Geschichte
Die Gemeinde Zeidler, eine Gründung aus der Zeit vor 1361, liegt im südlichsten Teil des Bezirkes Schluckenau, im langgestreckten engen Tal des Zeidlerbaches. Sie bestand aus den Katastralgemeinden Zeidler und Hemmehübel und hatte einen Flächenraum von 1392,83 ha. Gerade der Flurnamen, die meist nach den umliegenden Orten benannt wurden, bezeugten den rein deutschen Ursprung des Ortes. Geologisch auf dem Südrande des Lausitzer Granitmassivs gelegen, wies Zeidler als Rarität den „roten Zeidler Granit“ auf, einen fleischroten, poryhyrisch ausgeschiedenen Felspat mit erbsengroßen grauen Quarzkörnern und wenig Magnesiumglimmer. Der natürliche Teil des Gemeindegebiets wird von Quadersandsteingebirge, einem zerklüfteten Gelände mit engen Tälern und Schluchten, erfüllt. Die Steinvorkommen wurden höchstens für Straßenschotter, groben Kies und Sand genutzt. Östlich von Zeidler liegt die Wasserscheide zwischen Elbe und Oder und damit zwischen Nordsee und Ostsee. Das markanteste Gewässer ist die Kirnscht oder der Kirnischbach (Kirnitsch); der überwiegend westlich durch ein zerklüftetes, waldreiches Tal mit engen Klammen fließt und nach 36 km bei Schandau in die Elbe mündet. Die Umgebung ist bergig und sehr romantisch, einzelne Bergkuppen und Höhenzüge bieten eine herrliche Aussicht. Zeidler bildete einen Knotenpunkt der Bezirksstraße Schönlinde – Hainspach und Rumburg – Nixdorf. Die Ernte trat in diesem Gebiet Verhältnismäßig spät ein. Für Zeidler kamen in älteren Zeiten die Schreibweise Zeitler, Zeidtler, Zzydeler, Zeideler vor. Der Name soll von der alten Bezeichnung Zeidler für Imker kommen. 1560 wurde im Gemeindegebiet von Zeidler das Dörflein Herrnwalde gegründet, im 17. Jahrhundert die Ortschaft Gärten. Im Jahre 1900 wurde die Bezirksstraße vollendet, die Zeidler und Kunnersdorf mit Schluckenau verband. 1902 wurde die Nordböhmische Industriebahn von Rumburg über Zeidler nach Nixdorf eröffnet. Durch die weitere Bahnlinie Niedernixdorf nach Niedereinsiedel erhielt Zeidler 1904 eine bessere Verbindung in den westlichen Teil des Bezirkes, die 1905 bis Sebnitz erweitert wurde.
Zeidler hatte nach der letzten Volkszählung von 1939, einschließlich Hemmehübel 1358 Einwohner, davon 20 Bauern und 17 Kleinlandwirte (1910: 1694 Einwohner). Zeidler allein hatte 245 Häuser (274 Hausnummern). Für die gastronomische Versorgung sorgten ein Hotel, acht Gasthäuser und drei Sommergaststätten (Birkenbaude, Waldtheater am Plissenberg und die Kökleralm am Fuße des Wolfsberges). Handwerk und Gewerbe waren in Zeidler gut besetzt. Hervorzuheben sind besonders die Spinner, Weber, Stumpfwirker und Stricker. Die in der Nachbarschaft Rumburg – Georgswalde im 19. Jahrhundert aufgenommene Leinwanderzeugung ging in Zeidler nicht über das Haushandwerk hinaus. Die im 19. Jahrhundert noch blühende Siebbodenerzeugung und Hölzbödenerzeugung (Sparteriewaren) ging im 20. Jahrhundert ein. Als Industriebetriebe konnte man im 19. Jahrhundert und 20. Jahrhundert die beiden Wirkwarenerzeugungen Klinger bezeichnen, die sich 1904 aus einer Firma Gebrüder Klinger entwickelt hatte. Jahrzehntelang gewährten sie der Arbeiterschaft von Zeidler Arbeit und Brot. Die Firma Johann Klinger ging 1932 in der schlechten Wirtschaftslage der ČSR ein. Eine bescheidene Wirkwarenerzeugung wurde bis 1945 weitergeführt. Die Firma Anton Klinger & Co. (gegründete 1904) wurde 1930 nach Nixdorf verlagert und 1933 in Zeidler stillgelegt, schließlich aber doch unter dem Namen des Sohnes Anton Klinger in einer Strick- und Wirkwarenfabrik weitergeführt. Ganz besondere Erwähnung verdient, dass die Firma Anton Klinger die Wiege der heute in der ganzen Welt als selbstverständliches Kleidungsstück verbreitete Strumpfhose war. Als Erfinder hatte der in Altehrenberg geborene Anton Josef Müller zu gelten. Außer diesen „Klingschen“ und einer weiteren Johann Rudolf Klingerschen Fabrik gab es noch eine kleinere Strick- und Wirkwarenerzeugung Johann Riedel. Außer einer zeitweiligen Kunstblumenerzeugung gab es noch zwei Sägewerke.
