeichnete man jedenfalls einen ständigen machtvollen Aufschwung. Nur das Drechslergewerbe ging durch ausländische Konkurrenz zurück.
Während des Ersten Weltkriegs waren viele Betriebe auf Erzeugung von Kriegsmaterial umgestellt, nach dem Kriege kamen Handel, Gewerbe und Industrie durch den großen Nachholbedarf zu kurzer Blüte, doch um 1930 zeigte sich durch die falsche wirtschaftspolitische Konstruktion und Politik des neuen Staates eine beängstigende Krise, die bis 1934 zu einer furchtbaren Wirtschaftskrise anwuchs.
1934 zählte man in Rumburg 2250 Arbeitslose und 650 notleidende Familien. Zum Stande von 1938 wies Rumburg folgende Industriearten auf: 1 Betonwarenfabrik, die „Brauerei Rumburg“, 2 Buchdruckereien mit großer Kapazität, 2 chemische Fabriken, 1 Webstuhlfabrik und Eisengießerei Gustav Thiele AG, 1 Filz- und Strohhutfabrikation, 1 Fleisch- und Wurstwarenfabrik Mattern, 1 Kartonagenfabrik, 1 Likorfabrik, 1 Miederfabrik, 3 Schürzenfabriken, 2 Wäschefabriken, 2 Mineralwasserfabriken, 7 Färberein, Pölling Bernhard K.-G., „Rinco“-Motorenwerk, 1 Möbelfabrik, 1 Schotterwerk, 1 Schirmfabrik, 15 mechanische Weberein, mehrere weitere Webwarenfabriken, 1 Zwirnerei. Weit über die Grenzen waren bis zuletzt die Betriebe Teppich-, Decken- und Möbelstofffabrik Julius Pfeifer und Söhne, die chemische Fabrik Stolle und Kopke und die schon genannte Eisengießerei Gustav Thiele AG bekannt, außerdem etwa 25 Textilfabriken und Weberein (Baumwolle, Leinen, Decken, Teppich), Spinnereien, Maschienbauanstalten, 16 Konfektionsbetriebe, die Schokoladen- und Keksfabrik „Henry“ und die Fischkonservenfabrik „Jenko“.
An Banken sind die Böhmische Unionbank, die Kreditanstalt der Deutschen, die Deutsche Agrar- und Industriebank (später Deutsche Bank), die Böhmische Escomptebank und Creditanstalt, die Rumburger Sparkasse (gegr. 1863) und der Spar- und Darlehnskassenverein Rumburg aufzuzählen.
Rumburg war eine lebhafte Geschäftsstadt mit vielen ansehnlichen Geschäften und besonders vielen leistungsstarken Handwerksbetrieben. Nur der Versorgung der Bevölkerung dienten neben dem Elektrizitätswerk, Johannis-Gasse (erbaut 1897) auch das städtische Gaswerk (erbaut 1872), Schlachthof (erbaut 1893), das Städtische Bad – Frankenstraße (Eröffnung 1897), das Städtische Krankenhaus (erbaut 1854) und die Bezirkskrankenversicherungsanstalt. Rumburg hatte nicht nur eine gute Feuerwehr, sondern seit 1938 auch eine Kreisstelle des Deutschen Roten Kreuzes.
Gesellschaftlich war Rumburg weit über das Niederland hinaus bekannt. Man zählte 1934 an die 3 Hotels, 46 Gaststätten- und 6 Kaffeehausbetriebe und es gab 123 eingetragene Vereine, die die Interessen und Anschauungen ihrer Mitglieder vertraten, auch zur Weiterbildung, geistigen Förderung und Geselligkeit.
1911 wurde z.b. der Deutsche Fußballklub gegründet. Es gab auch das Mietauto-Unternehmen Gustav Schiffner, Grenzgasse 7 in Rumburg.
Die wichtigsten sozialen Einrichtungen waren das Allgemeine Öffentliche Krankenhaus mit 200 Betten (1928 fertiggestellt), dessen Einzugsgebiet auch einen großen Teil des Kreises Schluckenau umfasste, ein Städtisches Siechen- und Versorgungshaus, das 1901 gegründete Sanatorium Frankenstein (Bereits vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieg es hatte sich die Heilanstalt des Großindustriellen Carl Dittrich aus dem benachbarten Schönlinde einen internationalen Ruf als physikalisch-diätetische Heilanstalt erworben. Nach dem Zerfall des Habsburgerreich es und der tschechischen Staatsgründung durchlief das Sanatorium eine wechselhafte – und derzeit nur lückenhaft rekonstruierbare – Geschichte. In den 20er Jahren bestand es als Deutsche Volksnervenheilanstalt fort; während des Zweiten Weltkrieges diente es den deutschen Besatzern als Feldlazarett; in der ČSSR wurde es bis Anfang der 60er Jahre als Nervensanatorium weitergeführt. Seither werden die Gebäude in Frankenstein von der Städtischen Klinik Rumburg genutzt und beherbergen u.a. die Rehabilitationsabteilung.) im Stadtwäldchen, mit 80 Kurzimmern und 122 Betten, für die Behandlung aller organischen Erkrankungen des Nervensystems, und schließlich noch eine Kindertagesstätte.
So bildete Rumburg eine in sich allseitig geschlossene und für die ganze Landschaft zentral wirkende Stadt auf dem höchsten Stande der Entwicklung und des Fortschritts und nicht umsonst schrieb ein Fremdenführer im Jahre 1928: „Die Stadt macht ein äußerst günstigen Eindruck. Überall begegnet man dem Fortschritt. Freundliche Häuser mit zierlichen Gärten, gut gepflegten und sauber gehaltenen Straßen samt herrlicher Parkanlagen machen Rumburg zu einer freundlichen Stadt Nordböhmens. Die auf Gesundheitsfürsorge bedachte Verwaltung und die Schaffenslust der Bürger sorgen dafür, dass das erfreuende Bild der baulich gut angelegten Stadt auch der modernen, sanitären und kommunalen Einrichtungen in jeder Hinsicht entspricht“.
Kriegerdenkmal
Am 15. Juli 1934 wurde hier ein monumentales Denkmal für die Opfer des Ersten Weltkriegs enthüllt. Das 4,5 m hohe Denkmal des Trachytes aus Teplá wurde vom Architekten Hans Jäger entworfen. Marmorplatten mit den Namen von 302 gefallenen und vermißte Soldaten hat die Stadt Rumburg im Ersten Weltkrieg – 1914 bis 1918- verloren und zu beklagen. Skulpturalen Verzierungen von Josef Bazant und Hans Jäger sind nicht erhalten.
Kriegerdenkmal Rumburg 1934 & 2015
Nach der Vertreibung der Deutschen – nach dem Zweiten Weltkrieg 1945 – wurden sämtliche Tafeln mit den Namen der Kriegsopfer von dem Denkmal entfernt. Auch die zwei Statuen der Soldaten – rechts und links am Denkmal – wurden herausgebrochen. Die dafür während der darauf folgenden kommunistischen Zeit an dem Denkmal angebrachten „Tafeln“ wurden nach der samten Revolution im Jahre 1989 abgenommen. Heute steht das Denkmal kahl und ohne Beschriftung in den Parkanlagen des alten Friedhofs und erinnert an die Geschichte.
Viel besuchte Aussichtspunkte und Ausflugsziele von Rumburg waren: 1895 wurde ein Umgebindehaus unterhalb des Rauchberges vom Gebirgsverein, Abteilung für das nördliche Böhmen in Rumburg, als Gebirgsvereins-Schänke ausgebaut. Im Jahr 1896 ließ der Bürger August Wenschuh aus Rumburg anlässlich seines 60. Geburtstags aus eigenen Mitteln einen 15 m hohen Aussichtsturm aus Backsteinen auf dem Rauchberg (520 m), einer aus Basaltgestein vulkanischen Ursprungs bestehende Bergformationen, errichten. Seit 1896 sowie im Winter Rodelbahn (3/4 Stunde), der Hutberg (426 m: 1/4 Stunde), die Gartenrestaurant „Jagdschloss“ an der Kreuzung der Georgswalder und Gersdorfer Straße, der Wolfsberg, das Khaatal und Zeidlerbachtal.