Im Ersten Weltkrieg kamen 31,7 % aller Einberufenen und 4,7 % aller Einwohner um. Die Zahl der Blutopfer im Zweiten Weltkrieg war noch größer. Allein bis Ende des Krieges wurden 115 Tode gemeldet.
Das Gebiet von Zeidler war sehr waldreich, von 1393 ha Gesamtfläche waren 856 ha Wald, das sind 61,7 %, während im ganzen Bezirk Schluckenau der Wald 38,6 % der Gesamtfläche einnahm. Den Hauptteil des Waldes bildeten die beiden herrschaftlichen Reviere Hemmehübel und Sternberg. Der Bauernwald war genossenschaftliches Jagdgebiet.
Das Jagdschloss Sternberg wurde im Jahre 1771 Erbaut durch Graf Wenzel von Salm-Reifferscheid in einem klassisch angelegten Baustile.
Nach dem Tode des Grafen Franz Wenzel von Salm-Reifferscheid begann das Areal zu verfallen, denn seine Nachfahren zeigten kein wirkliches Interesse für das Schloss. Bis zum Jahre 1910 wohnte dort Graf Oswald von Thun-Hohenstein und Salm-Reifferscheid, welcher die günstige örtliche Lage zum Ausbau als touristisches Zentrum nutzte. Er ließ die Fassade rekonstruieren und das Dach mit Schiefern decken.
Nach der Gründung der Tschechoslowakischen Republik im Jahre 1918, wurde das Herrschaftsgebiet Hainspach aufgelöst und es kam zu einer ersten Bodenreform. Bei dieser Reform kamen die bisherigen Eigentümer um einen beträchtlichen Teil Ihres Eigentums, durch zwangsweisen Abverkauf und auch Nötigung zur Abgabe von Grund und Boden.
Der Forst fiel unter staatliche Verwaltung. Der zu Sternberg gehörende Wald wurde vom staatlichen Forstbetrieb in Rumburg verwaltet und geleitet.
Viele kleine Teiche in bäuerlichen Besitz ermöglichten ein vierjähriges Fischen. Die Landwirtschaft lebte von Getreide, Hackfrüchten und Futterpflanzen. Vieh- und Schweinezucht dienten in erster Linie dem Eigenbedarf, in geringerem Maß dem Verkauf. Eine Zierde des Ortes waren die gut gepflegten Hausgärten mit Gemüse, Blumen und Sträuchern. An Obst kamen nur die härteren Sorten in Betracht, die das raue Klima vertrugen. Der Bedarf der Bevölkerung an Obst konnte dadurch nicht gedeckt werden.
Zeidler hatte seit 1712 eine eigene Pfarrei und seit 1716 eine barocke Kirche zum heiligen Martin, der Stolz der Bevölkerung, die aber seit 1945 nahezu ganz verfallen war.
Auch zahlreiche Kapellen, Statuen, Bildsäulen und Kreuze auf Zeidler Markung zeugten vom kirchlichen Leben. Zu erwähnen ist der mit einer Kapelle der heiligen Dreifaltigkeit und einer Grabkapelle geschmückte Kreuzberg, der zu Festzeiten viele Prozessionen und die schönsten Volksgottesdienste sah. Die Kapellen auf dem Kreuzberg sind ebenfalls teilweise zerstört und zerfallen, die übrigen Denkmale bieten ein trauriges Bild der Verwüstung. Zeidler hatte durch seine isolierte Lage im engen Raum der Landschaft eine zentrale Bedeutung und erwarb ein starkes kulturelles volkstümliches Eigenleben, was sich in einer Vielzahl von Vereinen, der eigenständigen Pflege von Musik und Gesang, der Pflege des Volkstums und nicht zuletzt des Krippenbauens in der Weihnachtszeit äußert.
Es gab „Hütters Gasthaus“ für die Bewohner von Zeidler und Umgebung.
Für das gesamte Gebiet des Niederlandes aber stand Zeidler in erster Linie im Ruf des Erholungsortes, der Sommerfrische und des Ausgangspunktes für die touristische Erschließung der Umgebung, die zusammen mit dem Ort Zeidler eine reizvolle Idylle darstellte. Dies galt insbesondere für das zum Gemeindegebiet Zeidler gehörende Revier und Jagdschloss Sternberg.
Die Anziehungskraft des Ortes für den Fremdenverkehr gab einen wirtschaftlichen Ausgleich, weil die einst blühende Wirkwarenindustrie durch Erlöschen der einen und Verlegung der anderen Firma Klinger ganz in den Hintergrund getreten war.