In Rumburg selbst aber war die Lorettokapelle im Kapuzinerkloster ein für ganz Nordböhmen bedeutsamer Wallfahrtsort. Beim Ganadenbild der „schwarzen Madonna“ trafen sich alljährlich am 2. August große Scharen von Wallfahrern und sogar Prozessionen der slawischen Wenden aus dem benachbarten Sachsen.
Soldatenaufstand 1918
Geschichtlich bemerkenswert ist der sogenannte „Militäraufstand“ in Rumburg vom 21. Mai 1918, durch den Rumburg sowohl in der Donaumonarchie als auch bei den Feindstaaten bekannt wurde. 1915 war das Ersatzbataillon des k. k. Schützenregiment Nr.7 von Pilsen nach Rumburg verlegt worden, das zu 3/4 aus Tschechen bestand. Dieses Bataillon meuterte im Mai 1918. Anlass hierzu war nicht etwa eine Revolution, sondern die Forderung nach Urlaub, für die aus russischer Gefangenschaft zurück befreiten oder zurückgekehrten Soldaten („Russlandheimkehrer“). Eine Zeitlang beherrschten die Meuterer die ganze Stadt, die Offiziere waren geflohen und die Aufständischen setzten sich mit der Garnison Haida in Verbindung, die sich Ihnen anschloss. Es wurden schließlich alpenländische Truppen herbeigerufen, die die Meuterer unterdrückten und die Ruhe wieder herstellten.
Ein Militärgericht verurteilte die Rädelsführer zum Tode, von denen drei auf der Försterwiese hinter der Kammstraße gegen Huttung erschossen und auf dem Rumburger Friedhof begraben wurden. [František Noha, Vojtěch Kovář und Stanko Vodička] Nach dem Kriegsende machten die Tschechen aus dieser Sache eine Heldentat, die Erschossenen wurden 1919 exhumiert und in Pilsen feierlich beigesetzt, wo sie ein Denkmal erhielten.
Mai 1945
Es ist Pater Leonhard Slezak (* 1909 Bodenbach ♰) zu verdanken, dass die Stadt Rumburg im Mai 1945 nicht dem Erdboden gleichgemacht wurde, er hat durch seine zähen Verhandlungen mit den Russen erreicht, dass dieser Plan nicht zur Durchführung kam, und er hat damit vielen Rumburgern das Leben gerettet.
In den ersten Tagen im Mai 1945, bereits nach Kriegsende, wurde das Sparkassengebäude von einem sowjetischen Panzer durch Beschluß stark beschädigt und brannte aus.
Bis zum Neuaufbau des zerstörten und ausgebrannten Sparkassengebäudes wurden die Sparkassengeschäfte vorübergehend in den Räumen der ehemaligen „Böhmischen Union-Bank“ in der Klostergasse abgewickelt.
Gegenüber der Gaststätte „Buschmühle“ wurde am 14.3.1946 im Gebäude der ehemaligen Buschmühle (ehemals Firma Gustav Weantig & Co.) ein Sammellager für Sudetendeutsche eröffnet, die ihre Heimat verlassen mussten. Das Lager beherbergte insgesamt etwa 2000 Menschen.
1948 haben die Tschechen sogar in Rumburg hierfür einen Gedenkstein zur Erinnerung an den Soldatenaufstand errichtet und eine Anlage gebaut, schließlich anstelle der niedergerissenen Klostermauer ein Denkmal errichtet, wo 1968 in Anwesenheit des Staatspräsidenten Svoboda eine große Gedenkfeier abgehalten wurde.
Heute ist die Umfassungsmauer des Klosters niedergerissen und der ehemalige Klostergarten dient als öffentlicher Volkspark. Das Gesicht der ganzen Stadt aber hat sich nach 1945 durch Niederreißen großer Straßenpartien im Zentrum und Verlegung von Durchgangsstraßen stark verändert. Im Zweiten Weltkrieg sind aus Rumburg, Oberhennersdorf und Niederehrenberg mehr als 700 Soldaten gefallen. 1947 gab es in Rumburg keine 700 Deutsche Mehr. Die beiden Ortschaften Oberhennersdorf und Niederehrenberg wurden 1960 von den Tschechen mit Rumburg vereinigt und heißen jetzt Rumburg II und Rumburg III.
Heute
Rumburk (deutsch Rumburg) ist eine Stadt mit über 11.000 Einwohnern (Stand 1. Jan. 2014) an der Mandau im Norden Tschechiens im Okres Děčín, Ústecký kraj.
Sie liegt an der deutschen Grenze und hat Straßenverbindungen nach Neugersdorf und im Ortsteil Rumburg II Horní Jindřichov (deutsch Oberhennersdorf) nach Seifhennersdorf.
Dymník/Rauchberg ist ein 520 m hoher Basaltberg bei Rumburk im Böhmischen Niederland in Nordböhmen (Tschechien).
1972 – Grenzübergang Transit
Der Grenzübergang für LKW befand sich ab 1972 in Neugersdorf/Sachsen-Aloisburg/CSR.
2018 – Erinnerung an den Soldatenaufstand 1918
Deutsche Erinnern an den 100. Jahrestag des Rumburger Soldatenaufstandes von 1918.
2019 – Das Krankenhaus soll Schließen
Das Krankenhaus steht vor der Schließung, die Gesellschafter der Klinik müssen ab dem 15.06.2019 Insolvenz beantragen.
SZ/Sebnitz 13./14.06.2019
2020 – Neuer Betreiber für die Klinik Rumburk
Nach fast einjähriger Insolvenz wird der Bezirk Ústí das Krankenhaus übernehmen. Und so sehen seine Pläne aus.
Der Bezirk Ústí wird voraussichtlich ab September neuer Betreiber des Krankenhauses Rumburk (Rumburg). Wie Bezirkshauptmann Oldrich Bubeníček der Tageszeitung „Mladá frona Dnes“ sagte, will der Bezirk in der Einrichtung eine Apotheke, Labore sowie die Abteilungen der Inneren Medizin und Chirurgie sowie eine Pflegestation für langfristig Kranke betreiben.
„Akutbetten sind wichtig, damit unser Rettungsdienst Patienten aus dem Schluckenauer Zipfel nach Rumburk bringen kann. Jetzt steuert er notgedrungen die Krankenhäuser in Děčín und Česká Lípa an“, so der Bezirkshauptmann weiter. Das Krankenhaus war nach fast einjähriger Insolvenz in einem Bieterverfahren an den Bezirk Ústí gegangen. Dieser wird das Krankenhaus über seine Vermögensverwaltungsgesellschaft Krajská majetková betreiben, um so nötige Investitionen in die Infrastruktur finanzieren zu können. Nach etwa zwei Jahren, wenn die Klinik schwarze Zahlen schreibt, soll sie in den bezirkseigenen Klinikverbund Krajská zdravotní mit sechs Krankenhäusern integriert werden.
SZ/Löbau 31.05.2020
„Niederlandhefte -Schriftenreihe des Bundes der Niederländer“ Wilhelm Pfeifer S.9/14 – HEFT 9 – 1977
„Geschichte des Niederlandes“ Karl Richter 1960
„Heimatkunde des politischen Bezirkes Rumburg“ Anton Hockauf 1885
„Die deutschen Heimatführer“ Band 17/18 Sudetenland – Druck 1939
Alphabetisches Straßenverzeichnis von Rumburg 1945
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