Eine Schule bestand in Zeidler schon in der Reformationszeit. Mit der 1716 vollendeten Kirche wurde 1717 auch eine Schule gebaut, die spätestens 1821 zweitklassig war. Um 1830 wird berichtet, dass die Lehrer von Zeidler auch in Hemmehübel und Herrnwalde unterrichteten. 1876 wurde die Schule dreiklassig, 1884 vierklassig. 1876 wurde ein neues steinernes Schulgebäude eingeweiht. Von 1910 bis 1914 hatte die Schule sogar fünf Klassen. 1925 wurde die vierte Klasse wieder aufgehoben. Die begabten Kinder besuchten die Bürgerschule von Nixdorf und Schönlinde.
Der nach Zeidler eingepfarrte und eingeschulte Teilort Hemmehübel (gegründete 1660) schloss sich unmittelbar an Zeidler an, tief im Tale am Zeidlerbach (Zeidelbach) gelegen und von waldigen Höhen umsäumt; ein Ort mit 70 Häusern und 380 Einwohnern, die zum größten Teil alle als Fabrikarbeiter ihr Auskommen fanden.Hemmehübel war ursprünglich selbständiger Ort mit einem eigenen Richter und wurde 1850 mit Zeidler vereinigt. Im 18. Jahrhundert bestand hier eine Glockengießerei, die nachweislich Glocken in Verschiedene Kirchen der nähren und weiteren Umgebung lieferte, von wo aber auch etliche Glockengießer ausgingen, die in größeren Städten tätig waren.
Als Zeidler im Jahre 1941 zum Kreis Rumburg kam, hatte dieser 38780 Einwohner, davon nur 2811 in der Landwirtschaft und Forstwirtschaft, 22597 in der Industrie und Handwerk, 5297 in Handel und Verkehr, 2379 in öffentlichen und privaten Diensten, 5696 in selbständigen Berufen tätig. Die Menschen aus Zeidler haben auch in der Vertreibung und bis zum heutigen Tage ihre geistige Verbundenheit und Geschlossenheit bewahrt.
Vom 24.Juni 1945 ab wurde das blühende und betriebsame, 800 Jahre alte Dorf Zeidler durch die Ausweisung völlig entvölkert.
Am 19. Februar 1975 gegen 11.00 Uhr wurden die letzten Mauerreste dieser schönen Kirche mit dem in weiter Umgebung einmaligen Kirchturm gesprengt und im Mai desselben Jahres mit einer Planierraupe eingeebnet und der Platz mit frischer Erde überdeckt. Die verbliebenen Figuren, Altäre, die Kanzel und die Bänke wurden in eine abgebrannte Kirche des slowakischen Dorfes Košeca an der Waage (ca. 200 km nordöstlich Trentschin) weggeholt. [3]
Heute
Brtníky, (deutsch bis 1947 Zeidler), ist ein Ortsteil von Staré Křečany im Norden Tschechiens im Okres Děčín (Ústecký kraj).
Dieser liegt im Böhmischen Niederland an der Nordböhmischen Industriebahn sowie an den Straßen von Mikulášovice nach Krásná Lípa bzw. Staré Křečany.
In unmittelbarer Nachbarschaft zu dem Ort befindet sich der 580 m hohe Wolfsberg mit einem Aussichtsturm.
Das Jagdschloss Sternberg
Nach Ende des 2. Weltkrieges, wurde das Schloß als Ferienheim für die Angestellten des staatlichen Forstbetriebes umfunktioniert. Später gehörte Sternberg dem „Nordböhmischen Fernmeldeamt“ in Ústí nad Laben (deutsch Aussig). Unter dem neuen Eigentümer wurde Vorort ein Kinderferienlager mit Holzhütten aufgebaut.
Ende der 80er Jahre fand eine Komplettrekonstruktion des Schlosses, mit Kosten von 6 Millionen Tschechoslowakischer Kronen statt. Im Jahre 1991 wurde das Schloß bautechnisch überprüft, dabei stellte sich jedoch heraus, dass die vorangegangene Rekonstruktion nicht fachgerecht ausgeführt wurde.
So erreichte im Jahre 1994, die Regionalverwaltung der Post in Ústí nad Laben (deutsch Aussig), eine Aberkennung der Deklaration des Gebäudes, als Kulturdenkmal.
Das führte dazu, dass darauf das Schloß, mit ministerieller Genehmigung abgerissen wurde.
„Niederlandhefte -Schriftenreihe des Bundes der Niederländer“ Wilhelm Pfeifer S.65/68 – HEFT 9 – 1977
„Geschichte des Niederlandes“ Karl Richter 1960
„Heimatkunde des politischen Bezirkes Rumburg“ Anton Hockauf 1885
„Die deutschen Heimatführer“ Band 17/18 Sudetenland – Druck 1939
„Unser Niederland“ – Ausgabe 557 – April 1996 – S.116 [3]
„Unser Niederland“ – Ausgabe 624 – November 2001 [1]
„Unser Niederland“ – Ausgabe 686 – Januar 2007 – J.Salomon [2]
Private Internetseite zu Zeidler
Information zu Sternberg
Wie hat dir der Beitrag gefallen?